Thema der Woche

Microsoft Anwender - noch frei in der Kaufentscheidung

12.03.1993

Seit zwei Jahren berichtet die COMPUTERWOCHE in mehr oder weniger regelmaessigen Abstaenden von Scharmuetzeln, die sich Microsoft mit anderen Herstellern von Hard- oder Softwareprodukten innerhalb und ausserhalb von Gerichtsgebaeuden liefert. Fast immer geht es dabei um die Verletzung von Patenten, Diebstahl von Ideen oder die Ausnutzung von Marktmacht, mit der sich der PC-Betriebssystem- Monopolist angeblich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen sucht.

Auf der Anklagebank - so moechten es zumindest viele Konkurrenten dargestellt wissen - sitzt die Gates-Company. Die Liste der Gegner liest sich wie das "Who is Who" der Softwarebranche: Borland, Lotus, Wordperfect, Novell, die ehemalige Ashton-Tate Corp., 3Com, Micrografx und aktuell Stac Electronics gehoeren neben Add-on- Produzenten wie Logitech oder Z-Nix zu denen, die mit Microsoft im Clinch lagen und liegen.

Eine der spektakulaersten und langwierigsten Gerichtsverhandlungen lieferte sich der Hard- und Software-Anbieter Apple Computer mit Microsoft: Die Gates-Company habe geschuetzte Fenstertechniken der Macintosh-Betriebssystem-Oberflaeche in Windows 3.0 benutzt und muesse deshalb seine DOS-Erweiterung einstampfen, forderten die Sculley-Anwaelte.

Der zustaendige Richter mochte sich dieser Sicht allerdings nicht anschliessen. Allgemein regte sich von seiten vieler Branchen- Insider in der Tat Unverstaendnis ueber Apples Argumentation, sieht man doch gewoehnlich das Palo Alto Research Center (Parc) als geistige Geburtsstaette grafischer Benutzeroberflaechen an, von der alle Nachfahren wie Steven Jobs und William H. Gates III abgekupfert haetten.

Wie im Verfahren mit Apple konnte der Microsoft Corp. per Jurisdiktion bislang nie nachgewiesen werden, dass sie ihre marktbeherrschende Position im PC-Betriebssystem-Bereich in wettbewerbswidriger Weise ausgenutzt habe, um Konkurrenten vom Markt auszugrenzen. Trotzdem werden die Klagen von Wettbewerbern ueber unfeine Geschaeftspraktiken von Microsoft immer lauter.

So legten Marktkonkurrenten dem US-Kartellamt Federal Trade Commission (FTC) eine ganze Latte von Beschwerden vor, um die Softwerker aus Redmond an den Pranger zu stellen. Dies geschah just zu dem Zeitpunkt, als sich herauskristallisierte, dass die FTC nach fast zweieinhalbjaehriger Untersuchung Aktionen gegen Microsoft einleiten wuerde.

Microsoft, so ein Vorwurf, bediene Grosskunden mit speziellen Angeboten, wenn diese sich bereit erklaerten, nicht nur das Microsoft-Betriebssystem, sondern auch gleich Applikationssoftware von der Gates-Company mitzukaufen. Ferner wuerden die Microsoft-Marketiers ihre Software zu Dumping-Preisen anbieten, die nicht nur unter den Produktionskosten laegen, sondern geeignet schienen, Wettbewerber aus dem Markt zu draengen.

Listen mit registrierten Windows-Anwendern wuerden den Independant Software Vendors (ISV), also Konkurrenten fuer Applikationssoftware im PC-Segment, nicht zur Verfuegung gestellt. Die ISVs beklagten ferner, Microsoft habe das Monopol bei PC-Betriebssystemen genutzt, um Buendelvereinbarungen der ISVs mit Hardware-Anbietern zu unterbinden. Statt dessen haetten sich die Gatesianer selbst in solche Abmachungen hineingedraengt.

Ganz im IBM-Stile der 60er, 70er und auch noch 80er Jahre habe Microsoft Produkte vorab angekuendigt, von denen kaum eine Zeile Code geschrieben war. Einziges Ziel: Microsoft wolle den Markt einfrieren, Anwender sollten vom Kauf vergleichbarer Produkte der Konkurrenz in Erwartung der Microsoft-Software Abstand nehmen.

