IT im Gesundheitswesen/Zentrale Anwendungen, virtuelle Server, konsolidierte Speichersysteme

Krankenhaus Schwabing setzt auf Virtualisierung

27.08.2004

Im Gesundheitswesen stehen heute viele IT-Abteilungen vor ähnlichen Herausforderungen: Da die Investitionszyklen erheblich länger sind als in der freien Wirtschaft, nutzen die Einrichtungen meist mehrere Generationen von IT-Produkten parallel. Neue Anwendungen lassen sich häufig nicht flächendeckend bereitstellen, weil die Client-Hardware nicht leistungsfähig genug ist. Außerdem sind die Einführung und Betreuung von Anwendungen in einem heterogenen Systemumfeld ausgesprochen aufwändig. Vor diesem Hintergrund hat das Krankenhaus München-Schwabing (KMS) ein umfassendes Virtualisierungskonzept entwickelt, das die Logik der IT-Systeme von der physisch vorhandenen Hardware trennt. Technologien von Citrix, VMware und Datacore helfen dem KMS, Informationssysteme effizienter zu verwalten, bestehende Investitionen zu schützen und IT-Kosten zu reduzieren.

Im November 2001 hat das größte städtische Krankenhaus in München begonnen, seine IT-Infrastruktur neu auszurichten. Anlass war damals die anstehende Migration auf SAP R/3 Release 4.6. Das KMS setzt unter anderem die SAP-Module IS-H und IS-H-MED für die Verwaltung der Patientendaten ein - und hätte nun rund 600 PCs austauschen müssen, weil sie für den Betrieb der neuen grafischen SAP-Benutzerschnittstelle nicht mehr geeignet waren. Die Alternative war in dieser Situation, die SAP-Benutzeroberfläche Server-gestützt mit Citrix Metaframe Presentation Server bereitzustellen. Die SAP-GUI wird dabei komplett auf den zentralen Citrix-Servern installiert und ausgeführt, die Endgeräte benötigen nur noch den ICA-Client (ICA = Independent Client Architecture), die Client-Software von Citrix, für den Anwendungszugriff.

Das Schwabinger Krankenhaus konnte so alle vorhandenen PCs, darunter mehrere hundert Pentium 90-Rechner unter Windows 95, für das neue SAP-Release weiterverwenden. Ein zusätzlicher Vorteil der zentralen Bereitstellung: Alle Anwender konnten zeitgleich mit dem neuen SAP-Release arbeiten. Nach dem erfolgreichen SAP-Update stellte die IT-Abteilung des KMS - das Dienstleistungszentrum Informationssysteme - in den folgenden Monaten weitere Windows-Anwendungen über die Citrix-Server zur Verfügung, darunter die Microsoft-Office-Anwendungen sowie die medizinische Codiersoftware.

Die Zentralisierung der IT-Ressourcen rechnet sich aus mehreren Gründen: Zum einen spart man Anschaffungskosten für Client-Hardware und kann vorhandene Endgeräte wesentlich länger nutzen. Gleichzeitig konnte der Administrationsaufwand reduziert werden. Das lässt sich anhand einiger Zahlen verdeutlichen: Die Anzahl der vernetzten KIS-Arbeitsplätze ist im KMS in den letzten Jahren von 500 auf über 1000 gestiegen, und die Bedeutung des PC für den Klinikalltag hat kontinuierlich zugenommen. Mit Citrix kann das Dienstleistungszentrum die erhöhten Anforderungen stemmen, ohne dass das Personal aufgestockt werden musste: Vier Servicemitarbeiter sind heute für 1350 PCs zuständig, die zu 82 Prozent vernetzt sind, fünf weitere administrieren die Server und das Netzwerk. Auf einen Mitarbeiter im Service- und Netz-Management kommen damit knapp 200 Arbeitsplatzrechner. Zum Vergleich: In vielen Unternehmen kalkuliert man im Durchschnitt mit einem Verhältnis von eins zu 50.

