Nach IBM-Vorbild

IT-Dienstleister Atos konkretisiert Aufspaltung

02.08.2023
Von 
Peter Sayer ist Korrespondent des IDG News Service.
Nach langer Suche verkauft Atos sein klassisches Geschäft mit Managed Infrastructure Services an einen Investmentfonds und firmiert in Eviden um.
Mit dem geplanten Verkauf gibt Atos auch seinen Namen ab.
Mit dem geplanten Verkauf gibt Atos auch seinen Namen ab.
Foto: T. Schneider - shutterstock.com

Mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky hat der französische IT-Dienstleister Atos nun einen Käufer für sein klassisches Outsourcing-Geschäft gefunden und bereitet sich auf eine Aufteilung zwischen schneller und langsamer wachsenden Aktivitäten im Stil von IBM vor.

Der jetzt bekannt gegebene Deal bedeutet das Ende des derzeitigen One-Stop-Shops für IT-Dienstleistungen, den Atos seinen Unternehmenskunden anbietet. Allerdings wird dadurch Kapital und Cashflow freigesetzt, um in modernere Aktivitäten wie digitale Transformation, intelligente digitale Plattformen, Cloud-Technologie, Cybersicherheit, High-Performance Computing und KI zu investieren.

IBM-Kyndryl-Aufspaltung als Vorbild

Die geplante Aufspaltung erinnert an IBM, das sein klassisches Geschäft mit Managed Infrastructure Services im November 2021 in ein neues Unternehmen, Kyndryl, ausgegliedert hatte, um ein schnelleres und profitableres Unternehmen zu werden, das sich auf moderne Technologien konzentriert.

Diese Strategie gefiel offenbar auch dem Management von Atos, einem großen europäischen Akteur auf dem IT-Dienstleistungsmarkt, dessen Geschichte fast genauso lang ist wie die von IBM. Im Juli 2022 kündigte Atos seinen eigenen Plan an, sich aufzuspalten und die weniger profitablen Geschäftsbereiche wie Rechenzentren und Hosting, Digital Workplace, Unified Communications und Collaboration (UCC) sowie das Outsourcing von Geschäftsprozessen auszugliedern.

Hatte Atos damals noch geplant, sich in zwei börsennotierte Unternehmen aufzuteilen, gaben die Franzosen am 1. August eine andere Strategie bekannt. Demnach steht das Unternehmen kurz davor, sein klassisches Geschäft, intern als Tech Foundations bekannt, an EP Equity Investment (EPEI) zu verkaufen. Dabei handelt es sich um eine in Luxemburg ansässige Firma, die vom tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky kontrolliert wird.

Es wird erwartet, dass EPEI 100 Millionen Euro für das vorläufig TFCo genannte Business zahlt, und 1,9 Milliarden Euro Schulden von Atos übernimmt. Insgesamt würde sich die Höhe des Deals somit auf etwa 2 Milliarden Euro belaufen.

Aus Atos wird Eviden

Kretinsky wird auch die Marke Atos übernehmen, an der die alte Business Unit exklusive Rechte hat. Die Muttergesellschaft nimmt unterdessen den Namen Eviden an, eine Variante der Marke Evidian, die bisher für ihre IT-Sicherheitsprodukte verwendet wurde.

Wie es weiter geht, ist ungewiss. EPEI hat wenig Erfahrung im Management von Technologieunternehmen. Am Nächsten kommt eine Beteiligung an der Bankengruppe Aareal Gruppe, die mit Aareaon eine Tochtergesellschaft für ERP-Software besitzt. Zu den weiteren Investitionen gehören Minderheitsbeteiligungen an nationalen Postdiensten, Supermarktketten, Geschäften für Unterhaltungselektronik und einem französischen Fernsehsender.

Atos sucht nach einer sauberen Trennung zwischen den beiden Unternehmenshälften und hat das letzte Jahr damit verbracht, Mitarbeiter dem einen oder dem anderen Teil zuzuweisen. "Heute gibt es keine Synergien zwischen den beiden Geschäftsbereichen", erklärte entsprechend auch Nourdine Bihmane, der für Tech Foundations zuständige Co-CEO von Atos, in einer Telefonkonferenz, in der der EPEI-Deal diskutiert wurde. "Wir können durch unseren Fokus auf die attraktivsten Märkte eine Menge Wert schaffen".

Sinkende Marktanteile erwartet

Philippe Oliva, der für Eviden zuständige Co-CEO von Atos, geht wiederum davon aus, dass der Umatz bis 2026 jährlich um 7 Prozent steigen wird. Das ist ehrgeizig, wenn man die jüngste Entwicklung von Eviden bedenkt, angesichts einer viel höheren Wachstumsrate von 11,7 Prozent für den gesamten adressierbaren Markt aber etwas enttäuschend. Oliva rechnet also damit, unter dem Strich Marktanteile zu verlieren.

Allerdings lief es auch die vergangenen Monate eher durchwachsen, wie die Finanzergebnisse von Atos für das erste Halbjahr 2023 zeigen. So belief sich der Umsatz von Tech Foundations auf 2,92 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum (3,02 Milliarden Euro) entspricht. Dagegen erzielte Eviden mit einem Umsatz von 2,63 Milliarden Euro ein leichtes Plus von 3,5 Prozent. Eviden hatte auch die gesündere operative Marge, nämlich 5,3 Prozent im Vergleich zu 2,5 Prozent bei Tech Foundations.

Insgesamt blieb der Umsatz des Unternehmens im ersten Halbjahr mit 5,55 Milliarden Euro fast unverändert; der Nettoverlust stieg leicht auf 600 Millionen Euro, verglichen mit 503 Millionen Euro im Vorjahr.

Nächste Schritte bis zur Aufspaltung

Atos braucht noch die Zustimmung der Aktionäre für den Verkauf der TFCo an EPEI. Das Unternehmen will dazu im vierten Quartal 2023 eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen. Außerdem müssen noch Banken und Aufsichtsbehörden dem Deal zustimmen - das soll voraussichtlich Anfang 2024 erfolgen. Erst dann kann Eviden neue Aktien ausgeben, um sich Kapital für den Ausbau seines Geschäfts zu beschaffen. (mb)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der US-Schwesterpublikation CIO.com.