Es gilt als ein großer Vorteil aktueller Android-Smartphones: Mit einer leistungsfähigen Kamerasoftware ist es Geräten wie dem Google Pixel und Huawei Pro möglich, auch bei Dunkelheit oder in dunklen Innenräumen ansehnliche Fotos zu produzieren – statt dunkler Fotos gelingen damit erstaunlich hell ausgeleuchtete Aufnahme, selbst ohne Stativ.
Die Kamera-App des iPhones bietet eine solche Funktion leider bisher nicht. Mit der neuen App NeuralCam Night Photo ist aber nun eine neue Kamera-App erschienen, die diese „Night Sight“-Funktion auf das iPhone bringen soll – für 3,49 Euro.
Die Software vom Entwickler Alex Camilar bietet eine einfach bedienbare Oberfläche, Einstellungsmöglichkeiten gibt es kaum. Wie für Nachtfotografie, sinnvoll kann man die Scharfeinstellung wahlweise manuell vornehmen, dem Autofokus überlassen oder eine mittlere Entfernung voreinstellen. Ansonsten kann man noch zwischen Front- oder Rückenkamera wählen, das Tool eignet sich nämlich auch für Selfies. Eine Export-Option für Instagram ist integriert. In unserem ersten Praxistest sind wir von der App aber schnell beeindruckt.
Bei einigen nächtlichen Fotos mit einem iPhone XR vergleichen wir die Ergebnisse der App mit Apples Kamera-App. Schade: Eine Aufnahme dauert mehrere Sekunden, auch eine nachfolgende Bearbeitung nimmt einige Sekunden in Anspruch. Schnelle Folge-Aufnahmen sind also nicht möglich. Das Tool kombiniert mehrere Einzelaufnahmen und errechnet daraus ein Ergebnis-Bild.
Interessant: Je dunkler das Motiv, desto länger dauert die Aufnahme. Ein Stativ ist nicht nötig, zumindest bei unseren Tests mit einem iPhone XR. Die Bildbearbeitung basiert laut Programmierer auf künstlicher Intelligenz und soll für optimale Resultate einige aufwendige Berechnungen durchführen. Das führt aber dazu, dass die maximale Auflösung von 4032 x 324 nur bei iPhones mit mindestens 4 GB RAM zur Verfügung steht, beim XR sind es 3088 x 2320 und beim SE nur 1920 x 1440.
Bildqualität
Das Ergebnis ist auf den ersten Blick beeindruckend. Sowohl die dunklen Bereiche eines Motivs werden gut aufgehellt, als auch helle Bereiche nicht überstrahlt – etwa als hätte man bei einer DSLR-Aufnahme die dunklen Bereiche stark aufgehellt. Das Ergebnis ist kontrastreich und überraschend scharf. Auf unserem iPhone-Bildschirm wirkt das Ergebnis hervorragend.
Bei einer näheren Betrachtung an einem Desktop sind wir aber doch etwas enttäuscht. In der 100 Prozent-Ansicht werden starke Glättungseffekte und Überschärfungen sichtbar, offensichtlich das Ergebnis einer sehr starken Rauschreduzierung.
Mit einer DSLR oder Vollformatkamera wären leicht bessere Ergebnisse möglich, ein ähnliches Ergebnis könnte man unter Umständen erzielen, wenn man eine nächtliche iPhone-Aufnahme mit einer Software wie Dxo Optics Pro aufhellt und entrauscht – dann hätte man auch mehr Kontrolle über Rauschentfernung und Farben. Für Fotografen ist die App aber wohl nicht gedacht, ebensowenig für großformatige Ausdrucke. Sind doch weder Amateurfotografen noch Bildbearbeitern die Zielgruppe der App. Der große Vorteil von NeuralCam Night Photo: Man hat das Ergebnis sofort vor sich und kann sich den Umweg über eine langwierige Nachbearbeitung sparen.
Für die Veröffentlichung bei Instagram oder kleinere Bildschirme ist die Bildqualität nach unserer Meinung völlig ausreichend, gerade bei iPhones mit genügend RAM.
Fazit:
Das Tool von Halycon ist noch verbesserungsfähig, liefert aber bereits tolle Ergebnisse für Web und Instagram. Aktuell liefert das Tool aber bereits tolle Bilder und sorgt für vorzeigbare Nacht-Fotos. Es ist allerdings gut möglich, dass Apple bald selbst eine ähnliche Funktion nachliefern wird. (Macwelt)