Mitarbeitergespräch: Bilanz ohne Bammel

04.12.2007
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Tabuthema Gehalt

Die Diskussion, welchen Anteil monetäre Anreize auf die Motivation von Mitarbeitern haben, füllt zahllose Bücher und beherrscht natürlich auch das Tagesgeschäft von Führungskräften. Dazu zählt auch die Frage, wie und ob das Gehalt in den Jahresabschlussgesprächen überhaupt thematisiert werden sollte. Für Veit sind Entwicklungs- und Gehaltsgespräch "zwei unterschiedliche Paar Schuhe". Ähnlich denkt Elisabeth Heinemann, Informatikprofessorin an der Fachhochschule Worms: "Im Zielvereinbarungsgespräch hat das Gehalt nichts zu suchen." Der Grund: In diesem Punkt seien Mitarbeiter und Vorgesetzte "stets anderer Meinung". Die Wissenschaftlerin engagiert sich sehr stark, wenn es um die Ausbildung von Soft Skill geht.

Verständlich, kein Thema ist so emotional aufgeladen wie das Gehalt. Schnell könnte ein bis dato harmonisches Gespräch über den Weiterbildungsbedarf des Entwicklers kippen, wenn er sich unter Wert behandelt fühlt. Gerade karriereorientierte Mitarbeiter lassen sich kein X für ein U vormachen und erwarten ein transparentes Vergütungs- und Beurteilungssystem, das faire Beurteilungen ermöglicht und "Überraschungen vermeidet", wie Vodafone-Personalerin Wrede unterstreicht. Bei der Münchner Softlab GmbH sieht man es genauso. Damit es möglichst gerecht zugeht würden laut Personalleiter Uwe Kloos "auch Manager aus benachbarten Bereichen zu Rate gezogen".

Erst Ziele definieren, dann Leistung beurteilen

Nicht zuletzt deshalb legt Kloos großen Wert darauf, dass Zieldefinition und Leistungsbeurteilung nicht zusammenfallen. Dreht sich im Januar das Gespräch um die "Zielerreichung", treffen Vorgesetzte und Mitarbeiter im März erneut zusammen, um "Leistungen zu beurteilen und über die Gehaltsentwicklung zu sprechen". Vor allem in den Gesprächen zum Jahresauftakt, wenn sich alles um Ziele und Kompetenzen dreht, eröffnen sich Mitarbeitern Chancen, aus der Reserve zu kommen. Kloos empfiehlt deutlich herauszustellen, "wie man an seinen Kompetenzen gearbeitet hat und in welchen Situationen das eigene Können den Ausschlag gab".

Elisabeth Heinemann, FH Worms: Im Zielvereinbarungsgespräch hat das Gehalt nichts zu suchen.
Elisabeth Heinemann, FH Worms: Im Zielvereinbarungsgespräch hat das Gehalt nichts zu suchen.

Die Firmen erwarten engagierte, fordernde Mitarbeiter: "Zielvereinbarungen sind kein Zieldiktat", unterstreicht Klaus Dittrich, Geschäftsführer der Messe München GmbH. Mitarbeiter sollen selbstbewusst Position beziehen und "konstruktiv mit ihrem Vorgesetzten diskutieren, bevor Ziele definiert werden". Dass Mitarbeiter auf Augenhöhe mit ihren Chefs sprechen, wird auch bei der Netviewer AG in Karlsruhe gern gesehen. Bei der auf Internet-Tools spezialisierten Softwarefirma treffen Mitarbeiter und Vorgesetzte zu Halbjahresgesprächen zusammen. "Möchte sich jemand zum Beispiel privat weiterbilden", sagt Personalleiterin Susanne Jonas, "werden wir dies nach positiv ausgefallener Prüfung stets unterstützen."

Viele Firmen werben damit, dass sie sich Mühe um ihre Mitarbeiter geben und ihre Anregungen ernst nehmen. Damit dies kein Lippenbekenntnis bleibt, sollte die Bedeutung des Mitarbeiters für den Geschäftserfolg noch höher gewichtet werden, fordert Informatikprofessorin Heinemann. Kreativität entwickeln, Engagement entfalten und Verantwortung übernehmen – dass Mitarbeiter dies tun, sollte jedem Arbeitgeber am wichtigsten sein. "Deshalb müssen die Ziele auch klar die Handschrift des Mitarbeiters tragen", schreibt Heinemann Personalern und Führungskräften ins Stammbuch.

In Anlehnung an das im Projekt-Management vorherrschende Smart-Prinzip sind Ziele laut Heinemann messbar, realistisch und für beide Seiten akzeptabel zu formulieren. Im Mittelpunkt sollten qualitative Ziele stehen, denn Unternehmen müsse daran gelegen sein, "die Arbeitsqualität zu verbessern und nicht nur Ergebnisse nach oben zu drücken". Sind Kunden etwa mit dem Call Center nicht immer zufrieden, sind Mitarbeiter zu coachen mit dem Ziel, dass die Anrufer sagen: "Wir werden stets höflich und zuvorkommend behandelt."