Karstadt ersetzt Windows durch Linux

25.10.2007
Der Warenhauskonzern hat sein Filialsystem auf Open-Source-Software migriert.

Seit Mitte dieses Jahres arbeiten im Warenhauskonzern Karstadt 3800 Client-Systeme, 120 Terminal-Server und 440 Kassen-Server unter einer Linux-Distribution von Novell Suse. Das zum Arcandor-Konzern (vormals KarstadtQuelle) gehörende Unternehmen nutzt außerdem 2500 Lizenzen des Büropakets Star Office von Sun Microsystems, das auf der Open-Source-Suite OpenOffice.org basiert. Dank der Migration spare Karstadt etwa 60 Prozent der IT-Betriebskosten, berichtet Peter Ebsen, Projektleiter des IT-Dienstleisters EDS Itellium. Die Einsparungen ergäben sich einerseits aus dem Wegfall von Lizenzkosten gegenüber Microsoft Windows und Microsoft Office. Andererseits fielen durch das Thin-Client-Konzept auch geringere Aufwendungen für den Hardwaresupport an.

Windows ausgemustert

Der Essener Handels- und Touristikkonzern plante schon unter dem ehemaligen CIO Ulrich Engelhardt mit dem Open-Source-Betriebssystem. Sein Nachfolger Steven-James Stockdale setzt diesen Kurs fort. Der Startschuss für das Projekt "Neue Filialstruktur" war bereits im Jahr 2003 gefallen. Seinerzeit nutzte Karstadt eine heterogene IT-Landschaft mit 3270-Terminals und dem Windows Terminal Server unter dem Microsoft-Betriebssystem Windows NT 4. Hinzu kamen zahlreiche Legacy-Anwendungen auf unterschiedlichen Plattformen. Vor diesem Hintergrund, so erläutert Axel Nientimp aus der IT-Organisation, wollte das Management Prozesse optimieren, ein einheitliches Erscheinungsbild der Anwendungen schaffen und zugleich IT-Kosten sparen. "Wo wird sich Linux im kommerziellen Bereich etablieren?", lautete die zentrale Frage vor dem Projektstart. Nach einer Prüfungsphase habe Karstadt die wichtigsten strategischen Entscheidungen getroffen. Dazu gehörten Web-basierende Anwendungen, Linux als durchgängiges Betriebssystem und ein Thin-Client-Konzept mit Terminal-Servern.

Sanfte Migration

Im Hinblick auf die Endbenutzer war den Projektverantwortlichen eine sanfte Migration in mehreren Stufen wichtig, so Nientimp: "Ein Big Bang hätte das Projekt negativ beeinflusst." Gemeinsam mit EDS Itellium und dem Neusser IT-Dienstleister Lean entwickelte das Projektteam einen detaillierten Migrations- und Rollout-Plan sowie ein Schulungskonzept, das die unterschiedlichen Kenntnisse der Mitarbeiter berücksichtigte. Für die Einführung der neuen Hardware stellte Karstadt in einem Pilotprojekt vier typische Filialen nach.

Anpassung in zwei Monaten

Ähnlich wie beim Linux-Migrationsprojekt der Stadt München bereitete die Anpassung der zahlreichen Vorlagen und Formulare den Verantwortlichen einiges Kopfzerbrechen. "Wie bei anderen Unternehmen dieser Größenordnung gibt es natürlich auch bei Karstadt eine umfassende Sammlung von mit der Corporate Identity der Firma abgestimmten Vorlagen und Formularen vom internen Geschäftsbrief bis zum Urlaubsschein", erläutert Projektleiter Ebsen. Die Umstellung der Vorlagen auf Star Office sei dennoch innerhalb von zwei Monaten gelungen.

Nach dem gelungenen Migrationsprojekt stehe "die Zukunft klar unter dem Zeichen Linux". Karstadt erwäge, das Linux-Konzept auf weitere Unternehmensbereiche auszuweiten. Die Karstadt Warenhaus GmbH beschäftigt rund 32 000 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2006 einen Umsatz von knapp fünf Milliarden Euro. (wh)