OS2 2.0 für LAN Manager nicht stabil genug

Networking: Bill Gates wirft Novell den Fehdehandschuh hin

21.08.1992

MÜNCHEN (pg) - Die Microsoft Corp. ändert ihre Netzwerkstrategie. Grund: Die in Sachen Betriebssysteme vom Erfolg verwöhnte Software- Company wartet im LAN-Geschäft bisher vergeblich auf den großen Durchbruch.

Knapp zwei Jahre, nachdem Microsoft-Boß Bill Gates höchst persönlich das Ziel verkündet hat, mit dem LAN Manager in drei Jahren 50 Prozent Marktanteil zu erobern und das Produkt zu einem Weltstandard zu machen, bleibt das Netzwerk-Betriebssystem noch deutlich hinter den Erwartungen zurück. In den Charts der Marktforscher nimmt weiterhin Novells Netware unangefochten die Spitze ein. Die Verantwortlichen in Redmond haben deshalb beschlossen, Novell jetzt auf der gesamten Networking-Linie den Kampf anzusagen.

Schon im Frühjahr 1993 soll mit "Windows for Workgroups" ein Produkt auf den Markt kommen, mit dem Microsoft im Low-end-Bereich in Konkurrenz zu den Produkten Netware Lite und Lantastic treten wird. Das auf DOS basierende Windows for Workgroups soll Peer-to-peer-Funktionalitäten beinhalten, die File- und Print Sharing realisieren, ohne daß der Anwender einen Server oder ein Netzwerk-Betriebssystem installieren muß.

"Wir haben bisher mit dem LAN Manager nur auf den High-end-Markt gezielt und für den Workgroup-Markt keine Lösung angeboten. Microsoft braucht aber diese Abstufung, um alle Level bedienen zu können", begründet Frank Lauer, Product Manager für den LAN Manager bei der Microsoft GmbH, den Einstieg in das Workgroup-Business. Lauer zufolge werden Anwender Windows for Workgroups als LAN-Manager-Client nutzen können.

Nach Ansicht des Netzwerk-Spezialisten hat der LAN Manager die in ihn gesteckten Erwartungen, gemessen an der von Gates aufgelegten Meßlatte, zwar nicht erfüllt, als High-end-Produkt in Konkurrenz zu Netware 3.11 aber gut abgeschnitten. Zahlen von Dataquest zufolge konnte der LAN Manager inklusive der OEM-Shipments 1991 in Deutschland 25 Prozent im Vergleich Zu 36 Prozent von Netware 3.11 für sich verbuchen.

Reinhard Becker, Geschäftsführer der Adcomp GmbH, die den LAN Manager vertreibt, räumte gegenüber der COMPUTERWOCHE ein, daß die hochgesteckten Ziele bislang nicht erreicht worden seien. Seiner Meinung nach blieb der LAN Manager bislang weit hinter den von Microsoft angepeilten Zielen zurück, weil das Produkt nicht für den Massenmarkt geeignet ist, sondern für das Projektgeschäft.

Pläne, das Netzwerk-Betriebssystem in Windows NT zu integrieren, sind nun aber wohl endgültig vom Tisch. "Der LAN Manager bleibt ein eigenständiges Produkt", beteuert Microsoft-Manager Lauer. Künftig wird es für den High-end-Bereich nicht nur das Betriebssystem Windows NT als Ergänzung zu Windows 3.1 auf der Desktop-Ebene geben, sondern darüber hinaus für Server-basierte Netze auch die LAN-Manager-Versionen 2.1 und NT.

Daß mit dem LAN Manager im Projektgeschäft bei Großkunden durchaus Geld zu verdienen ist, bestätigt auch Peter Gailer, Geschäftsführer des umsatzstärksten LAN-Manager-Distributors in Deutschland Microware. 85 Prozent der rund sechs Millionen Mark, die Microware dieses Jahr durch LAN-Produkte von Microsoft umsetzt, entfallen auf den LAN Manager. Froh ist Gailer, daß neben dem LAN Manager für OS/2 der LAN Manager NT als separates Produkt zu Windows NT auf den Markt kommt, da seiner Ansicht nach das Netzwerk-Betriebssystem schon komplex genug ist und dessen Integration in Windows NT die Fachhändler überfordern würde.

Der LAN Manager 2.1 arbeitet bis auf weiteres, so Lauer, unter OS/2 1.3. "OS/2 2.0 von IBM ist momentan noch nicht so stabil, wie man sich das von einer guten Serversoftware erwartet", erklärt der Manager die abwartende Haltung Microsofts. Seine Company werde aber mit dem Network Productivity Pack für den LAN Manager 2.1 eine OS/2-Client-Unterstützung anbieten. Das Pack ist ab Oktober als kostenloses Upgrade erhältlich und beinhaltet neben einer vollständigen Windows-Netzadministrierung DOS-Print, einen DLC-Protocol-Stack sowie erweiterte Router-Funktionalität, um TCP/IP über Domänen hinweg routen zu können.