Die Software AG sucht nach neuen Vertriebsmöglichkeiten

Königs: Wir stehen zu Adabas C und Natural

31.01.1997

CW: Warum haben Sie die Aufgabe eines Vorstandsvorsitzenden der Software AG übernommen?

Königs: Es gibt viele spannende Veränderungen in der Software-Industrie. Ich mag das. Bei der Software AG kommt hinzu, daß hier ein Generationswechsel ansteht. Der Gründer ist gegangen, und damit steht das Konzept eines seit 25 Jahren durchaus erfolgreich operierenden Unternehmens zur Diskussion.

CW: Was wollen Sie ändern?

Königs: Wir haben in den vergangenen Jahren mehr ausgegeben, als wir eingenommen haben, also müssen wir auf die Kosten achten. Außerdem müssen wir Wachstum erzeugen und Partnerschaften insbesondere im Vertriebsbereich schließen.

CW: Das klingt nach Marketing-Floskeln...

Königs: Das stimmt nicht. Die Software AG war immer stolz darauf, alles selbst zu können. Aber auch bei uns liegt die Zukunft in der Arbeitsteilung. Deshalb suchen wir Partner. Im Augenblick geht es vor allem um Vertriebspartner. In diesem Jahr wollen wir uns weltweit indirekte Distributionswege erschließen.

Wichtig sind aber auch Technologie-Kooperationen. So wollen wir mit Microsoft und dessen DCOM (Distributed Component Object Model, Anm. d. Red.) die Verbindung zwischen Mainframe- und PC-Welt herstellen. Vertrieb und Technologie kommen zusammen, wenn Digital unsere Software auf seine Rechner bringt, um sie in Fernost als Lösung anzubieten. Etwas ähnliches haben wir bei der Kombination aus der Adabas-D-Datenbank und SAPs R/3-Paket.

CW: Zum Thema Wachstum. Was kann die Software AG hier tun?

Königs: Wir sind im Geschäft mit Data-Warehousing, Middleware und Komponententechniken. Vom Wachstum dieser Märkte wollen wir profitieren.

CW: Wie sparen Sie Kosten?

Königs: Wir müssen die Personalkosten senken und uns auf Kernkompetenzen konzentrieren. So haben wir das Data-Warehouse-Tool "Esperant" abgegeben, weil es nicht in unsere Vertriebsstruktur paßte.

CW: Gibt es Entlassungen?

Königs: Vor allem in Spanien sind uns die Personalkosten davongelaufen. Dort, aber auch in anderen Ländern haben wir Mitarbeiter im Verwaltungs- und Marketing-Bereich entlassen, aber auch Verträge mit externen Entwicklern aufgelöst. Es waren Branchenlösungen entwickelt worden, die uns nicht überzeugt haben.

CW: Und in Deutschland?

Königs: Unsere Probleme liegen vor allem im europäischen Ausland. Hierzulande ist der Personalabbau daher sehr gering. Entlassungen gibt es keine.

CW: Sie haben sich mit Data-Warehousing, Componentware und Internet Aufgaben gesucht, für die noch viel teure Forschung fällig ist. Wie sieht hier Ihr Budget aus?

Königs: Es beträgt derzeit etwa 13 Prozent des Umsatzes und soll nur unwesentlich verkleinert werden.

CW: Sie sprachen von Kernkompetenzen...

Königs: Das sind bei uns Integration von Internet-Techniken in die IT-Infrastruktur, Data-Warehousing, Componentware und die Vorbereitung der Kunden-DV auf das Jahr 2000 beziehungsweise auf den Euro. Zudem konzentrieren wir uns auf die Branchen Öffentliche Hand, Finanzdienstleistung, Versicherungen und Transportindustrie, insbesondere Fluglogistik. Was wir nicht tun werden, ist Software für den Massenmarkt herzustellen. Unsere Kunden bleiben Großanwender und gehobener Mittelstand.

CW: Bislang galt die Software AG vor allem als Anbieter der Mainframe-Datenbank "Adabas C" und der dazugehörigen Entwicklungsumgebung "Natural". Ändert sich das jetzt?

Königs: Nein. Wir sind eine Adabas-C- und Natural-Company. Da kommen wir her, dazu stehen wir, und das bleiben wir. Gut die Hälfte unserer Lizenzeinnahmen stammt aus dieser Kombination. Die Datenbank ist nicht mehr nur das alte Mainframe-System. Wir öffnen es für andere Welten. Es bekommt zum Beispiel eine echte SQL-Schnittstelle.

CW: Ich denke, die gibt es schon seit fünf Jahren...

Königs: Die neue Lösung wird besser sein. Außerdem öffnen wir Adabas C für das Web. Und sie wird noch in diesem Jahr Mehrprozessor-Systeme unterstützen können.

CW: Galt nicht eigentlich Adabas D als Weg in die Datenbankzukunft?

Königs: Anders als die Großrechnerdatenbanken ist das Unix-System bei uns nie zu einem strategischen Produkt geworden. Der Erfolg in der Konkurrenz mit anderen Opens-Systems-Anbieter ist weitgehend ausgeblieben. Bei Adabas C/Natural dagegen verzeichnen wir nach wie vor leicht steigende Umsätze.

CW: Aber Sie machen ja immer noch viel Werbung dafür.

