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Opera-Manager

"Microsoft hat mit IE viel Schaden angerichtet"

15.03.2010
Von pte pte
Quer durch Europa werden Windows-User dieser Tage vor die Wahl gestellt, welchen Browser sie nutzen wollen.
Roberto Mateu, Produktmanager Consumer Products bei Opera
Roberto Mateu, Produktmanager Consumer Products bei Opera
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Im Gespräch mit pressetext geht Roberto Mateu, Produktmanager Consumer Products bei Opera, auf die Vorteile dieser neuen Wahlfreiheit ein. Er spricht über Opera als schnellsten Wagen auf dem Datenhighway in einem neuen Browser-Krieg ebenso wie das Problem des Geschäftsmodells als Erfolgsfaktor im Kampf um Marktanteile.

pressetext: Microsoft ist dabei, in Europa den Browser-Auswahlbildschirm auch als Windows Update bereitzustellen. Welchen Einfluss wird das auf die Browser-Marktanteile haben?

Mateu: Aus unserer Sicht ist das sehr wichtig, aber für uns stehen die Vorteile für User und nicht die Marktanteile im Vordergrund. Die Auswirkungen werden gewaltig sein, wenn User erkennen, wie Browser mit modernen Webtechnologien funktionieren sollten. Selbst, wenn sie beim Internet Explorer bleiben, ist der Übergang von IE6 auf IE8 ein großer Vorteil.

Stellt es nicht ein wenig den Sinn des Auswahlbildschirms in Frage, dass dort die fünf verbreitetsten Browser, darunter Opera, sichtbarer sind als sieben weitere Alternativen?

Mateu: Ich glaube nicht. Wir haben gesehen, dass die Erwähnung von Chrome in einem BBC-Bericht letztes Jahr auch mehr User angeregt hat, sich auch Alternativen wie Opera anzusehen. Ähnliches wird auch hier zutreffen.

Mit Blick auf das iPhone muss man sagen, dass Windows stets so weit offen war, dass User alternative Browser installieren konnten. Ist das im Nachhinein betrachtet nicht lobenswert?

Mateu: Nun ja, Microsoft hat den IE lange als das Feature für den Internetzugang präsentiert. Sie haben viel Schaden angerichtet, indem Entwickler effektiv gezwungen wurden, Webseiten speziell für den IE zu schreiben. Jetzt wird Microsoft endlich gezwungen sein, mehr mit anderen an Standards zusammenzuarbeiten. Das ist das Positive am neuen Browser-Krieg, es ist ein Rennen auf dem gleichen Highway. Es gibt nicht mehr zwei getrennte Spuren wie damals, als Webseiten nur vom IE oder von Netscape richtig dargestellt wurden.

Bei Opera 10.50 für Windows gab es zwei Beta-Versionen und fünf Release Clients in knapp drei Wochen. Andere würden dafür eher drei Monate brauchen. War das die große Hast, um rechtzeitig für den Windows-Auswahlbildschirm fertig zu werden?

Mateu: Nein. Die Deadline Anfang März stand, bevor wir genaues zum Auswahlbildschirm wussten. Wir haben einfach viele Entwickler an die Windows-Version gesetzt und einen sehr transparenten Testprozess. Es kam immer praktisch sofort Feedback zu Details, die korrigiert werden müssen. Die vielen Vorabversionen gab es nur wegen der Menge an Feedback.

Ein Feature, mit dem sich Opera von der Konkurrenz abhebt, ist das Komprimierungstool. Braucht ein Desktop-Browser das im Breitband-Zeitalter überhaupt?

Mateu: Außerhalb von Westeuropa und Nordamerika ist die Infrastruktur vielerorts katastrophal, mit Verbindungen allenfalls auf 3G-Niveau. Dort ist Turbo zwar kein Allheilmittel für Geschwindigkeitsprobleme, aber es hilft Browser-Nutzern.

Was sind aus Ihrer Sicht Features, mit denen sich Opera heute von der Konkurrenz abhebt oder schon früher abgehoben hat?

Mateu: Ganz groß ist bei Opera 10.50 das Thema Geschwindigkeit, nicht nur bei Benchmarks, sondern auch, wie sie der User erlebt. Ein Vorreiter waren wir mit Speed Dial. Die späteren Umsetzungen bei Chrome und Safari bevormunden User etwas, während wir völlige Freiheit bieten und außerdem eine Keyboard-Navigation unterstützen. Auch fanden es viele absurd, als wir Tabs oberhalb der Adresszeile eingeführt haben. Aber das hat allen Next-Generation-Browsern als Inspiration gedient.

Opera zeigt also immer wieder innovativ auf. Warum kann Opera das nicht recht in Nutzerzahlen umsetzen?

Mateu: Viele Statistiken sind einfach zu US-zentrisch. Wir sind vielerorts führend oder sehr stark, etwa in Russland und der Ukraine. Wir sind auch gleichzeitig mit Googles Chrome gewachsen, der nicht nur dem IE Marktanteile abnimmt, sondern mancherorts auch Firefox.

Das ändert nichts daran, dass Firefox deutlich stärker gewachsen ist als Opera. Woran liegt das?

Mateu: Als der ursprüngliche Netscape dem IE zum Opfer gefallen ist, haben wir überlebt, weil wir ein Geschäftsmodell - kostenpflichtig oder mit Werbung - hatten. Ein für Gratis-Browser tragfähiges Geschäftsmodell wurde erst mit der Google-Suchintegration ab etwa 2004 möglich und Firefox ist genau damit gestartet. Wir haben erst etwas später umgestellt. Mozilla hat ferner eine sehr starke Community, obwohl sich auch MyOpera mit vier Mio. Usern sehen lassen kann.

Bei Operas Stärke im Handy-Segment bekommt man von außen den Eindruck, dass hier das Geld verdient wird, um es in der Desktop-Entwicklung zu verpulvern. Stimmt das?

Mateu: Nein, das ist Unsinn. Desktop ist für gut ein Viertel unserer Einnahmen verantwortlich, eben durch Search Engine Revenue Sharing. Wenn unser Marktanteil steigt, wird auch dieser Anteil steigen.

pressetext: Vielen Dank für das Gespräch. (pte)