Linux-Distributionen bedrohen Offenheit

11.08.2005
Open-Source-Befürworter fürchten sich vor einem "bunt angestrichenen" Windows-Ersatz.

Linux ist preisgünstig, offen, innovativ - und zunehmend kommerziell. Diesen Eindruck vermittelte der jüngste Roundtable, zu dem die computerwoche drei Anwender und einen Analysten eingeladen hatte. Kontrovers diskutiert wurde unter anderem die Rolle der "Distributionen". Die einen sehen in dem Support, den beispielsweise Suse, kürzlich von Novell akquiriert, oder auch Red Hat anbieten, eine Voraussetzung dafür, dass sie den Einsatz des quelloffenen Betriebssystems ernsthaft in Erwägung ziehen. Zu dieser Gruppe gehört MAN Nutzfahrzeuge: "Für uns war sehr wichtig, dass das Open-Source-System supportet wird", erläutert Software-Manager Johannes Lorenz, "deshalb haben wir Linux nicht aus dem Internet gezogen." Stattdessen setzt das Münchner Unternehmen auf Suse Linux. Andere betrachten diese Entwicklung mit Sorge: Das als Gegenentwurf zur kommerziellen Softwarewelt gedachte Linux sei auf dem besten Weg, ein bunt angestrichenes Windows oder Unix zu werden: "Der nächste Suse-Desktop heißt Novell-Desktop, und damit ist nach meinem Dafürhalten eine viel stärkere Kommerzialisierung eingeläutet", gibt Wilhelm Hoegner, IT-Chef der Stadt München, zu bedenken. Unter anderem deshalb bevorzuge er die nichtkommerzielle Linux-Distribution Debian.

"Debian hat sich in den vergangenen beiden Jahren als einzig wahre Open-Source-Distribution etabliert, denn die anderen beiden sind ja schon wieder kommerziell - zumindest in den Augen von Hardcore-Linux-Befürwortern", weiß Andreas Zilch, Vorstandsvorsitzender der Meton Group. Doch der Analyst warnt davor, Software aufgrund einer "Weltanschauung" auszuwählen. Mehr zur Linux-Debatte ab Seite 30.