SOA bei der Deutschen Bank

Klotzen statt Kleckern

21.01.2009
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Java-Wrapper für Cobol-Funktionen

Die benötigten Softwareservices kapselte das Projektteam fast ausschließlich aus bestehenden Anwendungen. Zu Letzteren zählen vor allem die Stammdatenverwaltung, aber auch produktbezogene Anwendungen und unterstützende Systeme etwa für die Authentifizierung. Wichtig für den Neukundenprozess waren zudem die Anwendungsbereiche Dokumenten-Management und Output/Druck-Management. Aus den zum größten Teil noch in Cobol programmierten Anwendungen kapselten die Entwickler mit Hilfe eines Java-Wrappers rund 40 bis 50 grobgranulare Services, die über ein zentrales Repository konzernweit zur Verfügung stehen.

Die Geschäftsprozess-Architektur der Deutschen Bank bedient alle Vertriebskanäle über eine standardisierte Plattform.
Die Geschäftsprozess-Architektur der Deutschen Bank bedient alle Vertriebskanäle über eine standardisierte Plattform.

Die Infrastruktur für die SOA besteht aus vier Ebenen. Die unterste Schicht bilden die bereits vorhandenen Backend-Anwendungen, darüber liegt ein EAI-System, das die technische Integration gewährleistet. Zu Prozessen orchestriert werden die einzelnen Services erst auf der nächsthöheren Workflow-Ebene. Deren Herzstück bildet eine BPEL-basierende Prozess-Engine, die wie das EAI-System vom Softwarehersteller Tibco stammt. Anwender greifen über ein Eclipse-Frontend auf die Prozessanwendung zu.

Kundenprozesse laufen schneller

Mit Orinoco sei es gelungen, die Verarbeitungszeiten im Neukundenprozess zu verkürzen, berichtet Schmidt. Zudem habe man durch effiziente Nutzung der Workflows und Services Filialen von Abwicklungsprozessen entlastet und die Arbeitsverteilung zwischen den Servicezentren verbessert. Der Manager legt in diesem Kontext großen Wert auf die Wiederverwendung einmal erstellter Services und Prozesse, ein Thema, das in der SOA-Szene kontrovers diskutiert wird. Dass dieser Aspekt nicht nur auf dem Papier steht, belegt das erste Nachfolgeprojekt, mit dem die Deutsche Bank den Prozess der Kreditanträge beispielsweise auch bei Vertriebspartnern standardisierte. Rund 90 Prozent der für Orinoco entwickelten Services und Prozesse konnte das Team den Angaben zufolge für die Backoffice-Prozesse wiederverwenden. Lediglich individuelle Funktionen wie das Frontend für den Verkaufsprozess in den Verbrauchermärkten mussten neu entwickelt werden. Die technische Abwicklung im Backend läuft weitgehend über bestehende SOA-Dienste. Ein weiterer Effekt: Das Nachfolgeprojekt für die Kreditabwicklung habe nur etwa ein Fünftel der Zeit des Orinoco-Vorhabens in Anspruch genommen, resümiert Schmidt.