Systemintegratoren müssen sich wandeln
Die Fusion von Atos Origin und SIS zu Atos verschiebt die Gewichte in der regionalen IT-Provider-Landschaft. Deutlich schwerwiegendere Folge wird aber das Cloud Computing beziehungsweise der Trend zu On-Demand-Modellen in der IT haben. Wenn Anwender sich mehr und mehr dem Bezug von standardisierten IT-Services zuwenden und Leistungen nur noch nach Abnahmemenge entlohnen möchten, dann hat das grundlegende Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle aller IT-Dienstleister.
Für Systemintegratoren verlagert sich der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit mehr und mehr weg vom klassischen Projektgeschäft, in dem es darum ging, herkömmliche Lizenzsoftware an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen, hin zu einem von Cloud-Diensten geprägten Geschäft. Hier benötigen Anwender vornehmlich Beratung darüber, welche internen Prozesse und Daten sich in öffentliche oder private Clouds verlagern lassen.
"Der Markt für derartige Dienste ist heute noch sehr klein, er entwickelt sich aber sehr dynamisch", beobachtet Holzhauser. Das Geschäft mit Projekt-Services werde kurz- und mittelfristig zulegen, langfristig werde Cloud Computing jedoch einen negativen Einfluss auf den Markt haben. Die Nachfrage verschiebt sich von konventionellen zu nutzungsabhängigen Dienstleistungen.
Da Projekte zur Integration von On-Demand- und SaaS-Angeboten (Software-as-a-Service) selten so umfangreich sind wie klassische SAP-Integrationsprojekte, müssen sich die IT-Dienstleister langfristig auf ein insgesamt schrumpfendes Marktvolumen einstellen. "Es wird zum Verdrängungswettbewerb kommen", warnt Karsten Leclerque, Director bei PAC.
- Die 10 Outsourcing-Trends der Zukunft
US-Marktforscher Gartner zählt zehn Faktoren auf, die die IT-Services-Industrie und damit die IT in Unternehmen künftig immer stärker beeinflussen werden. - 1. Hyperdigitalisierung:
Immer mehr Produkte und Dienstleistungen sind digitalisierte Dinge und Services. In etwa zehn Jahren wird weltweit ein Viertel der jeweiligen Bruttoinlandsprodukte auf digitalisierten Produkten und Dienstleistungen basieren. - 2. Globalisierung:
Der Trend zur Globalisierung setzt sich fort. Entscheider werden Geschäftspartner, Zulieferer, Kunden und Mitarbeiter aus allen Teilen der Welt haben. - 3. Consumerisation:
Verbraucher an die Macht - das gilt jedenfalls für die IT in Unternehmen. Der Begriff Consumerisation umschreibt, wie privat genutzte Smartphones und Laptops in die Arbeitswelt einziehen. - 5. Intelligente Technologien:
Nach Jahren der Investition und Entwicklung diverser Anwendungen sind viele Entscheider mit ihrer IT noch immer unzufrieden. Grund: Sinn der IT ist zunehmend, Unternehmen bei Geschäftsentscheidungen zu unterstützen. - 6. Sicherheit und Privacy:
Der Trend zur Hyperdigitalisierung bringt es mit sich, dass immer mehr persönliche Daten im Netz kursieren. Für Unternehmen heißt das zweierlei: Sie müssen einerseits gegenüber Verbrauchern und andererseits gegenüber dem Gesetzgeber klarstellen, dass sie für Sicherheit und Schutz der Privatsphäre sorgen. - 7. Baukasten statt Fertigbau:
Gartner spricht von der "Componentisation" der IT. Das heißt: IT-Systeme bestehen aus einzelnen Elementen, die in anderen Zusammenhängen wieder- oder weiterverwendet werden können. - 8. Harter Wettbewerb:
Outsourcing-Verträge laufen immer kürzer, weil Unternehmen ständig auf der Suche nach einem noch günstigeren Anbieter sind. - 9. Wert-Netze:
Entscheider wollen sich für jeden einzelnen Bereich den jeweils besten Provider herauspicken. - 10. Hypervertikalisierung:
Anbieter werden sich auf subvertikale Prozesse spezialisieren und branchenspezifisches Wissen aneignen.
Auch die herkömmlichen Beziehungsgeflechte zwischen Softwarehersteller und Servicepartner werden von neuen Netzwerken abgelöst: Data-Center-Betreiber und die klassischen Outsourcing-Anbieter werden Kooperationen mit SaaS-Anbietern anstreben. Heutige Systemintegratoren, so mahnt PAC, sollten sich um eigene SaaS-Lösungen für bestimmte Branchen, Nischen und Prozesse bemühen, denn geistiges Eigentum bewahre vor einem verzehrenden Wettbewerb in einem Markt mit austauschbaren Angeboten. "Wir erwarten einen Wandel der Service-Provider hin zu Solution-Providern", betont Holzhauser.
Der Trend zu standardisierten On-Demand-Diensten ist keine Zukunftsmusik. Bereits heute umfassen Auslagerungs-Deals in der Regel nutzungsabhängige Komponenten. T-Systems, erfolgreichster Outsourcer der vergangenen zwei Jahre, bedient beispielsweise 80 Prozent seiner SAP-Kunden mit Betriebsdiensten auf Basis einer Standardplattform.
Welche Auswirkungen das langfristig nach sich ziehen kann, lässt sich heute bereits im IaaS-Umfeld (Infrastructure-as-a-Service) beobachten. Neben den klassischen Anbietern wie T-Systems, HP und IBM vermieten auch Newcomer wie Amazon und Dropbox, Web-Hoster wie Strato und 1&1 sowie TK-Anbieter wie Orange und Vodafone virtuelle Server- und Speicherkapazitäten. "Alle Anbieter haben viel Geld für den Ausbau ihrer Data Center ausgegeben.
Keiner hat derzeit eine so hohe Auslastung, dass sich die Investitionen auszahlen", konstatiert Ridder: "Ich rechne mit einem erheblichen Preiskrieg." Solche Szenarien seien im SaaS- und BPaaS-Umfeld (Business-Process-as-a-Service) noch nicht absehbar, allerdings auch nicht ausgeschlossen.