Mangelnde Skalierbarkeit reicht als Gegenargument kaum aus Microsoft blaest mit SQL Server zum Angriff gegen Oracle & Co.

01.12.1995

FRAMINGHAM (IDG) - Microsoft hat vor wenigen Wochen erstmals Benchmark-Ergebnisse fuer das Datenbanksystem SQL Server 6.0 veroeffentlicht. Branchenkenner werten dies als Anzeichen dafuer, dass sich Bill Gates mit seinem Datenbanksystem sowie dem Betriebssystem Windows NT und den anderen Back-Office-Produkten in den Unternehmen nicht nur auf Abteilungsebene einnisten will.

Der Markt fuer relationale Datenbanksysteme war jahrelang von Unix- Spezialisten wie Oracle, Sybase, Informix oder IBM dominiert. Mit Benchmarks versuchen diese Hersteller, die Qualitaet ihrer Systeme zu belegen - ein Vorgehen, das stets umstritten war. Nicht selten werden Aepfel mit Birnen verglichen, die Leistungsdaten bieten eine Vielfalt von Manipulationsmoeglichkeiten. Benchmark-Ergebnisse, so ist man sich in Insiderkreisen einig, sind nur begrenzt aussagefaehig.

Dennoch sind diese Tests wegen ihrer enormen Werbewirksamkeit fuer Anbieter unverzichtbar. So ist Microsoft derzeit brennend daran interessiert, das Image seines SQL Servers aufzupolieren. Kritiker hatten das System in der Vergangenheit belaechelt; es komme von der Abteilungs-DV her und eigne sich im Gegensatz zur Unix-Konkurrenz nicht fuer unternehmensweite geschaeftskritische Installationen. Beispielsweise seien Auf- und Abwaertsskalierbarkeit des ausschliesslich unter NT verfuegbaren Systems begrenzt, und der SQL Server enttaeusche, wenn es um die Verarbeitung unterschiedlicher Datentypen gehe.

Doch die Fakten sprechen gegen diese Argumente. Auf einer Konferenz der Gartner Group im vergangenen Sommer bekannte sich die Haelfte der 150 Anwesenden - ausschliesslich Vertreter der amerikanischen Top-1000-Unternehmen - zu Microsofts Datenbanksystem. Die Anwender sagten, sie wuerden das System spaetestens bis 1997 einsetzen.

Die Microsoft-Kunden kritisieren zwar die mangelhafte Skalierbarkeit, zeigen sich jedoch mit der Performance des Systems, den grafischen Administrationswerkzeugen und vor allem der einfachen Handhabbarkeit zufrieden. Auch was die Mainframe- Connectivity angeht, sind die Kunden seit letztem Monat zuversichtlich: Microsoft uebernahm den Spezialisten Netwise Inc., der in diesem Bereich mit "Trans Access" ein wichtiges Produkt anbietet.

Dan Basica, Produkt-Manager fuer SQL Windows, giesst Wasser auf die Muehlen der Anwender: Irgendwann im naechsten Jahr werde eine neue Version des SQL Server unter dem Codenamen "Hydra" veroeffentlicht, die unter anderem Simple-Network-Management-Protocol-(SNMP- )Unterstuetzung bieten werde. Neben anderen Features fuer die Unternehmens-DV werde diese Version auch die Replikation mit Datenbanksystemen erlauben, die nicht von Microsoft kommen.

Waehrend Microsoft gute Chancen eingeraeumt werden, sich mit dem SQL Server im Segment der professionellen Datenbanksysteme zu etablieren, haben Konkurrenten wie Oracle, Sybase oder Informix offenkundig Probleme, im Gegenzug den Workgroup-Bereich zu erobern. Als Reaktion auf das Erscheinen von Microsofts SQL Server 6.0 hatten die Hersteller ebenfalls Produkte fuer den Workgroup- beziehungsweise Abteilungssektor herausgebracht - mit dem Resultat, ihre angestammte Klientel zu verwirren. "Wir haben mit unserem Produkt Workgroup SQL Server Konfusion im Markt erzeugt", raeumt Berl Hartman, Vice-President bei Sybase, ein.

Jetzt versuchen die Unix-Anbieter, ihr Low-end-Angebot mit High- end-Features wie Datenreplikation aufzuwerten. Dennoch wird durch den Verzicht auf Eigenschaften wie Unterstuetzung von symmetrischem Multiprocessing eine Grenze zu den wirklich grossen Systemen gezogen.

Mit einem Update will beispielsweise Oracle noch in diesem Monat dafuer sorgen, dass der seit Januar vermarktete "Workgroup Server" um einige Features der Enterprise-Version von Oracle 7 ausgebaut wird. Die unter NT und Netware sowie ab Anfang naechsten Jahres unter OS/2 verfuegbare Version 2.0 bietet Replikationseigenschaften, grafisches Datenbank-Management und bessere Moeglichkeiten der verteilten Abfrage.

Sybase vermarktet inzwischen anstelle des Workgroup SQL Server das Produkt "SQL Anywhere". Dabei handelt es sich um eine ueberarbeitete Version der "Watcom-SQL-Datenbank", die unter Windows NT, Netware und OS/2 laeuft. Und Informix kommt noch in diesem Jahr mit dem "Online Workgroup Server" heraus, einer NT- basierten Datenbank fuer Workgroups, die zum High-end-System "Online Dynamic Server" vollstaendig kompatibel sein soll. Nicht vergessen sollte man die IBM, die ihr Datenbanksystem DB2/2 ebenfalls unter NT verfuegbar machen will.