Ein klassisches Beispiel fuer diese Taktik ist Windows. Als Gates die DOS-Erweiterung erstmals im November 1983 in New York ankuendigte, hatte Microsoft - zumindest nach den Worten des damals fuer das Windows-Projekt zustaendigen Managers Scott MacGregor - nicht einmal das Projektdesign vollendet. Die Ankuendigung war lediglich eine Reaktion auf die Konkurrenz: Zu diesem Zeitpunkt plante Visicorp bereits, die grafische Benutzeroberflaeche "Vision" auszuliefern, auch Quarterdeck hatte angekuendigt, mit "DESQ" (spaeter "Desqview"bei den grafischen Benutzeroberflaechen mitzumischen. Zu allem Ueberfluss war auch die IBM abtruennig geworden und setzte nun statt auf Microsoft mit dem "Topview"- Projekt auf eigene Entwicklerkapazitaeten.

Um den Markt weiter zu verunsichern, veroeffentlichte der alerte Harvard-Studienabbrecher Gates auch noch eine Liste bekannter Hardwarehersteller, die Windows unterstuetzen wuerden. Zu ihnen gehoerten Hewlett-Packard, Zenith, Burroughs und Digital Equipment.

Erst zwei Jahre spaeter, nach etlichen verschobenen Ankuendigungen, erblickte Windows das Licht der DV-Welt - und wurde zunaechst ein Flop. Der Chefredakteur der amerikanischen PC-Zeitung "Infoworld", Stewart Alsop, verlieh seinerzeit Gates den "Golden Vaporware Award". Vaporware steht fuer ein Produkt, das lediglich auf dem Papier existiert.

Damit nicht genug, behauptet die Konkurrenz gegenueber den US- amerikanischen Wettbewerbshuetern, nutze Microsoft Informationen in unrechtmaessiger Weise, die die Company von anderen ISVs unter dem Vorbehalt der Vertraulichkeit erhalten habe.

Bekannt sind die Vorwuerfe, Microsofts Betriebssystem-Entwickler behandelten ihre Kollegen aus der Applikationssoftware-Abteilung bevorzugt, informierten sie zudem umfassender. Schwerer wiegen die Anwuerfe, Microsofts Windows-Softwerker wuerden nicht alle wichtigen Details ueber ihr Betriebssystem an ISVs weitergeben. Dies fuehre zu erheblichen Nachteilen fuer die Konkurrenz. Gemeint sind die auch in einem Buch ("Undocumented Windows") der Autoren Andrew Shulman, David Maxey und Matt Pietrek zusammengefassten "Undocumented Calls", die in Microsoft-Dokumentationen angeblich nicht offengelegt wurden.

Auch wuerden viele Application Programming Interfaces (APIs) von Windows nicht bekanntgegeben. Kommentar eines Konkurrenz- Softwarehauses: "Wenn Sie die APIs nicht kennen, bekommen Sie die nur durch Zufall oder gar nicht heraus." Durch solche Tricks verschaffe sich Microsoft erhebliche, auch zeitliche Vorteile vor anderen Entwicklern von Windows-Produkten. Wegen der fragwuerdigen DOS-Lizenzierungspraxis steht zudem eine Untersuchung im britischen Unterhaus gegen Microsoft an.

Bei den Wettbewerbern, die die Gates-Company bei der FTC anschwaerzten, handelt es sich um Entwickler von Anwendungen, Betriebssystem-Software sowie Sprachen-Tools. Eins ist allen gemeinsam: Keiner will fuer seine Anschuldigungen oeffentlich mit seinem Namen geradestehen.

Wie aggressiv Microsoft die Konkurrenten angeht, zeigt eine von Maerz bis Ende Juni 1993 laufende Aktion: Danach kann jeder Benutzer einer Konkurrenzsoftware fuer knapp 570 Dollar auf "Microsoft Office" umsteigen. Berechtigt sind Anwender von Tabellenkalkulations-, Textverarbeitungs- und Praesentationsgrafik-Programmen. Office umfasst die Windows- Programme "Word 2.0", "Excel 4.0" und "Powerpoint 3.0" sowie "Microsoft Mail". Zu den Programmen, die fuer einen Umtausch in Frage kaemen, gehoeren nach den Worten eines Microsoft-Sprechers "Wordperfect", "Lotus 1-2-3", "Quattro Pro" von Borland und "Harvard Graphics" von SPC.

