Innovationsbremse 1: starre Strukturen
Die meisten deutschen Unternehmen sind durch klare Zuständigkeiten und Hierarchien geprägt. Die Entwicklung ist für neue Produkte zuständig, die Produktion sorgt für eine berechenbar hohe Qualität, das Marketing entwickelt die Prospekte und der Vertrieb bringt es an den Mann. So funktioniert, vereinfacht formuliert, ein Großteil der Unternehmen. Dieses Bereichsdenken macht Unternehmen äußerst effizient - eines der Buzzwords des Managements. Zugleich ersticken diese Strukturen jedoch den größten Teil des kreativen Potentials. Ideen entstehen immer dort, wo Grenzen aufeinanderstoßen und Reibung entsteht. Der deutsche Dienstweg erschwert jedoch genau diesen Austausch zwischen verschiedenen Bereichen.
Unternehmen wie Amazon oder der südkoreanische Samsung-Konzern machen vor, wie es anders geht: Als in den verkrusteten Strukturen von Karstadt und Hertie noch darüber diskutiert wurde, wie und in welchem Umfang das Internet Konsumenten in Zukunft beeinflussen wird, setzte Amazon-Chef Jeff Bezos bereits auf vollkommen neue Unternehmensstrukturen: kleine wendige Teams mit einem hohen Grad an Verantwortung, die er nach der "2-Pizza-Regel" zusammenstellte: Sobald ein Team mehr als 2 Pizzas essen kann, wird es geteilt.
Samsung, bis in die 80er Jahre als Anbieter billiger Elektrogeräte bekannt, hat in den vergangenen Jahren einen erstaunlichen Wandel vollzogen, durch den auch deutsche Traditionsunternehmen wie Grundig möglicherweise überlebt hätten: Das Unternehmen startete eine Ideenoffensive und richtete auf der gesamten Welt Design-Center ein.
Dort werden Innovationen häufig nach dem Prinzip der Papstwahl entwickelt: Designer und Techniker bleiben solange im Design-Center, bis die Innovation fertig entwickelt ist. Amazon, Samsung und viele der weltweit innovativsten Unternehmen haben erkannt, dass der Faktor Zeit bei Innovationen eine wichtige Rolle spielt. Deutsche Unternehmen mit ihren behäbigen Strukturen und langen Abstimmungsprozessen sind in diesem Wettbewerb chancenlos - wie ein 100 Meter-Läufer mit Bleikugeln an den Beinen.
- Fünf Gründe für den agilen Ansatz
Neue Methoden der Softwareentwicklung begeistern die Mitarbeiter und die Kunden. Da stellt sich die Frage, woher es kommt, dass "Agilität" derartig beliebt ist? Alexander Ockl nennt Fünf Gründe: - Weniger Prozess - dafür mehr Mensch
Offenbar haben wir gelegentlich das Prozessrad zu weit gedreht. Mit Know-how in den Prozessen wollten wir gute Software wie am Fließband im "billigen Ausland" herstellen lassen. Probleme lassen sich mit noch ausgefeilteren Prozessen und Rollen beseitigen, so dachten wir. Aber inzwischen wissen wir, dass wir am so genannten Fließband meist individuell arbeiten. Und talentierte Mitarbeiter haben auch im Ausland inzwischen ihren Preis. - Persönliche Motivation statt Existenzangst
In der agilen Welt zählt der Mensch wieder etwas. Statt verteilt zu sitzen, schauen sich agile Teams wieder in die Augen. Effektive, direkte Kommunikation ersetzt endlose, anonyme Telefonkonferenzen und überlaufende E-Mail-Postkörbe. Größerer Gestaltungsspielraum und überschaubare Rollen geben Mitarbeitern das Gefühl, endlich wieder etwas bewegen zu können. Das setzt Kräfte frei. Und motiviert, anstatt zu frustrieren. - Entfaltete Stärken statt Fesseln
Endlich wieder kreativ sein und nicht starre Prozesse befolgen müssen! Kein Wunder also, dass gerade Entwickler und Analysten diesen Ansatz lieben. Im agilen Umfeld sind sich alle bewusst, wie wichtig ein gut zusammengestelltes Team ist. Das übersehen wir in der "alten IT-Welt" häufig - zwischen den vielen Prozessdetails und virtuellen Teams. Unsere Kunden freuen sich auch, denn schließlich steht wieder die Lösung ihrer Probleme im Vordergrund. - Gemeinsam entwickelte Arbeitsweise
Neue Prozesse bedeuten in unserem herkömmlichen Alltag häufig neue Rollen. So entstehen Teamveränderungen und Umstrukturierungen. Die vorgegebene Arbeitsweise passt aber vielfach nicht zum Team. Agile Methoden wie Scrum zeigen, dass es auch anders geht. Den "Toyota-Weg" als Vorbild, organisieren sich schlanke Teams innerhalb eines groben Rahmens am besten selbst.Es lohnt es sich, ein funktionierendes Team - wie im Fußball - nicht zu stark zu verändern. Gemeinsam entwickelt, richtet sich die Arbeitsweise nach den Möglichkeiten der Mitarbeiter. - Eine nachvollziehbare Teamleistung
Schreit unser Umfeld nach Agilität, so sollten wir nicht dagegen reden, sondern genau hinschauen. Agilität und gute Prozesse wollen das Gleiche. Müssen wir dennoch verteilt arbeiten, so sollten wir unbedingt auf die menschliche Komponente achten. Frei nach Felix Magath bei der Vorstellung des Spielers Raul sollte es "unsere Verpflichtung sein", die Mitarbeiter "so in Szene zu setzen", dass Sie "ihre Fähigkeiten voll ausspielen können". Andernfalls schließt auch Raul keine Tore, sondern wird zu einem mittelmäßigen und schließlich frustrierten Mitspieler.