Königs: Wir vermarkten Adabas D nur in bestimmten Regionen, zum Beispiel in Europa, in Deutschland. Hier setzen wir auf Paketlösungen zum Beispiel mit R/3. Damit haben wir immerhin einen Marktanteil von 14 Prozent.

CW: Am meisten hört man aber von Adabas D im Zusammenhang mit dem Linux-Unix von Caldera...

Königs: Die Datenbankmärkte sind besetzt. Deshalb suchen wir nach Nischen, über die wir mit unserem Produkt ins Geschäft kommen. Bei Linux gehören wir zu den ersten Anbietern. Da dieses Unix zudem derzeit noch nicht flächendeckend in Großunternehmen eingesetzt wird, können wir hier die Adabas-D-Stärken der niedrigen Betriebskosten und einfachen Bedienung gut ausspielen. Was vielleicht noch wichtiger ist: Derzeit haben wir kaum indirekte Vertriebsschienen. Mit Caldera erproben wir diesen Weg insbesondere in ein niedriges Preissegment.

CW: Paßt das zu Ihrer Konzentration auf Kernkompetenzen und Großkunden?

Königs: Wissen Sie, der Charme von Software liegt darin, daß der Großteil der Kosten bei der Entwicklung anfällt. Adabas D ist fertig, und Caldera ein interessanter Kanal.

CW: Gibt es noch andere Nischen für Adabas D?

Königs: Ja, Windows NT. Hier ist der Markt noch nicht so besetzt wie auf der Unix-Plattform.

CW: Lohnt sich diese Plattform?

Königs: Bislang sind alle Datenbankanbieter unzufrieden.

CW: Zahlen sich die Investionen in Adabas D denn insgesamt aus?

Königs: Darüber reden wir nicht so gern. Lassen Sie es mich so formulieren: Wenn Adabas D zu einem strategischen Produkt werden soll, dann müssen wir es weltweit erfolgreich vermarkten.

CW: Adabas D ist also nur noch von marginaler Bedeutung.

Königs: Das wollte ich nicht sagen. Richtig ist, daß unser Produktgeschäft weltweit auf Adabas C, Natural und Middleware beruht. Natürlich wollen wir unser Unix-Produkt ähnlich erfolgreich machen. Nur sind hier die Fragen der Markteinführung, insbesondere der Investitionen dafür, noch nicht gelöst.

CW: Die Software AG wollte doch Adabas D mit dem objektorientierten O2-System zu einem objektrelationalen System verschmelzen. Ist das noch sinnvoll, wenn Sie Adabas D im Niedrigpreis-Segment positionieren?

Königs: Ich fürchte, nein.

CW: Was wird dann aus dem objektrelationalen Projekt?

Königs: Es hat sich herausgestellt, daß die nichtrelationale Struktur von Adabas C dem Ziel, räumliche oder multimediale Daten zu speichern, sehr gut entgegenkommt. Wir untersuchen derzeit, ob wir aus Adabas C einen Universal Server nach dem Vorbild von Oracle und Informix machen sollen.

CW: Die Software AG macht ungefähr soviel Geschäft mit Middleware wie mit Adabas und Natural. Sie sind Mitglied der Object Management Group (OMG) und haben einen eigenen Broker im Angebot. Sie haben aber auch die konkurrierende DCOM-Technik von Microsoft auf Unix portiert. Wo stehen Sie?

Königs: Ihre Zusammenfassung zeigt zumindest, daß wir auf diesem Gebiet gut sind.

CW: Das war die Marketing-Antwort. Die Frage ist, womit wollen Sie Geschäft machen?

Königs: Es gibt drei Welten: Microsoft auf Workgroup-Ebene, Unix-Server und Mainframes. Bislang sind diese Welten weitgehend getrennt. Deshalb gibt es derzeit Platz für Corba (Common Object Request Broker Architecture, Anm. d. Red.) und für DCOM. Ziel aber ist eine durchgängige Verbindung. Hier zielt DCOM in Richtung Unix und Mainframe und Corba in Richtung Microsoft-Welt.

CW: Sie tanzen auf beiden Hochzeiten, um auf der Seite der Sieger zu stehen.

Königs: Wir halten uns beide Wege offen.

VorständeSeit 1. Januar 1997 ist der Vorstand der Software AG wieder komplett. Er besteht aus:

- Erwin Königs (Innovationen: systemnahe Software, Data-Warehousing, Middleware, Componentware),

- Romin Neumeister (Produkte: Vertrieb und Marketing),

- Thomas Preskar (Projekte: Service und Consulting) sowie

- Volker Dawedeit (Finanzen und Verwaltung)

Diese Aufgabenteilung entspricht den Einnahmen, die aus dem Produktgeschäft (etwa ein Drittel des Umsatzes) und Dienstleistungen (zwei Drittel) fließen. Als Vorstandsvorsitzender ist Königs seit November 1996 vor allem für zukunftsträchtige Geschäftszweige verantwortlich. Dawedeit, der schon früher bei der Software AG für Finanzen zuständig war, wurde von Lynotype zurückgeholt, um in Darmstadt die Kosten in den Griff zu bekommen. Die SAG mußte im vergangenen Geschäftsjahr einen Verlust nach Steuern von 50,3 Millionen Mark ausweisen. Rund 19 Millionen Mark davon gingen auf Kosten einer Steuerprüfung. Der Umsatz war um 13 Prozent auf 788,2 Millionen Mark gestigen.