Ebenfalls bis Ende Juni koennen Benutzer der Datenbank "Dbase", Erbe Borlands aus der Ashton-Tate-Uebernahme, fuer rund 150 Dollar auf "Foxpro" fuer Windows umsteigen. Das Angebot gilt auch fuer Anwender, die nachgewiesenermassen Benutzer der Konkurrenzprodukte "Paradox", "Clipper", "Rbase", "Dataease" und "Superbase" sind.

Das Vorgehen zeigt Wirkung: Konnte sich Lotus in Sachen Tabellenkalkulation mit einem Anteil von 75 Prozent ehedem als klarer Marktfuehrer feiern lassen, so haben sich die Verhaeltnisse seit Windows geaendert. Hier naemlich zog Microsoft mit der Kalkulationssoftware Excel mit einem ebenso grossen Vorsprung davon.

Aehnlich sieht es bei Textverarbeitungsprogrammen aus, wo Wordperfect unter DOS ein veritabler Gegner war, unter Windows jedoch ins Hintertreffen zu geraten scheint.

Waehrend SPC innerhalb von zwei Jahren rund einemillionmal das Datenbankprodukt Superbase absetzte und sich in die-

sem Segment als Marktfuehrer unter Windows 3.0 sah, zog Microsoft seit der Ankuendigung von Access im September 1992 auf und davon: Die Gates-Company behauptet, innerhalb von knapp drei Monaten seit Auslieferungsbeginn 850 000 Kopien von Access verkauft zu haben.

Ein Schock fuer seine Company sei es gewesen, so Borland-Chef Philippe Kahn vor 1300 Zuhoerern auf dem diesjaehrigen Symposium der Software Publishers Association (SPA) in San Diego, Kalifornien, als Microsoft die Windows-Datenbank Access fuer ganze 99 Dollar feilbot. "Schock ist eher noch verniedlichend fuer das, was wir empfanden", fuegte Kahn hinzu.

Das Ziel dieses wirtschaftlich zunaechst unverantwortlich erscheinenden Agierens liegt dabei auf der Hand: "Die Microsoft- Leute nutzen ihren Zeitvorteil natuerlich weidlich aus. Fuer nen Appel und nen Ei streuen die Access unter die Leute. Damit besetzen sie Maerkte," meint Dieter Weiss, bei der Lufthansa AG im Hamburger Vorort Norderstedt verantwortlich fuer ein grosses PC- Projekt. Noch bedeutsamer erscheint es Weiss, dass sich Microsoft so auch Nachfolge-Maerkte sichert. Ein Anwender, der sich einmal entschlossen habe, auf Basis einer bestimmten Datenbank Anwendungen zu stricken, bleibe diesem System naemlich auf lange Sicht treu.

Weiss glaubt, dass die seit geraumer Zeit anhaltende Diskussion um die marktbeherrschende Position von Microsoft von Bedeutung ist: "Fuer Leute, die langfristige Entwicklungen planen muessen, sind Gedanken ueber Monopolisten am Markt schon wichtig." Er graemt sich wegen der vor Jahren bei der Lufthansa fuer OS/2 getroffenen Entscheidung noch heute. Denn entscheidend fuer die Wahl eines Betriebssystems sei, wie viele Entwicklungsaktivitaeten es nach sich ziehe, wieviel Software dafuer entwickelt werde, "denn nur so habe ich einen vernuenftigen Markt".

Insofern hat Weiss noch kein Problem mit der marktbeherrschenden Position von Microsoft, denn "der Anwender muss ja nicht gleich die erste Windows-Datenbank kaufen wie Access, sondern kann das Angebot der Konkurrenz abwarten". Noch sei er ja frei in der Kaufentscheidung, meint der Lufthansa-Mann, konzediert aber, dass durch Microsofts Engagement im Applikationssegment fuer die anderen Anbieter eine sehr schwierige Situation entstuende.

Problematisch werde es in dem Moment, in dem Microsoft beginne, Softwarepakete zu buendeln. "Wenn die anfangen, Windows zusammen mit Anwendungen zu einem guenstigeren Preis als die jeweiligen Einzelprodukte zu verkaufen, dann wird es nicht nur fuer andere Hersteller, sondern auch fuer die Anwender kritisch", glaubt Weiss. Doch kenne man solche Spiele von Monopolisten ja schon.

Diesbezueglich ist auch Wolfgang Heinrich ein gebranntes Kind. Als Top-DV-Verantwortlicher der Frankfurter BiS Visa Card Service GmbH ist er nicht nur zustaendig fuer die Beschaffung von Mainframe- Systemen, sondern auch weisungsbefugt fuer die PC-Abteilung. "Vor dem Hintergrund dessen, was wir mit der IBM erlebt haben, sehe ich die Diskussion um Microsoft etwas kritisch."

