CEO von Tableau Software

"Manchmal werden wir schon als ‚Google der Daten‘ bezeichnet"

08.12.2014
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Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
Das amerikanische Unternehmen Tableau Software will Ordnung ins Datenchaos bringen - mit einer universell einsetzbaren Analyse- und Visualisierungslösung. Wir haben mit Gründer und CEO Christian Chabot über seine Erfolgsgeschichte gesprochen.

Je größer die Datenmengen werden, die Menschen und Maschinen jeden Tag produzieren, desto verlorener scheinen wir darin zu sein. Auswertungs- und Visualierungs-Tools, die einfach zu bedienen sind, haben entsprechend Hochkonjunktur. Was die Praxistauglichkeit der Programme angeht, gibt es gute wie schlechte Beispiele - auch was die Ergebnisse angeht...

Ein Unternehmen, welches seit einiger Zeit sehr erfolgreich unter anderem auch bei deutschen Großkonzernen ist, ist Tableau Software. Mit Schnittstellen zu fast 40 weitverbreiteten Datenbanksystemen ist es ziemlich sicher für alle Anwender schnell einsetzbar. Wir haben uns das Produkt und das Prinzip dahinter von Tableau-CEO Christian Chabot einmal genauer erläutern lassen.

COMPUTERWOCHE: Was genau steckt hinter Tableau Software?

CHRISTIAN CHABOT: Ich war früher ein Number Cruncher und habe selbst erlebt, dass Datenbanken und Spreadsheets für den Menschen zu schwierig zu nutzen sind. Mit unserer Software tun wir etwas dagegen. Das ist auch schon alles. Wir, damit meine ich die drei Gründer Pat Hanrahan, Chris Stolte und ich, kamen nicht aus der Industrie und haben das Problem von außen erkannt. So wie Google einst mit einem völlig neuen Algorithmus daherkam, Informationen im Netz besser aufzuspüren, sind wir mit einem neuen Ansatz für Daten am Start. Manchmal werden wir daher schon als "Google der Daten" bezeichnet. Hat ein Mensch eine Frage, gibt es fast immer eine Daten- oder Informationssammlung, in der sich die Antwort befindet. Um diese zu erhalten, braucht es aber meistens Spezialisten. Mit unserer Software erübrigt sich das, weil der Fragende die Daten einfach selbst auswerten kann. Diese Einfachheit macht uns so erfolgreich.

Was genau unsere Software kann, wird von einigen als Datenvisualisierung bezeichnet, von anderen als Data Analytics oder auch als Datenbank-Self-Service. Wie auch immer: Es geht darum, Daten für den Nutzer leicht zugänglich zu machen und diese auf einfache Art je nach Fragestellung auszuwerten.

Christian Chabot hat Tableau Software 2003 gegründet.
Christian Chabot hat Tableau Software 2003 gegründet.
Foto: John Keatley

CW: Wie funktioniert die Technik hinter Ihrer Software?

CHABOT: Die Tableau Software verwendet lokale Datenquellen wie Excel-Tabellen, Access-Datenbanken oder einfache Textdateien. Darüber hinaus unterstützen wir mehr als 30 der gängigen Datenbanksysteme, von MySQL und SAP Hana über Oracle und Salesforce bis hin zu IBM DB2 und Splunk. Wir nutzen die jeweiligen Schnittstellen und arbeiten zudem oft mit den Software-Entwicklern der Anbieter zusammen, damit wir unseren Kunden ein umfassendes Angebot der gängigen Formate bieten können. Die Verbindung zu den Daten findet über eine Login-Maske am lokalen Client oder optional an zentraler Stelle durch die IT-Administration im Unternehmen statt.

OpenStreetMap statt Google

Was die Kartendarstellungen angeht, nutzen wir Daten von OpenStreetMap, die wir dann mit unseren Daten erweitern und auf unserem eigenen Server für die Auswertungen hinterlegen. Wir setzen dabei auf OpenStreet Map, weil beispielsweise Google Maps, das viele andere Anbieter verwenden, für unsere Bedürfnisse zu viele unnötige Zusatzinformationen umfasst.

Mit Hilfe von Tableau lassen sich zum Beispiel die Wetterentwicklungen unter dem Aspekt der globalen Erwärmung auswerten. Der Nutzer hat dabei unter anderem die Möglichkeit, sein Land auszuwählen und wie hier bei Deutschland die Trends und Entwicklungen zu analysieren.
Mit Hilfe von Tableau lassen sich zum Beispiel die Wetterentwicklungen unter dem Aspekt der globalen Erwärmung auswerten. Der Nutzer hat dabei unter anderem die Möglichkeit, sein Land auszuwählen und wie hier bei Deutschland die Trends und Entwicklungen zu analysieren.
Foto: Tableau Software

Der Datenexport ist als statische Darstellung als PDF, Powerpoint und Bilddatei möglich, vor allem aber lassen sich auch interaktive Grafiken fürs Web exportieren. Der Anwender entscheidet selbst, wie viele und welche Teile einer Darstellung er mit interaktiven Möglichkeiten versehen möchte.

