Kolumne

"Keine Microsoft-freie Zone"

25.07.1997

Die Frage, ob Microsoft bessere Software liefert als der Wettbewerb und deshalb so erfolgreich ist, dürfte sich schon bald nicht mehr stellen - aus Mangel an Alternative.

Die Produktpalette des Giganten reicht von Betriebssystemen über Applikationssoftware, Datenbanken, Compiler, Tools bis hin zu elektronischen Nachschlagewerken.

Dabei ist die Schlacht um den Desktop bereits geschlagen. Zu Windows besteht für den Anwender kaum noch eine Alternative, auch das immer weiter ausufernde MS-Office ist mit 80 Prozent Anteil unangefochtener Marktführer. Im Server-Segment ist Microsoft zwar noch Anfänger, aber NT ist bereits seit einiger Zeit das einzige Server-Betriebssystem mit steilen Zuwachsraten. Und noch lehnen sich die Microsoft-Apostel ziemlich weit aus dem Fenster, wenn sie das Betriebssystem als unternehmensweite Plattform propagieren. Doch besteht kein Zweifel daran, daß die Redmonder zusammen mit interessierten Partnern (allen voran Compaq und HP) nichts unversucht lassen, das Skalierungsproblem zu lösen. So werden Microsoft-freie Zonen im Server-Segment immer seltener, auch wenn noch keine Verhältnisse herrschen wie im Desktop-Markt.

Aber Gates will mehr, muß mehr wollen, wenn er die Börsenbewertung seines Unternehmens - nach General Electric mit 178 Milliarden Dollar das am höchsten taxierte Unternehmen in den USA - aufrechterhalten will. Schließlich sind in dieser astronomisch hohen Zahl die Wachstumshoffnungen der Anleger vorweggenommen. Und weder im klassischen PC-Markt, der sich einer Sättigung nähert, noch im vergleichsweise kleinen Server-Markt lassen sich die notwendigen Steigerungsraten realisieren.

Die Beteiligung an Uunet (Internet-Provider), die kürzlich angekündigte Übernahme von Web-TV (Set-top-Boxen), der Einstieg bei Comcast (Kabelnetzbetreiber) und das bereits vor zwei Jahren in Angriff genommene Projekt Teledesic (Netz von Kommunikationssatelliten in erdnaher Umlaufbahn) weisen die Richtung für neue Feldzüge: Gates will Microsoft zum Infrastrukturlieferanten für alles machen, was Informationen verarbeitet. Dazu gehören seiner Definition zufolge offenbar neben der DV-Welt auch der TK-Markt und die elektronischen Massenmedien - Internet inklusive.