Keine Angst vor Krisen

15.01.2002
Von Gabi Baltes

Es muss deutlich werden, welche Ziele gemeinsam zu realisieren sind. Orientierung verlangt vom Management das Informieren darüber, worin die Strategie des Unternehmens besteht und gezielt zu kommunizieren, welchen Beitrag jeder Einzelne zum Erfolg leisten kann. Auch hier muss erkennbar sein, welchen Sinn die Arbeit, die Veränderung hat. Motivation schließlich resultiert aus dem individuellen Spannungsverhältnis von Fordern und Fördern. Wer gefordert wird, muss auch realistische Mittel erhalten, um diese Forderungen erfüllen zu können. Zum anderen hilft gezieltes Fordern bei der Weiterentwicklung und Motivation der Mitarbeiter. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Veränderungsprozesse, dem Wesen nach Lösungen eines akuten Problems oder vorausschauende Entwicklungen, im Unternehmen selbst erarbeitet worden sind.

Veränderungen müssen "gelebt" nicht "verordnet" werden

Externe Spezialisten können das Ergebnis vorbereiten und unterstützen – die Lösung muss jedoch originär im Unternehmen selbst entstehen. Die Kreativität und Kompetenz des Unternehmens und seiner Mitarbeiter ist gefragt, andernfalls bleiben Veränderungen immer „verordnet“ und werden nicht „gelebt“. Die Projektgruppen verlangen also eine der Aufgabe entsprechende fachliche Tiefe, damit die Kompetenz eines Unternehmens mit seiner strategischen Kompetenz übereinstimmt.

Eine klare Kommunikation schließlich und Verbindlichkeit in der Sache – sagen was man tut und tun was man sagt – sichert zusätzlich die interne Akzeptanz von Veränderungsprozessen. Ein kleiner aber wirkungsvoller Hinweis dazu: Nichts kommunizieren solange es nicht fertig ist. Ein Vorstand auf dem „Unternehmerforum“ dazu: „Solange ich im Unternehmen bin, gibt es Gerüchte. Deshalb sollte man den Zug auch nicht aus der Halle fahren lassen, bevor er nicht fertig ist.“

Veränderungsprozesse lösen immer Verunsicherung und das Gefühl von Instabilität aus. Die Dinge nicht zu ändern, Probleme nicht zu lösen und scheinbar sicheren, letztlich jedoch instabilen Statik den Vorzug zu geben kann kein Handlungsimpuls sein. Da Veränderungen grundsätzlich das gesamte Unternehmen betreffen, wird klar, warum der Wandel so schwierig ist: Immer gibt es eine gewisse Schwerkraft, die sich der Bewegung entgegenstellt. Aber: Unternehmen, die eine wirklich belastbare Statik anstreben, kommen um Erschütterungen und statische Verwerfungen nicht herum. Das lässt sich als Stabilitätsparadox bezeichnen. Um Stabilität zu gewinnen, muss ich sie erst einmal in Maßen aufgeben.

Aber Nichtstun wäre fataler als ein kalkulierbares Risiko einzugehen. Veränderungsprojekte brauchen daher Stabilität, also klare Ziele, verbindliche Strukturen und eine gemeinsame Sprache. Nur dann kann die vorübergehende Instabilität der neuen Sicherheit dienen.