CW: Wie sieht Ihr Lizenzmodell aus?

CHABOT: Anwender können Tableau entweder als Cloud-Dienst "Tableau Online" im Abo-Modell oder als On-Premise-Lösung "Tableau Server" über eine klassische Lizenzierung nutzen. Darüber hinaus gibt es eine Privatanwender-Variante "Tableau Desktop" und eine abgespeckte Gratis-Version "Tableau Public" für die nichtkommerzielle Nutzung. Die On-Premise-Variante ist die beliebteste, weil Anwender ihre Daten ungern in fremde Hände geben. Die Cloud-Version kommt aber immer besser an - besonders in den USA. Wir haben aber auch deutsche Kunden, die schon darauf zurückgreifen.

CW: Wie vermarkten Sie Ihre Lösung? Sprechen Sie gezielt bestimmte Branchen an? Bestimmte Hierarchieebenen? Bestimmte Berufsgruppen?

CHABOT: Wir sprechen jeden an, der sich mit einem Fachgebiet gut auskennt. Ob schulische Lehre, Krankenpflege, politischer Aktivismus, Klimaerwärmung, Lieferkettenoptimierung, Risiko-Management, Marketing. Jeden, der Experte auf einem bestimmten Gebiet ist, aber eben kein ausgebildeter Analyst.

Daten für jedermann

CW: Inwiefern ist dennoch ein gewisses technisches und statistisches Verständnis vonnöten, um mit einer Lösung wie der Ihren arbeiten zu können?

CHABOT: Jeder, der mit Daten umgeht, braucht ein gewisses Verständnis für diese Form von Informationen und die damit verbundenen Varianten bei der Aufbereitung. Wir bieten die Möglichkeit, sich dieses Wissen schnell anzueignen. Es sind ja meist nicht mehr als fünf bis zehn verschiedene Faktoren, auf die ein Anwender schaut. Mehr kann sowieso kein Mensch verarbeiten. Nehmen wir das Beispiel eines Lehrers. Der will die Noten seiner Schüler wissen, die Größe der Klassen, die Geschlechterverteilung, vielleicht noch Angaben zum Zeitpunkt einer bestimmten Prüfung haben - das war es dann auch schon. Diese Dimensionen liegen in einer Datenbank vor, die lassen sich leicht herausziehen und visualisieren.

Bei dieser Ansicht kann sich der Beobachter ein Bild machen, wie sich die Gewinnverteilung beim Versand verhält. Der Nutzer hat die Möglichkeit die verschiedenen Kundensegmente zu vergleichen oder auch die unterschiedlichen Versandarten zu beobachten.
Bei dieser Ansicht kann sich der Beobachter ein Bild machen, wie sich die Gewinnverteilung beim Versand verhält. Der Nutzer hat die Möglichkeit die verschiedenen Kundensegmente zu vergleichen oder auch die unterschiedlichen Versandarten zu beobachten.
Foto: Tableau Software

Oder eine Krankenschwester: Am Krankenbett hängt eine Krankenakte mit allen möglichen Informationen über den Patienten - für mich stehen da Hieroglyphen darauf, aber die Krankenschwester weiß sofort, wer da liegt, was ihm fehlt, wann er was zu essen bekommt, welche Medikamente er bekommt und wer ihn zuletzt betreut hat. Das, was sie nicht weiß, ist, wie sie diese Daten in einer verständlichen Form aufbereitet und darstellt, wenn es nötig werden sollte. An der Stelle springen wir ein.

CW: Wie sehen Ihre Wachstumspläne aus?

CHABOT: Begonnen habe ich mit Tableau 2003 in meinem Schlafzimmer. Die erste Version der Software war 2005 auf dem Markt. Ende des Jahres hatten wir dann schon 200 Kunden, drei Jahre später Ende 2008 nutzten 2.000 Unternehmen die Software. In diesem Sommer hat sich das dann wiederum verzehnfacht - 20.000 Kunden. Mittlerweile stehen wir bei 23.000. Im vergangenen Jahr sind wir in New York unter dem Kürzel DATA an die Börse gegangen.

Unser übergeordnetes Ziel ist es, dazu beizutragen, dass Menschen aller Bildungsschichten in das Thema Daten einsteigen können. Das sehe ich einfach als universelle Notwendigkeit in der heutigen Zeit an. Wir möchten, dass jeder die Menge an Informationen und Daten sinnvoll nutzen kann, die er benötigt.