Nach dem Ende der Eigenproduktion im Maerz 1993 Dell wird 486-Notebook von AST unter eigenem Namen anbieten

25.02.1994

MUENCHEN (wm) - Die Dell Computer GmbH wird ab Maerz 1994 das 486- Notebook "Latitude" anbieten. Es ist keine Eigenentwicklung, sondern ein leicht veraendertes Modell, das vom Konkurrenten AST bezogen wird. Eigenentwicklungen werden im Laufe dieses Jahres folgen.

Offiziell stellte John Medica am 22. Februar 1994 das neue Notebook von Dell vor. Er ist seit Maerz vergangenen Jahres Vice- President der Abteilung fuer tragbare Rechner und hatte sich vorher bei Apple einen Ruf als treibende Kraft hinter der Entwicklung der erfolgreichen Powerbook-Modelle erworben.

Medica begruendete die Entscheidung so: "Die Leute von AST sind ein guter Partner fuer uns. Sie vertreiben ihre Produkte bisher ausschliesslich ueber Zwischenhaendler, waehrend wir via Telefon direkt an unsere Stammkundschaft verkaufen werden. Ausserdem habem wir gemeinsam mehr Chancen, den Abstand zu den vier Grossen der Notebook-Branche Apple, IBM, NEC und Toshiba wettzumachen."

Batterie und BIOS der Geraete stammen von Dell

Tatsaechlich wollte Dell nicht laenger abseits stehen, waehrend die Marktfuehrer bis zu 20 Prozent ihres Umsatzes und einen noch groesseren Teil des Gewinns mit Notebooks machen.

Medica rechnet sich mit den Latitude-Modellen Perspektiven aus:

- Das Notebook enthaelt eine Nickel-Metallhydrid-Batterie, die bis zu 50 Prozent mehr leisten soll als der Nickel-Cadmium-Akkumulatur von AST.

- Das BIOS der Rechner wurde veraendert, um den Stromverbrauch zu reduzieren und die Kompatibilitaet mit LAN-Netzen zu sichern. Noch mehr Kontaktfreude soll die vorinstallierte Software bringen: Jedes Notebook enthaelt neben DOS und Windows auch Programme fuer den Datenaustausch via Modem oder Kabel, zum Beispiel Laplink und Compuserve.

- Die Festplatte soll 260 MB Daten fassen, der Arbeitsspeicher bis zu 20 MB.

In Deutschland wird nur ein Modell angeboten

Doch gelten die zuletzt genannten Zahlen nur fuer England und Amerika. In Deutschland bietet Dell lediglich das Modell "433C- 170", das ueber eine 170-MB-Festplatte und einen STN-LC- Farbbildschirm verfuegt. Im englischsprachigen Raum dagegen umfasst die Palette weitere Ausfuehrungen mit Schwarzweiss- oder TFT- Farbmonitor sowie mit einer groesseren Festplatte.

Medica kommentierte das magere Angebot in Deutschland: "Wir werden vorerst nur das Standardmodell anbieten. Nur wenn viele Kunden nach den anderen Modellen fragen, wollen wir vielleicht auch sie an die Gepflogenheiten in den einzelnen europaeischen Laendern anpassen."

Strittig ist allerdings, welchen Erfolg Dell haben koennte. Nachdenklich stimmt zum Beispiel die Frage des "Wall Street Journal", warum es so lange dauerte, bis das Unternehmen bekanntgeben konnte, dass man eigentlich nur das Produkt einer anderen Firma unter eigenem Namen verkaufen werde.

Ausserdem sollte Dell dem Wirtschaftsblatt zufolge jetzt nicht zuviel Werbung fuer Latitude machen, weil man ja noch in diesem Jahr weitere Notebooks vorstellen will, die zum Teil selbst entwickelt werden.

Sogar Michael Dell scheint nicht voellig von der Entscheidung von Medica ueberzeugt zu sein. Das "Wall Street Journal" zitiert ihn mit der Bemerkung, "dass Dell sich noch nicht wieder voll erholt hat. Ein einziges Modell heisst nicht, dass Dell im Notebook- Geschaeft Erfolg hat. Aber es ist ein Anfang. Und irgendwo muss man anfangen."