Neue Formen der Zusammenarbeit mit Wikinomics

04.06.2007
Von Dorothea Friedrich

Wikinomics: Zusammenarbeit ohne Abhängigkeit

Bei Wikinomics gebe es keine dauerhaften, hierarchischen Abhängigkeiten mehr. Manchen externen Mitarbeiter bekommt der Unternehmer nie zu Gesicht. "Man findet per Internet zu einem Projekt zueinander, verabredet gemeinsame Leistung - und trennt sich nach Ende der Aufgabe wieder", so Gloger. Und noch etwas ändere sich radikal in der Unternehmensphilosophie: Der Wikinomics-Anwender behält nicht mehr all sein Wissen für sich. Vielmehr legt der Unternehmer offen, was er schon weiß - und lädt Dritte von außen zum Verbessern ein. Ein Beispiel dafür ist der Minenbetrieb Goldcorp. Er stellte sein Wissen ins Netz und beschrieb sein Problem. 1.000 Geologen und Hobbyforscher sandten Ideen ein, mit denen der Betrieb in die Gewinnzone zurückgeführt werden konnte. "Die Reichweite des Netzes ist dabei sehr hilfreich. Auch Ideengeber, die auf einem anderen Kontinent wirken, sind willkommen. Die Arbeitssprache ist in der Regel Englisch, man passt sich den Standards der digitalen Welt an", sagte Gloger.

"In der damit beschriebenen Internet-Wirtschaft geht es im Kern nicht um das Wissen an sich als Wettbewerbsvorteil und innovative Kraft, sondern um den Umgang mit Wissen. Die Einsicht ist eigentlich banal: Es gibt immer jemand der besser ist als ich, der mehr weiß als ich; erst das Internet versetzt mich aber in die Lage, mit solchen Partnern zusammenzuarbeiten", sagte dazu Michael Sander, Geschäftsführer der Lindauer Unternehmensberatung Terra Consulting Partners (TCP).

Die damit verbundenen Anforderungen an das Führungs- und Kommunikationsverhalten seien allerdings alles andere als trivial. "Unternehmen müssen sich öffnen, statt abzuschotten, um davon zu profitieren. Unternehmen müssen Vertrauen in ihre Partner vorschießen, statt 100-prozentige Kontrolle zu haben, um die besten Köpfe an sich zu ziehen. Das Faszinierende am Internet ist, das es wieder einmal Jahrtausende alte Paradigmen auf den Kopf stellt. Galt früher der alte römische Grundsatz in der Außenpolitik 'divide et impera' (teile und herrsche), um dadurch Zwietracht und Uneinigkeit zu säen, so kann dieser Grundsatz heute noch gelten, es muss allerdings die Wortbedeutung geändert werden: das Wissen wird geteilt und ermöglicht dadurch das Beherrschen von Problemen oder Marktherausforderungen", so Sander. Dafür bedarf es nach Ansicht der US-Wissenschaftler Thomas W. Malone und Robert E. Laubacher vom amerikanischen MIT (Massachusets Institute of Technology) struktureller Veränderungen der Unternehmensorganisationen. Auch sie sehen viel versprechende Möglichkeiten in einem Netzwerk kleiner Firmen und Teams "die sich nur für die Zeit von gemeinsamen Projekten zusammenschließen." In erster Linie gehe es Malone und Laubacher darum, autoritäre, auf Befehl und Gehorsam beruhende Managementstrukturen aufzugeben. Denn diese unterdrückten Ideenreichtum und Motivation, die gerade in schnellen, wettbewerbsintensiven Märkten unverzichtbar seien. Am Ende stehe ein großes Ziel: das Beste zweier Welten zu vereinen, nämlich die Synergievorteile großer Organisationen und die kreative Freiheit, Flexibilität und hohe Motivation der Mitarbeiter in kleinsten Unternehmen. Hierarchische Unternehmensformen fände man dann nur noch in Geschichtsbüchern.