Der Führungstipp

Mitarbeiter bei der Ehre packen

22.03.2016
Von 


Thomas Schulte, Diplom Volkswirt und Geschäftsführer einer Coachingfirma. Der Autor hat über 25 Jahre Berufs- und Führungserfahrung als Banker, internationaler Unternehmensberater und Coach. Er ist zertifizierter Coach der ICF und spezialisiert auf Einzel-, Team- und Organisationscoaching. 2010 erschien sein Buch „Coaching als Weg“ (Achter Verlag), 2013 folgte „Der Weg zum professionellen Coach“ (Beltz), 2015 „Leistung und Leichtigkeit“ (Springer Gabler) und 2019 „Die unschlagbare Organisation“ (Schäffer-Poeschel). Coaching ist für ihn ein Handwerk, eine Kunst und eine Lebenseinstellung und der Schlüssel zu erfolgreichen Organisationen.
Zur Motivation der Mitarbeiter setzen Unternehmen und Organisationen auf Leistungsanreize wie den Bonus, die Zielvereinbarung, Dienstwagen oder Titel. Es geht aber auch anders: mit Verantwortung und Anerkennung im Projekt.

Thomas Schulte ist Geschäftsführer der Symbiont Group. Er ist als Unternehmensberater und Coach darauf spezialisiert, Organisationen bei der Umsetzung ihrer strategischen und operativen Ziele zu unterstützen: "Ehre und Anerkennung findet man in Organisationen so häufig wie Bernsteine am Strand. Wie unwiderstehlich diese beiden Motivatoren sind, sieht man sehr gut im privaten Bereich. Ein guter Freund ist in Not. Würden Sie ihm helfen? Mit Sicherheit. Die Schule Ihrer Kinder bittet Sie um tatkräftige Unterstützung bei der Organisation einer Spendenaktion. Wären Sie dabei? Bestimmt. Vielleicht würden Sie sogar eine Führungsrolle dabei einnehmen, wenn die Sache sonst nicht in Gang käme. Leistungsanreize spielen keine Rolle. Ein Dankeschön ist mehr als genug.

Oliver Kahn sagte 2001 in einem Interview: ‚Jeder war an der Ehre gepackt, eine Topleistung zu bringen. Keiner wollte den Makel haben, zu den Spielern zu gehören, die sich als erste deutsche Mannschaft nicht für eine WM qualifiziert hat.‘

Ein Appell an die Ehre kann einen Motivationsschub bewirken.
Ein Appell an die Ehre kann einen Motivationsschub bewirken.
Foto: Pop Paul-Catalin - shutterstock.com

In Unternehmen geht es zwar um keine WM, um wichtige Ziele wie etwa Marktanteile oder Innovation aber allemal. Ehre und Anerkennung wie im Beispiel von Oliver Kahn können auch hier viel bewirken.

Dazu ein paar Tipps:

  • Bitten Sie Ihre Mitarbeiter und Führungskräfte bei einem außergewöhnlichen Leuchtturm-Projekt mitzuwirken, etwa ein innovatives Produkt auf den Markt zu bringen oder eine ernste Krise zu überwinden. Jeder sollte mindestens an einem solchen Projekt beteiligt sein.

  • Übertragen Sie Ihren Mitarbeitern dabei eine wichtige Rolle. Die Bedeutung der Rolle sollte so bemessen sein, dass die Aufgabe ohne den Mitarbeiter scheitert.

  • Schonen Sie Ihre Mitarbeiter nicht unnötig. Ermöglichen Sie ihnen, an ihre Grenzen zu stoßen. Unterstützen Sie sie uneingeschränkt, um sich persönlich weiterzuentwickeln. Reden Sie dazu vertraulich unter vier Augen mit Ihren Mitarbeitern.

  • Lassen Sie die Beteiligten eine Mannschaft sein, die der gemeinsamen Sache verschworen ist und bei der sich alle uneingeschränkt unterstützen und gegenseitig füreinander eintreten. Verzichten Sie auf individuelle Leistungsanreize, die dem entgegenwirken.

  • Geben Sie ein klares und regelmäßiges Feedback. Wenn im Sport Mannschaften antreten, ist das Ergebnis immer vollständig für alle sichtbar. Seien Sie genauso transparent mit Ihrer Mannschaft.

Noch was: Als Ernest Shackleton Anfang des 20. Jahrhunderts eine neue Mannschaft für eine Antarktisexpedition zusammenstellte, platzierte er folgende Anzeige: "Männer für eine gefährliche Expedition gesucht. Lausige Bezahlung, bittere Kälte und viele Stunden Dunkelheit. Überleben fraglich. Ehre und Anerkennung im Falle der Rückkehr."

Er hatte mehr als 5000 Bewerber für sein 20 Mann starkes Team." (pg)

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