Microsoft verliert den Kartellprozess

19.09.2007
Ein EU-Gericht bestätigt Bußgelder und Auflagen gegen die Windows-Company.

Microsoft ist mit seiner Berufung gegen das Urteil der EU-Kommission vom März 2004 gescheitert. Das EU-Gericht erster Instanz in Luxemburg gab der europäischen Wettbewerbsbehörde in den wesentlichen Punkten Recht. Wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht hatte die EU-Kommission Microsoft zu einem Bußgeld von 497 Millionen Euro verurteilt und mehrere Sanktionen verhängt. Das Unternehmen musste in Europa eine Windows-Version ohne integrierten "Media Player" anbieten und Windows-Schnittstellen für Konkurrenten im Markt für Workgroup-Server zu fairen Bedingungen offenlegen.

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"Angemessenes Urteil"

Die Kommission habe vor drei Jahren Schwere und Dauer des Verstoßes angemessen geahndet, kommentierte Richter Bo Vesterdorf das Berufungsurteil vom 17. September. Er bestätigte damit auch die Entscheidung der Kartellwächter, dass Microsoft die Medienabspielsoftware "Media Player" in unzulässiger Weise mit dem Windows gekoppelt habe. Durchsetzen konnte sich der Softwarehersteller nur in einem einzigen Punkt. Vesterdorf annullierte die Entscheidung der Kommission, einen unabhängigen Treuhänder zur Überwachung der Auflagen einzusetzen, den Microsoft bezahlen sollte.

Kritiker und Konkurrenten des weltweit umsatzstärksten Softwarehauses feierten die Bestätigung des Urteils als großen Sieg. "Die Entscheidung ist eine großartige Nachricht zum Vorteil von Innovation und Wahlfreiheit für Kunden", erklärte etwa Matthew Szulik, Chef des Linux-Spezialisten Red Hat. Thomas Vinje, Anwalt des European Committee for Interoperable Systems (Ecis), unterstrich die Bedeutung der Auflagen für das Geschäftsgebaren der Windows-Company: "Microsoft muss das jetzt umsetzen." Dem Ecis gehören unter anderem Adobe Systems, IBM, Oracle, Real Networks und Sun Microsystems an. "Das Urteil schafft Prinzipien für das Verhalten von Firmen in einer Reihe von Fällen und in einer Reihe von Märkten", so Vinje. "Dies sind ‚ÄöVerkehrsregeln‚Äò, die gut für den europäischen Verbraucher sind."

Microsofts Chefjustiziar Brad Smith reagierte zurückhaltend: "Es ist für uns sehr wichtig, dass wir unsere Verpflichtungen gemäß den europäischen Gesetzen erfüllen", erklärte er nach einer ersten Durchsicht der 248-seitigen Urteilsbegründung. "Wir werden uns eingehend mit dem Urteil befassen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen ergreifen, um der Entscheidung der EU-Kommission zu entsprechen." Microsoft kann gegen das Urteil Berufung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen. Ob es dazu kommt, ließ Smith offen.

Fraglich ist auch, wie sich das Urteil auf das Geschäftsgebaren Microsofts und den Softwaremarkt insgesamt auswirkt. Etliche Experten sehen darin eine Entscheidung mit Präzedenzwirkung. Doch die Windows-Variante ohne den Media Player beispielsweise erwies sich am Markt als Flop. (wh)