Ressourcen lassen sich flexibel zuweisen

Die neue Technik ist ein wichtiger Baustein des umfassenden Virtualisierungskonzepts im KMS: Strategisches Ziel ist, die IT-Systeme des KMS logisch von der physisch vorhandenen Hardware zu trennen. Dazu gehört auch die Virtualisierung von Servern und Speicherressourcen. Im Rechenzentrum wird daher die Virtual-Machine-Software "ESX Server" von VMware eingesetzt. Mit ESX Server lassen sich mehrere virtuelle Server mit unterschiedlichen Betriebssystemen auf einem Intel-basierenden Rechner betreiben. So kann das Dienstleistungszentrum die Server-Landschaft konsolidieren, die Administration vereinfachen, Rechnerressourcen flexibel zuweisen und die vorhandene Server-Hardware besser ausschöpfen. Auch im Speicherbereich sind die Ressourcen in einem Pool - einem Storage Area Network (SAN) - zusammengefasst. Um Herstellerunabhängigkeit im SAN zu erreichen, wird SAN Symphony von Datacore eingesetzt.

Derzeit wird der IT-Umbau im KMS konsequent fortgeführt, unter anderem mit Linux auf den Endgeräten. Bei der Neubeschaffung setzt das Dienstleistungszentrum Informationssysteme heute auf wartungsarme und stromsparende Thin Clients auf Linux-Basis. Außerdem werden die vorhandenen Desktop-Rechner zu Thin Clients umgebaut, die aus dem Netzwerk booten und mit dem ICA-Client für Linux auf die Server-basierenden Anwendungen zugreifen. Dabei wird die Open-Source-Software "Pxes" eingesetzt.

Sicherer Zugriff von außen

Auch neue Zugriffsszenarien sollen künftig unterstützt werden. Geplant ist, niedergelassene Ärzte und Partner über die Citrix-Lösung sicher an die IT-Umgebung des Krankenhauses anzubinden und damit die einrichtungsübergreifende Kommunikation zu verbessern. Schon heute nutzt man die neue Technik, um mobilen Anwendern von außen sicheren Zugriff auf die IT-Ressourcen des Krankenhauses zu ermöglichen. Mobile Anwender sind zum Beispiel die Berater des zum KMS gehörenden DRG Competence Centers (DRG = Diagnosis Related Group), die bundesweit andere Krankenhäuser bei der Einführung der Fallkostenpauschalen unterstützen. Wenn diese Berater unterwegs Zugriff auf ihre Dokumente benötigen, können sie über das Internet jederzeit ihre persönliche Arbeitsumgebung aufrufen. In der Server-basierenden Architektur sind die Arbeitsplätze der Mitarbeiter eben nicht mehr an bestimmte Rechner gebunden, sondern stehen "virtuell" an jedem Endgerät zur Verfügung. (bi)

*Kosmas Schütz ist Direktor und Peter Pechtold stellvertretender Direktor des Dienstleistungszentrums Informationssysteme im Krankenhaus München-Schwabing.

Hier lesen Sie ...

- warum sich das Schwabinger Krankenhaus gegen den Austausch seiner 600 PCs entschied;

- welchen Server und welche Independent Client Architekture man stattdessen einführte;

- welche Vorteile sich aus dieser Veränderung für alle Anwender ergaben;

- welcher Nutzen gleichzeitig für die Administration erzielt wurde;

- welche Pläne das Krankenhaus aufgrung seiner guten Erfahrungen mit Virtualisierung für die Zukunft hat.

Die Klinik

Das Krankenhaus München-Schwabing ist mit 1250 Betten und rund 2900 Mitarbeitern das größte Krankenhaus der Landeshauptstadt München. Das Haus der höchsten Versorgungsstufe umfasst 24 medizinische Abteilungen und ist zusätzlich ein akademisches Lehrkrankenhaus der Münchner Universitäten. Seit dem 22. Juli 2003 ist das Krankenhaus München-Schwabing als bundesweit erstes Großkrankenhaus zertifiziert nach KTQ, der Kooperation für Qualität und Transparenz im Krankenhaus.