Recruiting in der IT

Mit Eisklettern und Hackathons auf der Suche nach Digital Natives

15.01.2018
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Wie begeistern Arbeitgeber eine Generation, deren Helden Youtuber sind und die ihr Recht auf Privatleben großschreibt? Antworten gaben Recruiting-Experten in einer Diskussion, zu der die COMPUTERWOCHE eingeladen hatte.

Unternehmen präsentieren sich auf vielen Kanälen, um IT-Personal zu finden - nicht immer mit Erfolg, wie Lutz Emmelmann von der BWI, dem zentralen IT-Dienstleister der Bundeswehr, weiß: "Wer versucht, in vornehmlich privat genutzten Kanälen wie Snapchat mit Personal-Marketing zu kommen, zeigt, dass er die Zielgruppe nicht richtig verstanden hat." Auch bei Firmenvideos sei Vorsicht geboten: Die Youtube-Generation stelle hier hohe Ansprüche. "Videos müssen authentisch und spannend zugleich sein. Sie müssen eine richtig gute Geschichte mit starken Bildern erzählen. Nicht jeder Arbeitgeber vermag das zu leisten." Authentizität und Emotionalität sind auch für HR-Coach Eva Lutz die Messlatte, die sie an Firmenvideos anlegt: "Firmenvideos sind nach wie vor sehr wichtig. Sie müssen den potenziellen Bewerbern vermitteln, wie es sich anfühlt, dort zu arbeiten."

An insgesamt drei Tischen diskutierten Personalexperten beim großen Recruiting-Gipfel der COMPUTERWOCHE in München.
An insgesamt drei Tischen diskutierten Personalexperten beim großen Recruiting-Gipfel der COMPUTERWOCHE in München.

Personalerin Claudia Wentsch von Microsoft betont den Wert einer emotionalen Ansprache: "Unsere Mitarbeiter und Master-Studenten erzählen in sozialen Netzwerken, wie sie das Arbeiten bei uns erleben." Zudem sollten sich Führungskräfte eine gewisse Kritikfähigkeit antrainieren. Im internen Yammer-Netz etwa müsse die Microsoft-Geschäftsführung auch mit Kritik umgehen.

Unternehmenskultur leben

Für Siegfried Bauer von msg Systems geht es in Personalmarketing und Recruiting vor allem darum, "nur die Kultur zu versprechen, die der Bewerber dann auch im Unternehmen vorfindet". Das inhabergeführte Softwarehaus beschäftigt über 7000 Mitarbeiter und lädt Studenten regelmäßig zum Kanufahren oder Eisklettern ein: "Das bringt für beide Seiten Vorteile: Unsere Fachbereiche können nach Kandidaten Ausschau halten, und Teilnehmer, die sich später für uns entscheiden, haben unsere Kultur kennengelernt und kommen schnell im Unternehmen an."

Gute Erfahrungen mit Hackathons hat Nico Kreinberger von Bosch gemacht. Seine Erklärung klingt logisch: "Die Motivation vieler Bewerber hat sich verändert: Sie bewerben sich nicht mehr nur, weil sie in diesem Unternehmen arbeiten wollen, sondern immer häufiger auch, weil sie ein bestimmtes Thema interessiert. Darum müssen wir auch unsere Recruiting-Instrumente anpassen." Jeder zweite Teilnehmer an Recruiting-Events komme bei Bosch auf Empfehlung von Kollegen. Das sei ein für die IT erfreulich hoher Wert.

Netzwerke der Mitarbeiter nutzen

Dass Mitarbeiter ihren Arbeitgeber Freunden und Bekannten weiterempfehlen, ist auch für IT-Dienstleister msg systems ein wichtiger Weg, um Nachwuchskräfte zu finden. Dazu Recruiting-Chef Bauer: "Jeder Mitarbeiter verfügt über eigene Netzwerke, in denen er uns als attraktiven Arbeitgeber empfehlen kann. Wir bonifizieren diese Empfehlungen und stellen dafür eine digitale und mobile Plattform zur Verfügung." HR-Coach Eva Lutz empfiehlt dagegen, die Mitarbeiterempfehlung nicht an einen Bonus zu koppeln: "Dann ist die kulturelle Passung des Bewerbers höher. Schließlich empfiehlt der Mitarbeiter dann den Bewerber nur, wenn er sich ganz sicher ist, dass dieser zur Firma passt."

Auswahlkriterium Hund im Büro?

Microsoft-Managerin Wentsch ist überzeugt, dass auch die Ansprache in Stellenausschreibungen darüber entscheidet, ob Firmen Digital Natives erreichen: "Die Generation Z orientiert sich nicht unbedingt an den Begriffen, die wir vorgeben. Für vieles, was wir suchen, gibt es ja auch gar keine feste Jobbezeichnung. Sind einem Bewerber Punkte wie Home Office oder die Möglichkeit, den Hund ins Büro mitzubringen, wichtig, muss er die offenen Stellen auch nach solchen Kriterien filtern können." Microsoft konzentriere sich darum in der Personalauswahl nicht mehr nur auf harte Qualifikationen, sondern auch auf das Potenzial und die Lernbereitschaft eines Bewerbers - unabhängig von der konkreten Jobbeschreibung.

Umdenken müssen in den Augen der Personalexperten vor allem die Führungskräfte. Bosch-Personaler Kreinberger ist sich bewusst, dass kultureller Wandel in Unternehmen ein längerfristiger Prozess ist: "Zentraler Angelpunkt ist aber, dass die Führungskräfte erkennen, dass autoritäres, hierarchisches Führen in Zukunft in einem innovativen Arbeitsumfeld nur noch sehr bedingt funktioniert."

Chancen ergeben sich laut Emmelmann, wenn es gelingt, beim Anheuern junger Talente eine kritische Grenze zu überschreiten: "Je mehr Vertreter der Generationen Y und Z zu uns kommen, desto größer wird ihr Einfluss auf die Unternehmenskultur und desto stärker ändert sich auch diese." Dieser Wandel erleichtere auch weitere Einstellungen.

Generation Z

Klassische Arbeitgeber und Digital Natives - wie geht das zusammen? Wer talentierte Nachwuchskräfte auf sich aufmerksam machen will, muss sich als attraktiver Arbeitgeber aktiv ins Gespräch bringen. Die COMPUTERWOCHE lud Personalexperten in München und Düsseldorf zu Diskussionsrunden ein, um über das Thema "Generation Z - Herausforderung Employer Branding und neue Wege des Recruiting" zu diskutieren.

Wie wollen die jungen Digitals arbeiten?

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Wie entscheiden sie sich für einen Arbeitgeber?

Antworten auf diese und andere Fragen finden sich in diesem Artikeln:

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