Um Wildwuchs bei Applikationen zu vermeiden, habe man sich zwar weitgehend auf die Gates-Produkte als Standard festgelegt. "Das sieht jetzt aus", so der DV-Chef mit einem Anflug von Selbstironie, "als ob wir uns mit einem Befreiungsschlag aus der IBM-Welt von Office-vision hinaus- und gleich in die Microsoft-Abhaengigkeit hineinbegeben haetten".

Er sei jedoch sehr hellhoerig, weil "sich unsere PC-Welt zu einem Gebilde entwickelt, in dem Microsoft absolut die Oberhand behaelt".

Bei solchen Tendenzen muesse man sehr aufpassen. Er, Heinrich, gehe sogar schon so weit, beim naechsten Softwarekauf bewusst kein Microsoft-Produkt zu beruecksichtigen. Zwar sei es vordergruendig einfacher, nach dem Motto "Alles aus einer Hand" zu leben. Doch in einigen Jahren koenne man dadurch in eine fatale Abhaengigkeit von Microsoft geraten - Diversifikation der PC-Applikationslandschaft sei deshalb ein Gebot der Vernunft.

Wie bei dem Frankfurter Finanzinstitut sieht man auch bei einem grossen Hamburger Unternehmen, dass Microsofts naechstes Betaetigungsfeld das der Netz-Betriebssysteme sein werde. "Das entscheidende Rennen", so der DV-Verantwortliche von der Waterkant, "laeuft bei den Netz-Betriebssystemen." Allerdings sieht der Hanseat bei diesem Segment fuer die Microsoft-Konkurrenz nicht so schwarz.

Gute Karten bei Anwendern haette neben Windows NT naemlich auch die Kombination Novell-USL. Ferner solle man die IBM und deren auf Basis von OS/2 laufenden LAN Server noch nicht abschreiben. Mit dem geplanten Mach-Kernel sowie der annoncierten DCE- Funktionalitaet habe Big Blue einiges in die Waagschale zu werfen. "Deshalb glaube ich auch, dass Microsoft noch nicht so dominant ist, wie dies oft dargestellt wird."

In Hamburg setze man auch Lotus- und Wordperfect-Produkte ein. Fuer die Hersteller prophezeit er allerdings schlechte

Zeiten, wenn "Microsoft ihnen keine Schnittstellen-Beschreibungen mehr liefern wuerde" - genau der Vorwurf, der dem US-Kartellamt bereits aus der Szene vorliegt. Solch ein Verhalten, glaubt der Hansestaedter, koenne sich die Gates-Company indes gar nicht leisten, "schon gar nicht vor dem Hintergrund all der Anschuldigungen gegen Microsoft".

Tatsaechlich warten viele Marktbeobachter nur darauf, dass Microsoft aus Ueberheblichkeit die ersten Fehler begeht. Meinte die DV-Verantwortliche eines Muensteraner Unternehmens aus der Chemiebranche: "Wenn Microsoft seine Aktivitaeten weiter betreibt wie bisher, dann ist man sicherlich als Anwender irgendwann einmal total abhaengig von dieser Firma."

Dann allerdings koenne es Microsoft so ergehen wie der IBM heute: "Die halten vielleicht einmal so viel Marktanteil, dass sie das gar nicht mehr ueberblicken. Und dann kommen die Fehler" - eine Meinung, die nicht nur in einer Titelgeschichte des US- Wirtschaftsmagazins "Business Week" kolportiert wurde. Sie deckt sich mit der Ansicht des Zustaendigen fuer die PC-Systeme in der Allgemeinen Deutschen Creditanstalt in Frankfurt, Wolfgang Richter.

Jede marktbeherrschende Position breche frueher oder spaeter wegen Management-Fehlentscheidungen zusammen: "So wird es auch Microsoft passieren. Irgendwann glauben die, sie seien einfach zu gut und zu wichtig - und dann knallt es auch bei Microsoft."

Fuer den Anwender, so Richter, sei es bis dahin sehr unangenehm, sich mit Problemen wie inkompatiblen Softwareprodukten herumschlagen zu muessen. Ihm sei das beispielsweise mit DR-DOS von Digital Research (jetzt Novell) so gegangen. Unter dem DOS- Konkurrenzprodukt sei Windows urspruenglich nicht gelaufen. Argwoehnische Branchen-Insider meinen, Microsoft habe da ein bisschen an Windows "gedreht", um solche Unpaesslichkeiten hervorzurufen.

