Speichernetze/Antworten auf die Informationsflut

Networked Storage: SAN und NAS verbinden

25.05.2001
In der aktuellen Debatte über Konzepte von Speichernetzen lässt sich die Frage, ob denn nun SAN- oder NAS-Konzepten (Storage Area Networks, Network Attached Storage) die Zukunft gehört, nur mit "sowohl als auch" beantworten. Allein die Integration beider Architekturen wird aktuelle und künftige Anforderungen der Unternehmen erfüllen können. Von Malte Rademacher*

Wie die IT-Infrastrukturen der Zukunft aussehen werden, kann heute niemand mit ausreichender Exaktheit prognostizieren. Klar erscheint aber Zweierlei: Die Informationsflut steigt weiter, und die Anwendungsumgebungen der Unternehmen werden heterogen sein, wodurch sie unterschiedliche, mitunter widersprüchliche Anforderungen an die Speicherlösungen stellen.

Dieses Szenario hat teilweise schon heute Gültigkeit. Das erklärt wohl, warum die Diskussion zur "reinen Lehre" schon eine Weile anhält. SAN und NAS besitzen unterschiedliche Stärken und stellen somit für jeweils verschiedene Anwendungen die beste Lösung dar. Das ist schon längere Zeit unbestritten. In der Argumentation mancher Anbieter findet diese schlichte Differenzierung aber kaum statt. Wahrscheinlich liegt das an der Positionierung der eigenen Produktpalette, die eben auf das eine oder das andere Konzept ausgelegt ist. Die Anwenderunternehmen indes haben davon wenig.

Bandbreiten und KostenWo liegen nun die spezifischen Stärken der beiden Konzepte, und welche praktischen Konsequenzen haben diese für die jeweilige Anwendungssituation? Das SAN basiert zunächst einmal auf einer robusten Netzwerk-Topologie, die in ihrer Connectivity viel Flexibilität bietet. Dank der mittlerweile weit fortgeschrittenen Standardisierung der Fibre-Channel-Verbindungen können die Unternehmen auf die Zukunftssicherheit dieser Technologie vertrauen. Mit ihr lassen sich auch größere Distanzen (maximal zehn Kilometer) innerhalb des Netzwerks problemlos überbrücken.

Ganz klarer Pluspunkt von SAN-Architekturen ist neben dieser Flexibilität ihre Performance. Bandbreiten bis zu einem Gigabit (bald sogar zwei Gigabit) pro Sekunde bedienen leistungshungrige Applikationen, die folgerichtig auf der Anwendungsseite als Schwerpunkt von SAN-Installationen gelten können.

Das SAN spielt seine Stärken dort aus, wo direkte Zugriffe auf erhebliche Datenvolumina die operativen Prozesse im Unternehmen bestimmen. Bestes Beispiel für solche Anwendungen sind ERP-Systeme wie die von SAP, in denen große Datenmengen ständig zwischen Speichern und Benutzern transportiert werden müssen. Generell nutzen alle Anwendungen, die auf großen Datenbanken wie etwa Oracle beruhen, die Stärken eines SAN besonders aus.

Unternehmen mit Planungen für Speichernetze sollten allerdings auch spezielle Anforderungen ihrer Anwendungen im Auge behalten. So verlangt das Kommunikationsprogramm Microsoft-Exchange beim Einsatz in Speichernetzen zwingend nach einer SAN-Topologie oder einem direkten Anschluss.

Während SANs grundsätzlich auf Netzwerk-Topologien mit SCSI-I/O-Prozessen von Datenblöcken bauen, realisiert NAS den Netzwerkzugriff auf Files. Um dies via IP (Internet Protocol) zu ermöglichen, werden von den Host-Rechnern für die Kommunikation mit einem File-Server spezielle File-Serving-Protokolle wie NFS (für Unix) und CIFS (für Windows NT) genutzt. Im Vergleich zu den Fibre-Channel-Verbindungen des SAN ist dies derzeit die kostengünstigere Lösung. Zudem gibt es im LAN keine Limitierung der räumlichen Ausbreitung des Netzes.

Typische Einsatzgebiete von NAS sind Anwendungen, in denen eine Vielzahl von Usern einen gemeinsamen Datenzugriff benötigen. Beispiele hierfür sind CAD/CAM-Applikationen, Bildverarbeitung oder Web-Hosting. Ein Problem der NAS-Installationen stellen allerdings die steigenden Datenmengen und Dateigrößen dar. Oft reichen die Bandbreiten im LAN nicht aus, um Engpässe in der Performance zu vermeiden.

