Usability

Pioniere sind noch immer die Ausnahme

18.08.2014
Von  und
Daniel Postert ist Mitarbeiter des Berliner Kompetenzzentrum für Usability-Maßnahmen (UseTree).
Manfred Thüring ist Professor am Institut für Psychologie und Arbeitswissenschaft der TU Berlin.
Software erfüllt in der Regel ihren Zweck, aber längst nicht so effizient, wie sie es könnte. Manfred Thüring über Gebrauchstauglichkeit als Wettbewerbsfaktor.

Wann haben Sie das letzte Mal eine Reisekostenabrechnung gemacht? Stellt Ihr Unternehmen dazu eine Software zur Verfügung? Und falls ja, hat es Spaß gemacht sie zu benutzen? Oder einfacher: Hatten Sie das Gefühl, dass Ihnen dadurch Arbeit und Stress erspart wurde? Auch wenn dies nur ein sehr spezifisches Beispiel ist, lassen sich diese Fragen für beliebige andere betriebliche Software-Produkte stellen.

Usability: Pioniere sind noch immer die Ausnahme
Usability: Pioniere sind noch immer die Ausnahme
Foto: peshkova, Fotolia.com

Software erfüllt zwar in der Regel ihren Zweck, aber leider unterstützt sie uns oft nicht so effektiv und effizient, dass wir mit ihr zufrieden sind. Dass mangelnde Usability (Gebrauchstauglichkeit) betrieblicher Software uns bei der Erfüllung von Arbeitsaufgaben behindert, hat sicherlich jeder schon einmal erlebt. Um so erstaunlicher ist es, dass viele deutsche Software-Unternehmen dieses Qualitätsmerkmal nicht als wichtigen Wettbewerbsfaktor erkennen.

Dies zeigte zumindest eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) finanzierte Studie des Instituts für Mittelstandsforschung an der Universität Mannheim. Darin attestieren die Mannheimer Wissenschaftler den kleineren und mittelständischen Software-Herstellern einen geringen bis bestenfalls mittleren "Usability-Reifegrad". Weder haben diese Unternehmen die notwendige Expertise in Sachen Usability-Optimierung noch sind in ihrem Entwicklungsprozess Usability-Evaluationen systematisch berücksichtigt.

Da gleichzeitig das Thema Gebrauchstauglichkeit auf Seiten der Anwender ein Aspekt ist, der zunehmend Beachtung findet, wundert es wenig, dass solche Hersteller, die nach eigenen Angaben bereits Usability-Maßnahmen praktizieren, positive Auswirkungen auf Kundenzufriedenheit und Umsatzentwicklung verzeichnen.

Kompetenzzentren im ganzen Bundesgebiet

Pioniere dieser Art sind allerdings hierzulande immer noch die Ausnahme. Die wirtschaftlichen Risiken, die sich daraus sowohl für Anbieter als auch für Anwender ergeben, fasst die Mannheimer Studie prägnant zusammen:

"Erstens besteht die Gefahr, dass kleine und mittelständische Softwareproduzenten gegenüber größeren und / oder internationalen Wettbewerbern ins Hintertreffen geraten. Zweitens kann eine unterentwickelte Usability die Erzielung von Effizienzvorteilen bei anwendenden Unternehmen verhindern."

Um diesen Risiken zu begegnen, rief das BMWi im Jahr 2011 die Förderinitiative Einfach intuitiv - Usability für den Mittelstand ins Leben. Das erklärte Ziel der Initiative besteht darin, für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) geeignete Vorgehensmodelle zu entwickeln und zu erproben, mit deren Hilfe die Einbeziehung von Usability-Kriterien während des gesamten Entwicklungs- und Auswahlprozesses betrieblicher Anwendungs-Software sichergestellt werden kann.

Dieses Ziel wird in derzeit 13 Usability-Projekten in unterschiedlichen Bereichen betrieblicher Software verfolgt. Hierzu zählen beispielsweise Usability-Maßnahmen für ERP- und CRM-Systeme ebenso wie solche für neue mobile Anwendungen auf unterschiedlichen Endgeräten. Um ihre Forschungsergebnisse in die Praxis zu überführen, positionieren sich die meisten der Projekte als Kompetenzzentren, die aktiv Wissenstransfer betreiben, indem sie KMU über Usability-Methoden informieren und ihnen in Pilotprojekten die Möglichkeit geben, diese Methoden auf eigene Produkte anzuwenden.

Die Kompetenzzentren sind über das gesamte Bundesgebiet verteilt. Eines davon ist UseTree, das Berliner Kompetenzzentrum für Usability-Maßnahmen. Es wird von vier Projektpartnern betrieben: der Technischen Universität Berlin als Konsortialführer sowie dem Büro für Arbeits- und Organisationspsychologie GmbH, der Universität der Künste und Berlin Partner für Wirschaft und Technologie.

Im Rahmen dieser Kolumne möchten wir Ihnen einen Einblick in die Forschungsaktivitäten sowie die praktischen Tätigkeiten von UseTree geben. Dabei werden Sie mehr über innovative Vorgehensmodelle, effiziente Usability-Methoden und Praxisbeispiele erfahren. In der nächsten Kolumne wird es demnach darum gehen, wie Usability-Projekte initiiert werden sollten, um auch Skeptiker in einem Unternehmen von deren Nützlichkeit zu überzeugen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von CFOworld.de. (mhr)