Bekannt sind solche Vorwuerfe schon seit Jahren. So zitieren die beiden US-Journalisten James Wallace und Jim Erickson in ihrer Microsoft-Biographie "Hard Drive" einen namentlich nicht genannten Microsoft-Programmierer mit der Aussage, als man 1983 an der Version 2.0 von DOS gearbeitet haette, "sei diese erst fertig gewesen, als sicher war, dass Lotus 1-2-3 nicht auf diesem Betriebssystem laufen wuerde". Deshalb habe man einige versteckte Fehler (Bugsin DOS 2.0 eingepflanzt.

Richter weiter: "Natuerlich muss man sich fragen, was passiert, wenn ein Monopolist den Markt dominiert." Wenn Konkurrenten Produkte anbieten, die inkompatibel zu denen des Marktfuehrers sind, "dann wird die Stellung des Monopolisten dadurch eigentlich noch dominanter".

Auch er sieht einen "ganz harten Wettbewerb" zwischen Microsoft und Novell um die Vorherrschaft auf dem Server- und Netzbetriebssystem-Markt. Sollte die Gates-Company auch hier den Wettbewerbern den Schneid abkaufen, dann koennte die erstmals von Ruthann Quindlen geaeusserte Einschaetzung von Microsoft als der IBM des Softwaremarktes Realitaet werden. Quindlen war 1986 ueber die Investmentbanker Alex. Brown & Sons intensiv in das Procedere der Boerseneinfuehrung der Gates-Company eingebunden.

"Wenn man sich einmal ansieht, welche Kooperationen Microsoft in Europa eingeht, draengt sich in der Tat der Verdacht auf, Microsoft strebe eine aehnliche Machtposition an wie sie die IBM innehatte", meint auch Martin Pietsch. Er ist bei der Deutschen Apotheker- und Aerztebank eG in Duesseldorf DV-Verantwortlicher.

Als grosser BS2000-Kunde wird ihm das besonders eindringlich vor Augen gefuehrt: Die SNI habe mit der Gates-Company auf dem Gebiet von Finanzdienstleistungs-Produkten Kooperationen abgeschlossen. Nach der Uebereinkunft werde Microsoft diesbezuegliche Werkzeuge in die Standardapplikationen uebernehmen. SNI liefere dazu das Know-how.

Auch bei lokalen Netzen habe man bislang Novell-Netware oder den LAN Manager fuer Alternativen gehalten, obwohl letzterer mit der Funktionalitaet etwa von Netware ueberhaupt nicht konkurrieren koenne. "Jetzt hat die SNI die LAN-Werkzeuge von Microsoft genauso wie Windows NT zum strategischen Produkt erklaert", sagt Pietsch und meint weiter, "daran erkennt man schon, dass wir immer mehr in Abhaengigkeit geraten".

"Passen tut mir das natuerlich nicht. Schliesslich sind wir gebrannte Kinder durch unsere Erfahrung mit Siemens." Aus moralischen Gruenden duerfe man dieses ganze Spiel eigentlich nicht mitmachen, "aber bei solchen Auseinandersetzungen verschwendet man viele Energien, und letztlich ist einem das Hemd dann doch naeher als die Jacke," erklaert Pietsch mit Blick auf die begrenzten Ressourcen der eigenen DV- und Entwicklungsmannschaft.

Als Mitglied im Save-Arbeitskreis sehe er uebrigens auch deutlich, wie Microsoft sich immer deutlicher als zentraler Softwarelieferant geriere. Offiziell versuche Siemens zwar immer noch, eine eigene Linie, etwa mit "Comfoware" zu fahren. Lese man jedoch die Ankuendigungen der Save, so tauchten unter den Ueberschriften, die strategische Siemens-Produkte bedeuten sollen, schon saemtliche Microsoft-Produkte auf.

Einer sieht deshalb jetzt schon schwarz fuer die Branche: Tim Bajarin, Analyst der Creative Strategies Inc., ist der festen Ueberzeugung, dass sich William H. Gates III auf dem Durchmarsch in Richtung Beherrschung des gesamten Desktop-Marktes befindet: "Und da kann keiner Bill Gates stoppen."

Jan-Bernd Meyer