Ehemalige Topmanager sollen Firmengeheimnisse widerrechtlich genutzt haben

Klage gegen "Compaq-Server-Mafia"

09.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Compaq Computer Corp. hat die von ehemaligen Compaq-Mitarbeitern gegründete RLX Technologies Inc. verklagt. Die Manager des Jungunternehmens sollen Geschäftsgeheimnisse ihrer Ex-Firma missbraucht haben.

Der Computerriese argumentiert in seiner Klageschrift, RLX nutze geistiges Eigentum sowie Geschäftsgeheimnisse von Compaq, um selbst einen Fuß in den Server-Markt zu bekommen. Compaq reichte die Klage bereits am 21. Februar 2001 beim Distriktgericht von Harris County, Texas, ein.

RLX war 1999 als Rocketlogix Inc. gegründet worden. Vorstandsvorsitzender ist Gary Stimac, der bei Compaq bis 1996 den Posten des Senior Vice President und General Manager der Systems Division bekleidete und maßgeblich an der Technologieentwicklung der Server beteiligt war.

Neben Stimac amtiert mit Michael Swavely ein ehemaliger hochrangiger Marketing- und Vertriebs-Manager von Compaq bei RLX als dessen President. Zu den Finanziers des Newcomers gehört mit Rod Canion ein weiterer Ex-Topmann von Compaq. Canion hatte Compaq als eines von drei Gründungsmitgliedern 1982 aus der Taufe gehoben.

RLX will in seinen Servern die "Crusoe"-Prozessoren der Transmeta Corp. benutzen. Diese zeichnen sich unter anderem durch ihren niedrigen Stromverbrauch aus. Als Betriebssystem sollen auf den Maschinen mit dem Codenamen "Razor" eine Linux-Distribution sowie Windows 2000 zum Einsatz kommen. RLX will erste Systeme bis Jahresmitte vorstellen.

Brad Anderson, Vice President von Compaqs Industrie-Server-Division, behauptet, drei RLX-Manager, die schon bei Compaq gearbeitet hatten, würden Geschäftsgeheimnisse des ehemaligen Arbeitgebers nutzen, um einen so genannten Low-Density-Server mit Codenamen "ICE" zu entwickeln.

Rick Becker, Direktor der Compaq-Abteilung für Software-Marketing sowie für Geschäftsentwicklung der Industriestandard-Server-Gruppe (also der Intel-basierten Maschinen), erklärte die Klage zudem mit den Worten: "Wir glauben, dass RLX unsere Server-Experten abzuwerben versucht, um sein eigenes Server-Programm auf den Weg bringen zu können. Und das kann nicht richtig sein."

Kevin Bohren, bei RLX als Vice President für die Geschäftsentwicklung und die Unternehmenskommunikation zuständig, bestritt sämtliche Anschuldigungen von Seiten Compaqs: "Wir glauben, dass alle Vorwürfe gegen uns völlig falsch und unbegründet sind." Bohren ist ein ehemaliger Compaq-Manager, der als Vice President der Desktop-Division für kommerzielle Kunden vorstand.

Bei Compaq vertritt man hingegen die Ansicht, dass RLX in "räuberischer" Manier im Revier der Compaq-Server-Division wildert und dort auf Mitarbeiterfang geht. Stimac, so Compaq, sei der Anführer der "Original Compaq Server Mafia". Hierbei handelt es sich um ehemalige Compaq-Mitarbeiter, die - so Becker - "wirklich alles über die Entwicklung, das Design und den Vertrieb von Servern wissen" und die maßgeblich daran beteiligt waren, Compaq 1990 ins Server-Geschäft zu hieven.

Compaq fügte der Klageschrift Dokumente bei, die belegen sollen, dass RLX gegen Ende 2000 eine Allianz mit dem großen Computerunternehmen anstrebte. Dann aber sei Stimac auf den Plan getreten und habe unannehmbare Forderungen gestellt wie die, 50 Spezialisten von Compaq anheuern zu dürfen. Außerdem sollte sich Compaq mit einer erheblichen Aktieninvestition an RLX beteiligen. Prompt brachen die Verhandlungen im Januar 2001 ab.