Keine Erholung am Arbeitsmarkt in Sicht

12.06.2002
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
MÜNCHEN - Die Zahl der IT-Stellenanzeigen in 40 Tageszeitungen ging in den ersten fünf Monaten gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um 70 Prozent zurück. Lichtblick sind die Behörden.

Nach Berechnungen der EMC-Adecco-Arbeitsmarktforscher sank die Zahl der IT-Stellen auf 12 761 (Vorjahr 41 202). Weniger dramatisch sieht es dagegen aus, wenn man alle Jobs für Fach- und Führungskräfte berücksichtigt. Hier beträgt der Rückgang etwa 50 Prozent von 158 158 auf 84 505.

In der Telekommunikationsindustrie hat sich die Zahl der offenen Stellen am stärksten reduziert. Der öffentliche Dienst dagegen sucht weiterhin fast konstant nach IT-Fachkräften.
In der Telekommunikationsindustrie hat sich die Zahl der offenen Stellen am stärksten reduziert. Der öffentliche Dienst dagegen sucht weiterhin fast konstant nach IT-Fachkräften.

Ein Blick auf die Branchen zeigt, dass die IT- und TK-Hersteller für die größten Einbrüche im IT-Arbeitsmarkt verantwortlich sind. Hatten Software- und IT-Beratungshäuser in den ersten fünf Monaten 2001 noch 12 663 Stellen zu besetzen, sind es in diesem Jahr nur 3286. Dramatisch sieht es auch in der Telekommunikationsindustrie aus: Hier ist das Angebot von 3476 auf 370 Stellen geschrumpft.

Auch die Anwenderfirmen halten sich mit Neueinstellungen zurück. Selbst der erfolgsverwöhnte Maschinenbau suchte seit Jahresanfang mit 853 IT-Profis nicht einmal halb so viele neue Mitarbeiter wie im Vergleichszeitraum 2001. Die IT-Offerten von Banken und Versicherungen haben sich mit 611 Stellen auf weniger als ein Drittel des Angebots vom Vorjahr reduziert und das der Elektronikindustrie fast auf ein Viertel auf 907 freie Positionen.

Die Behörden haben noch Bedarf

Allein beim öffentlichen Dienst ist der Rückgang vergleichweise moderat von 2607 auf 1597 Stellen. Auf die einzelnen Fachbereiche bezogen erwischte es die Softwareentwicklung am stärksten. Hier ging die Zahl der freien Stellen von 17 595 auf 3097 zurück. Auch die Marketing- und Vertriebsabteilungen warten nicht unbedingt mit offenen Armen auf Computerfachleute. Aus diesem Bereich inserierten die Arbeitgeber 1318 Jobs (Vorjahr 4386).

Überraschend und als gutes Signal ist zu werten, dass der Rückgang in der Forschung und Entwicklung (FuE) und im Bereich Aus- und Weiterbildung nicht so stark ist. Im Bereich FuE wurden 493 Stellen ausgeschrieben (Vorjahr 622) und im Bereich Training 245 (Vorjahr 495).

Geht es um die Ausbildung der Kandidaten, lässt sich eine weitere Akademisierung feststellen. Mittlerweile wird in 84 Prozent (Vorjahr 82 Prozent) der IT-Stellenanzeigen ein Studienabschluss vorausgesetzt. Bevorzugte Ausbildung ist - wie nicht anders zu erwarten - ein Informatikstudium. In 28 Prozent der Offerten wird dieser Abschluss gewünscht.

Quereinsteiger haben es schwer

Ebenfalls bestätigt sich, dass in solchen schwierigen Zeiten Quereinsteiger Schwierigkeiten haben, den Einstieg in die IT-Welt zu finden. Die Anzeigen, die sich an Geistes- und Sozialwissenschaftler, ja selbst an Naturwissenschaftler wenden, sind minimal und liegen zum größten Teil sogar im Bereich unter einem Prozent (Physiker 0,3 Prozent), Mathematiker (0,5 Prozent).

Dagegen ist die Nachfrage nach Ingenieuren gestiegen. Wurde im vergangenen Jahr in 16 Prozent der Anzeigen nach dieser Berufsgruppe gefragt, so wird diesmal in 24 Prozent der Offerten dieser Abschluss vorausgesetzt. Im Vergleich der IT-Berufe gehören die Internet-Spezialisten zu den großen Verlierern: Für sie gab es seit Jahresanfang 386 Offerten (2001: 2852).

Einbrüche von über 70 Prozent mussten aber auch die IT-Kernberufe wie Anwendungsentwickler und Netzspezialisten sowie IT-Berater hinnehmen, die noch im vergangenen Jahr von den Arbeitgebern am dringendsten gesucht wurden. Vom Rückgang der Computerarbeitsplätze sind die großen IT-Regionen Nordrhein-Westfalen, Bayern, Hessen und Baden-Württemberg besonders betroffen.