Im Zuge der Diskussion um Speichernetzkonzepte ist auch vom Kürzel "DAS" die Rede. Es steht für Direct Attached Storage und bedeutet letztlich den herkömmlichen Direktanschluss von Servern und Speichersystemen. Bei aktuellen Installationen von Speichernetzen spielt DAS im Umfeld der AS/400 eine Rolle, da diese Midrange-Systeme generell direkt angeschlossen werden. Aufgabe der Netzwerkarchitekten ist es, diese Exoten aus ihrem Inseldasein zu befreien und in ein Speichernetz zu integrieren.

Die Anwendung bestimmtDas Ergebnis der Betrachtung von SAN- und NAS-Konzeptionen: Beide sind gleichberechtigte Designs, deren Einsatzvorteile in der Praxis von den individuellen Anwendungsumgebungen abhängen. Und die werden sich nicht von einem Wettstreit unter Speichernetz-Architekturen beeinflussen lassen. Die Anwendungen bestimmen über das Speicherkonzept, nicht etwa umgekehrt. So besteht seit kurzer Zeit beispielsweise mit Hilfe von Software auch die Möglichkeit, aus einer NAS-Umgebung heraus auf große Datenmengen im SAN zuzugreifen. Die Konvergenz rückt auf diese Weise einen Schritt näher.

Wenn nun SAN und NAS jeweils Vorteile bei unterschiedlichen Anwendungen verbuchen und heterogene Anwendungsumfelder in Speichernetzwerken die Regel sind, so ergeben sich zwei Möglichkeiten: getrennter Parallelbetrieb von SAN und NAS oder Integration beider Konzepte in einem komplexen Speichernetz. Der getrennte Betrieb macht beispielsweise bei einem Mittelständler Sinn, der mit einer NAS-Lösung ein- und später auf ein SAN umsteigen möchte. Technisch wäre dies kein Problem. Allerdings gäbe es keine Datenkonsolidierung auf einer zentralen Speicherplattform und somit auch keinen durchgängigen Datenzugriff.

Nur die Integration von SAN und NAS sowie bei Bedarf DAS schafft eine flexible Informations-Infrastruktur, die aktuellen und künftigen Anforderungen gewachsen ist. Kern einer solchen Infrastruktur ist ein unternehmensweites Speichersystem, das zentral und damit kostengünstig administriert wird.

Flexible FunktionalitätIntegrierte Speichernetze unterstützen daher alle wichtigen Plattformen wie Unix, NT und Mainframes sowie eine Vielzahl von Server-Modellen. Außerdem gilt zu beachten, dass die Aufgaben der Speicherlösung im Netzwerk nicht für alle Zeiten festgelegt sind. Werden beispielsweise ältere Applikationen eines Mainframes abgelöst, so können die Speicherressourcen anderweitig genutzt werden - als NAS-Komponente in einer Web-Umgebung oder in beliebig anderer Funktion.

Ein integriertes Speichernetz erreicht höchste Verfügbarkeit durch fehlertolerante Funktionen und Speicher-Tools für schnelle Backups und verlustfreies Recovery. Die Flexibilität des Netzes erlaubt es dem Anwender, entsprechend seinen Sicherheitsanforderungen Redundanzen zu installieren. Das gilt für Server, Verbindungen und die Speichersysteme selbst. Unternehmen sind dadurch außerdem in der Lage, Neuentwicklungen zu beschleunigen, um sich so einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Kai Schwermann, Vorstand Forschung & Entwicklung der uni-X Software AG, formuliert dies für sein Unternehmen so: "Die Integration von NAS und SAN sorgt bei uns für eine flexible und hochperformante Infrastruktur. Durch den Einsatz von Software-Komponenten wie "TimeFinder" im Bereich Backup und Test verkürzen wir die Entwicklungszyklen unserer Billing- und Accounting-Lösung deutlich. Time-to-Market ist insbesondere im dynamischen Telekommunikationsmarkt ein Schlüsselelement, um zusätzliche Märkte frühzeitig erschließen zu können."

Durch das zentrale Management der im Speichernetzwerk integrierten SAN- und NAS-Komponenten lässt sich die komplexe Umgebung besser beherrschen. Aufwand und Kosten liegen weit unter denen einer nicht integrierten heterogenen Speicherumgebung. Informationen zum Zustand des Netzes sind jederzeit verfügbar. Durch die Automatisierung von Reaktionen auf zuvor definierte Ereignisse werden die Verfügbarkeit des Netzes weiter erhöht und gleichzeitig der Aufwand in der Administration gesenkt.

