Von Gaming zu Generative AI

Nvidias Weg zum Billionenunternehmen

19.07.2023
Von 
Peter Sayer ist Korrespondent des IDG News Service.

KI-, Krypto- und 3D-Goldrausch

Einer der größten Nachfragetreiber für Nvidias Chips war in den letzten Jahren künstliche Intelligenz - genauer gesagt die Notwendigkeit, Milliarden sich wiederholender Berechnungen durchzuführen, um Machine-Learning-Modelle zu trainieren. Nvidia war zudem ein früher Unterstützer von OpenAI und baute sogar ein spezielles Rechenmodul auf der Grundlage seiner H100-Prozessoren, um das Training seiner Large Language Models (LLMs) zu beschleunigen.

Eine unerwartete Nachfragequelle nach Nvidia-Produkten entstand zur Hochzeit der Kryptowährungen. Die virtuellen Währungen ließen sich mit einem Grafikprozessor deutlich schneller und energieeffizienter schürfen als mit einer CPU. Dieser Umstand sorgte dafür, dass GPUs (nicht nur von Nvidia) in den letzten Jahren meist teure Mangelware blieben.

3D-Simulationen sind nicht nur für Gamer, sondern auch für die Fertigungsindustrie von Interesse. Mit dem Omniverse hat Nvidia in diesem Bereich eine Softwareplattform entwickelt, die ein Industrial Metaverse darstellt. Unternehmen können damit digitale Zwillinge von Produkten oder auch ganzen Produktionslinien in Echtzeit erstellen. Die Ergebnisse können für Marketing-, Collaboration- oder Prozessoptimierungszwecke verwendet werden.

Gekommen, um zu bleiben

Nvidia ist an vielen Fronten auf dem Vormarsch:

  • Auf der Hardwareseite verkauft das Unternehmen weiterhin Grafikprozessoren, eigene Spielkonsolen sowie Rechenbeschleuniger an Server- und Supercomputerhersteller und Hyperscaler. Darüber hinaus produziert Nvidia auch Chips für selbstfahrende Autos.

  • Das Unternehmen ist auch im Dienstleistungsgeschäft tätig und betreibt eine eigene Cloud-Infrastruktur - unter anderem für Pharma- und Industrieunternehmen.

  • Zudem ist Nvidia Softwareanbieter und entwickelt generische Codebibliotheken, die jeder zur Beschleunigung von Berechnungen auf Nvidia-Hardware verwenden kann, sowie spezifischere Tools wie beispielsweise das cuLitho-Paket zur Optimierung der Lithografiephase in der Halbleiterfertigung.

Der anhaltende Generative-AI-Hype sorgt unterdessen für eine neuerliche Nachfragewelle nach Nvidia-Hardware - und Software, um Unternehmen dabei zu unterstützen, LLMs zu entwickeln und zu trainieren. Um letzteres Bedürfnis zu adressieren, kündigte Nvidia auf seiner Entwicklerkonferenz GTC 2023 die Cloud-Service-Familie AI Foundations an. Das Angebot richtet sich an Anwenderunternehmen, die nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, benutzerdefinierte LLMs selbst zu entwickeln, abzustimmen und auszuführen.

Zu den Nvidia-AI-Foundations-Modellen gehören:

  • das Cloud-native Enterprise-Framework NeMo,

  • Picasso, eine KI, die Bilder, Videos und 3D-Anwendungen generieren kann und

  • BioNemo, das sich mit molekularen Strukturen befasst.

Letzteres macht generative KI besonders interessant für die Medikamentenentwicklung beziehungsweise deren Beschleunigung. Zur Zeit kann es noch bis zu 15 Jahre dauern, bis ein neues Medikament auf den Markt kommt. Amgen und AstraZeneca gehören zu den Pharmafirmen, die derzeit Möglichkeiten testen, die Zeiträume in diesem Bereich mit Nvidia Hardware, Software und Services zu verkürzen. Angesichts der Tatsache, dass alleine die Pharmaindustrie in den Vereinigten Staaten jährlich über 100 Milliarden Dollar in Forschung Und Entwicklung investiert, liegt der potenzielle Mehrwert für Nvidia auf der Hand.

Weniger klar ist die Entwicklung auf dem Markt für autonome Mobilität vorgezeichnet. Das selbstfahrende Auto steht seit Jahren "vor der Tür" aber die Test- und Zulassungshürden erweisen sich als noch komplexer als die für die Medikamentenzulassung. Dennoch arbeitet Nvidia auch in diesem Bereich an zwei Fronten: Zum einen baut und betreibt das Unternehmen die virtuellen Welten, in denen die Algorithmen für selbstfahrende Autos getestet werden können, ohne jemanden zu gefährden. Zum anderen benötigen die Fahrzeuge Chips von Nvidia (und anderen Unternehmen) um Echzeitbilder zu verarbeiten und unzählige Berechnungen durchzuführen, wenn die Technologie es auf die Straße schafft.

Der Bereich autonomes Fahren ist übrigens das kleinste Marktsegment in den aktuellen Quartalsergebnissen von Nvidia mit 300 Millionen Dollar oder vier Prozent des Gesamtumsatzes. Allerdings verdoppelt sich dieses Segment bisher auch von Jahr zu Jahr. (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.