Datenbankzugriff übers Web

Mit Tango entstehen dynamische Web-Seiten

16.05.1997

Bereits 1995 kam die erste Version des Entwicklungspakets Tango auf den Markt, das hauptsächlich einen Zweck erfüllen sollte: Datenbanken ohne großen Programmieraufwand ins WWW einzubinden. Allerdings gab es das Produkt anfangs nur für den Macintosh. Mit der Version 2 können nun auch Windows- und Unix-Anwender auf dieses komfortable Tool zurückgreifen.

Die Suite besteht aus drei Komponenten. Der "Tango Editor" ist für die Erstellung von Suchformularen und Ergebnisseiten gedacht, das Modul "Tango CGI" verbindet den Web-Server über das Common Gateway Interface (CGI) mit dem Applikations-Server "Tango Service Manager". Dieser läuft in der Ausführung für Windows NT als Service und ist für alle Verbindungen zu einer SQL-Datenbank zuständig. Er interpretiert Anfragen, übergibt sie der Datenbank und überwacht deren Ausführung.

Die Entwicklungsumgebung bietet visuelle Programmierhilfen, wie man sie von vielen Client-Server-Tools her gewohnt ist. Alle Arbeitsschritte werden durch die sogenannte "Wizard"-Technik gesteuert. Das vereinfacht die Auswahl der Datenbank ebenso wie das Gestalten des Suchformulars und der Ergebnisseiten.

Für den Zugriff auf die Datenbank fehlen native Treiber, er erfolgt ausschließlich über Open Database Connectivity (ODBC). Diesen Mangel will der Hersteller nach eigenen Angaben allerdings mit der nächsten Version beheben.

Die größte Stärke der Entwicklungsumgebung liegt in den gestalterischen Möglichkeiten beim Erstellen von Suchmasken und Ergebnisseiten. Per Drag and drop lassen sich aus den Datenbanktabellen diejenigen Attribute auswählen, die später den Besuchern aus dem WWW über ein HTML-Formular zur Verfügung stehen sollen. Falls für eine Anfrage ein SQL-Join nötig ist, müssen lediglich die zwei zusammengehörigen Schlüsselfelder aus den entsprechenden Tabellen mit der Maus in ein eigenes Fenster gezogen werden. Der Editor erzeugt anschließend den passenden SQL-Code. Auch Größe und Erscheinungsbild der Eingabefelder legt der Entwickler über den Editor fest. Sollen die Benutzer keine freie Eingabemöglichkeit haben, sondern nur aus vorgegebenen Werten wählen dürfen, können mit der Entwicklungsumgebung auch Pop-up-Menüs mit den gewünschten Auswahlmöglichkeiten erstellt werden.

Der Query Builder erkennt selbständig, welche Suchoperatoren zu welchem Datentyp passen: Zahlenwerte werden im Anfrageformular mit arithmetischen Vergleichsmöglichkeiten wie "ist gleich" oder "größer als" versehen, Textspalten erhalten unter anderem die Restriktionskriterien "beginnt mit" oder "enthält".

Eine weiterer Vorzug des Programms sind die proprietären Meta-Tags, die in HTML-Seiten eingebunden werden und als Anweisungen an den Applikations-Server fungieren. Jedes darin vorkommende Meta-Tag wird interpretiert und löst eine Aktion aus. Steht beispielsweise am Anfang einer Seite die Anweisung , wird zuerst der Inhalt der Datei foo.html an den Browser geschickt, danach der Rest des HTML-Codes. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise Header- und Footer-Dateien ohne großen Aufwand extern verwalten. Das mag auch der Grund dafür sein, warum der eingebettete HTML-Editor nur für die nötigsten Arbeiten zu gebrauchen ist.

Bei näherem Hinsehen entpuppen sich Tangos Meta-Tags als kleine, aber feine Elemente einer Script-Sprache. Da sie auch den Einsatz von Cookies unterstützen - das sind Informationen, die vom Server beim Client gespeichert werden -, läßt sich auch ein virtueller Warenkorb realisieren.

Das Versprechen, der Anwender komme ohne SQL- oder Programmiererfahrung aus, kann Everyware jedoch nicht einhalten. Sowohl der effiziente Einsatz der Meta-Tags als auch die Nähe des Programms zu SQL verlangt vom Entwickler einige Erfahrung.

Wer nach Abschluß der Arbeiten versucht, die erstellten Seiten direkt aus der Entwicklungsumgebung zu testen, wird enttäuscht. Hierzu muß man immer eigens den Browser bemühen. Ungewöhnlich ist auch, daß die erstellten Seiten als Binärdateien abgelegt werden. Dadurch kann selbst die kleinste Änderung nur in der Entwicklungsumgebung vorgenommen werden. Andererseits hat dieses Konzept auch positive Eigenschaften: Die Option "Seiten als run-only speichern" ermöglicht dem Entwickler, Anwendungen für Dritte zu erstellen, ohne den Quellcode offenzulegen. Allerdings benötigen die Kunden zur Ausführung des Programms die Komponenten "Tango CGI" und "Tango Service Manager".

Das ausführliche Tutorial behandelt in 23 Lektionen klar und verständlich alle wichtigen Leistungsmerkmale des Programms. Zum Lieferumfang gehört außerdem ein detailliertes Handbuch sowie eine Referenz aller proprietären Meta-Tags - alles jedoch nur in englischer Sprache.

Der Tango Editor läuft unter Windows 95, Windows NT (ab 3.51) und dem Mac-OS, der Applikations-Server unterstützt Windows NT, Macintosh, Sun Solaris und Silicon Graphics "Irix" ab der Version 6.2.

Die gesamte Suite gibt es in einer Fünferlizenz für Windows ab 1998 Mark. Den Vertrieb im deutschsprachigen Raum hat die in Freiburg ansässige Softdes GmbH inne. Im Internet finden sich unter http://www.germany-online.de/SoftDes die aktuellsten Preise sowie einige mit Tango erstellte Referenzanwendungen. Everyware bietet unter http://www.everyware.com Beispielprogramme zum Download sowie weitergehende Informationen zum Produkt an.

*Thomas Nitsche arbeitet als freier Autor in München.