Microsoft muss Netscape-Browser wieder ernst nehmen

31.10.2001
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

W3C-Standards

Während die kleine norwegische Firma Opera, die sich als Browser-Anbieter mittlerweile fest etabliert hat, schon länger auf die Konformität ihres gleichnamigen Web-Clients mit wichtigen W3C-Standards verwies, verlegten sich die beiden Großen allzu lange aufs Abwarten. Dieses Verhalten mutet erstaunlich an, weil Hersteller wie Microsoft ihre Alleingänge mit proprietärer Technologie sonst häufig damit rechtfertigen, dass Standardisierungsgremien zu langsam arbeiteten und so Innovationen aus dem eigenem Hause behinderten.

Für Web-Entwickler bedeuet vor allem die vollständige Implementierung von CSS1 eine erhebliche Arbeitserleichterung. Bisher unterstützten die beiden führenden Browser verschiedene Teilmengen aus CSS1 und CSS2, so dass bei der Verwendung von Styles nie sicher war, ob sie beim IE und Navigator zu den gleichen Ergebnissen führen. Auch wenn CSS2 mit seinen umfangreichen Formatierungsmöglichkeiten wohl noch länger Zukunftsmusik bleiben wird, können Website-Betreiber in absehbarer Zeit zumindest auf CSS1 als kleinsten gemeinsamen Nenner zurückgreifen.

Dessen Möglichkeiten gehen immerhin so weit, dass die bisher für optische Effekte eingesetzten komplizierten und unübersichtlichen Javascripts zu einem guten Teil überflüssig werden. Letztere erweisen sich immer wieder als Ursache für Inkompatibilitäten und fehlerhafte Web-Seiten, die obendrein noch schwer zu warten sind. Gerade die häufig genutzten animierten Navigationsleisten etwa lassen sich stattdessen mittels CSS1-Pseudoklassen oft vergleichsweise einfach realisieren.

Zu besonders mächtigen Werkzeugen werden Stylesheets in Zusammenarbeit mit dem Document Object Model (DOM). Bei DOM handelt es sich um eine Programmier-Schnittstelle für den Zugriff auf alle Bestandteile von HTML- oder XML-Dokumenten. Letztere werden zu diesem Zweck in einer Baumform repräsentiert. Scripts wären etwa unter Ausnutzung der DOM-Schnittstelle in der Lage, das Aussehen und die Position von Dokumentabschnitten zu verändern, indem sie deren Stilangaben manipulieren. Inhalte ließen sich auf diese Weise beispielsweise auf dem Bildschirm umsortieren oder in einer anderen Struktur darstellen. Allerdings definiert das drei Jahre alte DOM Level 1 noch keinen Mechanismus, um über Programmiersprachen auf CSS-Stildefinitionen zuzugreifen. Dies leistet erst DOM2, das im letzten Jahr verabschiedet wurde und von den neuesten Browsern noch nicht unterstützt wird. Der IE benutzt deshalb

zu diesem Zweck eine eigene "style"-Eigenschaft für jedes HTML-Element. Die vollständige Unterstützung von DOM1 durch IE6 und Netscape 6.1 könnte aber dennoch einige Probleme bei der Portabilität von Javascripts beseitigen.