Microsoft und IBM blasen zum Angriff auf die Netware-Domaene Discount-Upgrades sollen die Anwender bei der Stange halten

14.07.1995

MUENCHEN (IDG/CW) - Nach nur kurzem Waffenstillstand eskaliert der Krieg um die Vorherrschaft im Netzwerkgeschaeft erneut. An vorderster Front, gefolgt von IBM, blaest Microsoft zum Sturm auf die Netware-Bastion. Fuer Marktfuehrer Novell geht es dabei um mehr als nur den Verlust einiger Prozentpunkte Marktanteil, denn nach dem Verkauf des jeweiligen Netz-Betriebssystems lockt ein milliardenschweres Zusatzgeschaeft mit netzwerkfaehigen Applikationen oder Tools und E-Mail-Produkten.

In den USA versucht Novell, dem erneuten Ansturm der Gates-Company auf die Stammlande im Networking-Business mit einer gross angelegten Discount-Offensive Paroli zu bieten. Benutzer der Netware-Versionen 2.x und 3.x erhalten bis Ende Oktober einen Preisnachlass in Hoehe von 20 Prozent, wenn sie auf das aktuelle Release 4.1 migrieren.

Verguenstigungen in gleicher Hoehe bekommen auch Anwender, die sich von ihrem alten Groupwise oder anderen Messaging-Produkten trennen und auf das aktuelle Groupwise 4.1 umsatteln.

Schuetzenhilfe bei der Verteidigung der eigenen Marktdomaene und der Gewinnung neuer Netware-4.1-User erhaelt Novell von der Gartner Group in Stamford, Connecticut. Die Analysten haben naemlich errechnet, dass konservative Administratoren, die weiter auf Netware 3.x setzen, beim Support deutlich hoehere Kosten einplanen muessen als ihre Kollegen, die bereits Netware 4.1 verwenden. Nach den Kalkulationen der Consultants kostet ein Netware-3.12-Netz mit zehn Servern und 750 Usern innerhalb von vier Jahren 154 000 Dollar. Eine vergleichbare Installation unter dem Release 4.1 schlaegt in Sachen Support dagegen nur mit 112 000 Dollar zu Buche.

Ob die Discount-Angebote allerdings ausreichen, um die Anwender bei der Stange zu halten, bezweifeln Insider. Zumal Microsoft nach Nadelstichen wie den "MS File and Print Services for Netware" nun zum massiven Angriff auf die Netware-Domaene blaest. So gehen Branchenkenner davon aus, dass Microsoft demnaechst unter dem Codenamen "Argus" eine Technologie vorstellt, die zum erstenmal die Integration der Verzeichnisdienste von Windows NT in die Netware Directory Services (NDS) ermoeglicht.

Mit Hilfe dieses Verfahrens koennen kuenftig die Domains der NT Server so in NDS eingebunden werden, dass der NT-Server auf gleiche Weise registriert wird wie ein Netware-Server. Vorteil fuer Anwender und Administratoren ist dabei, dass sie mit einem einzigen Login auf alle Ressourcen in einer gemischten NT- und Netware- Umgebung zugreifen koennen.

Zweite MS-Waffe ist das Open Directory Services Interface

(ODSI). Dabei handelt es sich um einen neuen Satz an Spezifikationen, um E-Mail-, Netzwerk- sowie andere Verzeichnisdienste von Drittherstellern zu synchronisieren. Besonderes Augenmerk legte Microsoft dabei auf X.500-aehnliche Features.

Doch damit nicht genug: Microsoft hat mit NT auch noch den Unix- Markt im Visier. Dabei soll ein Abkommen mit der Network Managers Ltd. in Grossbritannien helfen. Im Zuge der Vereinbarung bekommt Microsoft Zugriff auf die SNMP-Technologie, die das Unternehmen dringendst fuer den System Management Server (SMS) benoetigt.

Waehrend Microsoft und Novell sich bereits in offener Feldschlacht begegnen, ruestet IBM bislang eher im Verborgenen auf. Derzeit testet Big Blue noch sein "Warp Server/Entry" auf Alltagstauglichkeit. Das fuer kleinere und mittlere Netze mit bis zu 250 Usern konzipierte Bundle aus OS/2 Warp und dem LAN Server Entry 4.0 soll dann gegen Ende des Jahres einsatzbereit sein. Kurze Zeit spaeter ist der Bolide aus Warp und dem LAN Server Advanced 4.0 geplant. Diese Variante unterstuetzt nach Angaben von Insidern Netze mit bis zu 1000 Nodes.