Business-Software

Ist SOA für den Mittelstand geeignet?

01.10.2008
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Die COMPUTERWOCHE wollte wissen, ob und wie der Mittelstand Service-orientierte Architekturen nutzt und befragte hierzu Hersteller. Wolfgang Kuhl, CIO von Pharmaserv, kommentiert die Aussagen der Softwarefirmen.

Softwarehäuser, die SOA-fähige Produkte anbieten, wollen nicht nur Konzerne von deren Vorzügen überzeugen, sondern auch mittelständische Firmen. Doch die Argumente müssen wohl überlegt sein: Einerseits verlangen Betriebe dieser Größe nach flexibler Unternehmenssoftware, andererseits fehlt ihnen oft das nötige Geld und genügend Personal, um SOA-Umgebungen in Eigenregie zu gestalten und zu betreiben.

Wie Softwareanbieter den Markt für SOA im Mittelstand einschätzen und wie sie den Unternehmen die Vorteile der Service-Orientierung schmackhaft machen, hat die COMPUTERWOCHE in einer Befragung herausgefunden, an der sich zwölf Hersteller beteiligt haben. Die zusammengefassten Ausführungen kommentierte Wolfgang Kuhl, Leiter Information & Communication Solutions bei Pharmaserv. Das mittelständische Unternehmen nutzt in der eigenen IT-Landschaft Web-Services-Technik. Mit 350 Mitarbeitern betreibt die Firma den Pharma- und Biotechnologiestandort Behringwerke in Marburg und betreut bundesweit Kunden der Prozessindustrie mit technischen Services.

Warum soll sich der Mittelstand mit SOA beschäftigen?

Fast alle Hersteller sehen hier die Integration als wichtigstes Argument. Mit Hilfe von SOA-Technik könnten Firmen nach Überzeugung des ERP-Spezialisten Proalpha aus Weilerbach die wachsende Zahl an unterschiedlichen IT-Systemen in den Griff bekommen. Über einen Enterprise Service Bus (ESB) und Web-Services ließen sich verschiedene Softwareprodukte miteinander verbinden.

Die Überwindung der Schnittstellenprobleme nennt auch der ERP-Anbieter AP AG mit Sitz in Karlsruhe als Beweggrund für den Mittelstand, sich mit SOA auseinanderzusetzen.

Der Infrastrukturspezialist Tibco Software aus Frankfurt/M und der IT-Konzern Sun Microsystems, München, sehen die heterogene IT-Landschaft, die es sowohl in mittelständischen als auch in großen Unternehmen gebe, als Anlass, sich SOA-Themen zuzuwenden. Ins gleiche Horn stößt die Software AG aus Darmstadt, die gleichzeitig als Motivation für SOA die Wiederverwendbarkeit von Softwaremodulen nennt.

Progress Software, ein Anbieter unter anderem von SOA-Infrastruktursoftware aus Köln, rät dem Mittelstand, sich schon heute mit SOA zu beschäftigen, da sich die IT-Infrastruktur evolutionär in diese Richtung bewege. Ihr Interesse würde darüber hinaus den Softwarehäusern signalisieren, dass sie ihre Produkte öffnen, modularisieren und mit Standardschnittstellen versehen müssen.

Bei Microsoft verweist man auf die Besonderheit des SOA-Ansatzes, IT-Systeme an den betriebswirtschaftlichen Abläufen auszurichten. Firmen sollten sich dagegen nicht der technischen Feinheiten wegen mit SOA auseinander setzen.

Der ERP-Anbieter Godesys aus Mainz vertritt die Meinung, der Mittelstand solle sich mit den Vorteilen von SOA beschäftigen, um bei Softwareentscheidungen besser gerüstet zu sein. Ansonsten obliege es der Softwareindustrie, SOA-Technik dem Kunden über Lösungen zu liefern. Dies unterstreicht auch die SoftM AG, ERP-Hersteller aus München. Mittelständler wollten keine eigene IT-Architektur konzipieren, sondern sie mit dem Kauf einer Business-Software erwerben.

Da sich die Industrie ohnehin Richtung SOA bewege, würde sich aus Sicht des in Bonn beheimateten Infrastrukturherstellers Sopera die Frage erübrigen, ob Firmen SOAs betreiben oder nicht. Noch spiele SOA im Mittelstand kaum eine Rolle, doch könne der Ansatz diesen Firmen helfen, ihre komplexen Lieferketten leichter einzubinden.

Für Sage Bäurer aus Villingen, ebenfalls ein ERP-Hersteller, stehen die Chancen zur Prozessautomatisierung und -rationalisierung im Vordergrund. Mit flexibler Software könne der Mittelstand sich leichter im Wettbewerb behaupten. Dieses Argument führt auch der Konkurrent Infor Global Solutions aus München an.

Kommentar von Wolfgang Kuhl, Pharmaserv:

"Es fällt auf, dass neben Allgemeinplätzen (größer, besser, weiter) von vielen (nicht allen) Anbietern die Integration als wichtigstes Entscheidungskriterium genannt wird. Aus meiner Sicht sind wir damit aber beim guten alten Enterprise Application Integration (EAI) und die betreffenden Hersteller sollten sich dann auch als EAI-Anbieter positionieren - die Begriffsverwirrung ist auch so schon groß genug und trägt nicht dazu bei, dass Mittelständler innovative Konzepte umsetzen."