Integration auch beim ServiceIm Speichernetz läuft der Datenverkehr zwischen Servern und Speichern über eigene Hochgeschwindigkeits-Verbindungen. Zudem entlastet im SAN das Prinzip der getrennten Datenströme den operativen LAN-Betrieb, der mit dem Anwachsen der Datenbestände immer stärker ausgelastet ist.

Ein integriertes Speichernetzwerk ist praktisch beliebig ausbaufähig. Weitere Speichersysteme und Server können leicht integriert werden, ohne strukturelle Veränderungen im Netz vornehmen zu müssen. Zudem ist das Netz kaskadierbar, kann also mit anderen Architekturen kombiniert und bei Bedarf in Aufbau sowie Funktionalität modifiziert werden. Das bedeutet für die Unternehmen langfristige Investitionssicherheit.

Ein Speichernetz ist ein komplexes Gebilde aus Speicherhard- und -software, Verbindungstechnologien und Netzwerkkomponenten. Ohne Service und Support durch den beziehungsweise die Anbieter blieben seine Vorteile Theorie. Die Unternehmen verlangen auch hier immer stärker einen integrativen Ansatz - von der Planung bis zum Support. Marktvorteile verbuchen Anbieter, die auf ihre Interoperabilität getestete Gesamtlösungen liefern, deren Funktionalität garantieren, Produkte anderer Hersteller zertifizieren und unterstützen sowie als eine Art Generalunternehmer bei Bedarf Spezialisten dieser Hersteller hinzuziehen.

Aus Sicht der Anwender und ebenso der Hersteller sind die Offenlegung der Schnittstellen, Interoperabilitätstests sowie eine klare Zertifizierungspolitik entscheidende Faktoren für die Durchsetzung von integrierten Speichernetzen am Markt. Schon in der Planungsphase muss klar sein, welche Strukturen und Kombinationen einzelner Komponenten funktional sinnvoll und erprobt sind. Da die Speicherlösung den Kern des Speichernetzes bildet, ist es Sache ihrer Anbieter, diese Gewährleistung zu übernehmen.

Die Zukunft wird einer integrativen Speicher-Architektur gehören - ob wir sie nun Enterprise Storage Network oder Networked Storage nennen. Den Anwender interessiert viel mehr, welche technologischen Features ihm künftig weitere Vorteile in der Abwicklung seiner Geschäftsprozesse und damit für seine Wettbewerbsposition bringen können.

Quo vadis, Anwender?Vor der Tür steht bereits die Verbindungsalternative SCSI over IP. Hier sind die Standards entwickelt, und die ersten Produkte dürften demnächst zur Verfügung stehen. Für übergreifende Architekturen ist die Integration solcher Techniken kein Problem, da die komplette Infrastruktur erhalten bleiben kann. "Plug and play" ist hier kein Schlagwort, sondern eine konzeptionell abgesicherte Option.

Weitere Fortschritte wird es in den Durchsatzraten der Speichernetze geben. 100 MB/s ist heute Standard, 200 MB/s werden bereits ausgeliefert, und in drei Jahren dürfte eine Durchsatzrate von 1 GB/s erreichbar sein.

Neue Features der Backup-Tools werden Datensicherungen schneller und komfortabler gestalten. Spiegelungs-Applikationen wie Symmetrix Remote Data Facility (SRDF) sind somit nicht mehr nur auf die Katastrophenvorsorge beschränkt, sondern werden vielmehr zum universellen Werkzeug für den Datentransport in beliebigen Netzwerkumgebungen.

Zur Entwicklung des Marktes haben unabhängige Marktforscher bereits Zahlen veröffentlicht. So geht Dataquest von einem jährlichen Wachstum des NAS-Marktes von rund 75 Prozent bis zum Jahr 2003 aus. Das würde ein Volumen von mehr als 6,4 Milliarden Dollar ergeben. Noch stärker soll laut gleicher Quelle der SAN-Markt wachsen. Ihm trauen die Auguren ein jährliches Wachstum von 97 Prozent zu. Der gesamte Markt der Netzwerkspeicher wird laut Dataquest mit jährlich 92 Prozent expandieren.

*Malte Rademacher ist Marketing Director der EMC Computer-Systems Deutschland GmbH in Schwalbach.

Abb.1: Enterprise Storage Network

Ein einheitliches Konzept für Speichernetze mit größtmöglicher Flexibilität. Quelle: EMC

Abb.2: Schichtenmodell

Die verschiedenen Schichten einer flexiblen Informations-Infrastruktur. Quelle: EMC