Bewegung im deutschen ERP-Markt

Investoren übernehmen Oxaion

04.05.2015
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die Investoren von WHEB kaufen eine Mehrheit am deutschen ERP-Anbieter Oxaion. Softwarehersteller wie Investoren hoffen, die Entwicklung und das Wachstum des Geschäfts mit einer Finanzspritze forcieren zu können.

Die Investorengruppe WHEB Partners übernimmt mit 51 Prozent einen Mehrheitsanteil am deutschen ERP-Traditionsanbieter Oxaion, bis dato eine Tochter der Command AG. Die Verantwortlichen des Softwarehauses aus Ettlingen, das seit über 35 Jahren am Markt aktiv ist, begrüßten diesen Schritt. Die Neuausrichtung biete die Chance, sich besser am nationalen und internationalen Markt zu positionieren, hieß es in einer offiziellen Mitteilung.

Florian Strehle, Partner WHEB: "Mittel- bis langfristig wollen wir am Standort Deutschland eine leistungsfähige IT-Group etablieren. Mit der Beteiligung an der Oxaion AG ist uns ein perfekter Start geglückt."
Florian Strehle, Partner WHEB: "Mittel- bis langfristig wollen wir am Standort Deutschland eine leistungsfähige IT-Group etablieren. Mit der Beteiligung an der Oxaion AG ist uns ein perfekter Start geglückt."
Foto: WHEB

Für die Kunden werde sich nichts verändern, verspricht Uwe Kutschenreiter, Vorstand der Oxaion AG, der gemeinsam mit seinem Kollegen Dieter Eisele auch in Zukunft die Geschicke des Softwareanbieters leiten wird. "Für unsere über 300 Mittelstandskunden bleibt alles so wie bisher: Wir sind und bleiben Ansprechpartner für den gesamten operativen Bereich", so Kutschenreiter. Selbstverständlich halte man auch weiterhin an vertraglichen Zusagen fest, nämlich die Software garantiert weiterzuentwickeln und zu warten.

ERP als Schaltzentrale für Industrie 4.0

Der Oxaion-Vorstand geht davon aus, mit dem neuen Investor im Rücken die Expansion des ERP-Geschäfts vorantreiben zu können. In der Weiterentwicklung der Mittelstandslösung werde man sich künftig auf Zukunftsthemen im Kontext von Industrie 4.0 sowie Mobilität und Usability konzentrieren. Gerade hinsichtlich der zunehmenden Digitalisierung in der Produktion sieht der Oxaion-Vorstand viel Potenzial. An dieser Stelle könnten sich die ERP-Systeme zu wichtigen Schaltzentralen in den Anwenderunternehmen entwickeln. "Ferner werden wir mit WHEB als Investor unsere Wachstumsanstrengungen weiter verstärken und auch wieder mehr Neukunden gewinnen", sagte Kutschenreiter. Mit dem Ausbau der nationalen und internationalen Wettbewerbsfähigkeit und der daraus resultierenden Erweiterung der Kundenbasis erhielten zudem die Bestandskunden eine größere Investitionssicherheit, so der Oxaion-Vorstand.

WHEB wolle Oxaion strategisch zur Seite stehen und Wachstumsimpulse geben, erläuterte Florian Strehle, Partner bei WHEB, die künftige Rolle des Investors bei dem ERP-Hersteller. "Ich gehe jetzt aber nicht hin und erkläre dem Vorstand, wie er sein Geschäft machen soll." Wachstumschancen sieht der Investor unter anderem auch darin, die Softwareprodukte weiterzuentwickeln. Eine Internationalisierung, bei der sich in der Vergangenheit schon so mancher deutsche ERP-Anbieter überhoben hatte, soll dagegen nicht um jeden Preis forciert werden. Wenn dies keinen Sinn gebe, werde man davon die Finger lassen, so Strehle.

Uwe Kutschenreiter, Vorstand Oxaion: "Für unsere über 300 Mittelstandskunden bleibt alles so wie bisher: Wir sind und bleiben Ansprechpartner für den gesamten operativen Bereich."
Uwe Kutschenreiter, Vorstand Oxaion: "Für unsere über 300 Mittelstandskunden bleibt alles so wie bisher: Wir sind und bleiben Ansprechpartner für den gesamten operativen Bereich."
Foto: Oxaion

Fokus auf Marketing und Vertrieb

Kutschenreiter sieht durchaus seine Chance im Markt. Oxaion habe zwar ein gutes Produkt, doch der Bekanntheitsgrad im Markt sei unterrepräsentiert, räumte der Vorstand ein. "Wir haben in den vergangenen Jahren viel Geld in die Entwicklung der Software gesteckt." Das habe Kraft gekostet, weshalb andere Aspekte wie Vertrieb und Marketing oft auf der Strecke geblieben seien. Mit WHEB habe man nun einen Investor mit an Bord, der wisse, dass man neben der Produktentwicklung auch in Vertrieb und Marketing investieren müsse, um die Marke Oxaion bekannter zu machen.

Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, draußen im Markt mehr für die Oxaion-Produkte zu trommeln, bekräftigte auch Strehle. In den zurückliegenden Jahren habe sich der Hersteller vorrangig um die Entwicklung der neuen Releases gekümmert. Nun müsse es darum gehen, im Markt zu zeigen, was hier erarbeitet wurde. Eine wichtige Rolle soll dabei der neue Aufsichtsratsvorsitzende Martin Tantow spielen, von dem die Oxaion-Lenker in erster Linie neue Impulse für das Marketing und den Vertrieb erwarten. An dieser Stelle sollen bereits in den kommenden Wochen erste Maßnahmen angestoßen werden, hieß es.

Die Pläne von WHEB Partners gehen indes über die Beteiligung an Oxaion noch weiter hinaus. "Mittel- bis langfristig wollen wir am Standort Deutschland eine leistungsfähige IT-Group etablieren", kündigte Strehle an. "Mit der Beteiligung an der Oxaion AG ist uns ein perfekter Start geglückt." Man habe den deutschen Softwaremarkt eingehend sondiert und sei vom Innovationspotenzial des Ettlinger Unternehmens restlos überzeugt, so Strehle. Welche weiteren Schritte die Investoren beim Aufbau ihrer IT-Group ins Auge gefasst haben, ist noch nicht bekannt. Strehle betont indes, dass man die möglichen nächsten Zukäufe mit Augenmaß angehen wolle. "Außerdem muss es passen." Das ERP-System sieht der Investor als Herzstück, um das man weitere Softwaresysteme arrondieren könne.

ERP-Umbau für Industrie 4.0 ist aufwendig

Auf dem Weg in die Industrie-4.0-Zukunft gehe es um Produktinnovationen - vor allem im ­Bereich betriebswirtschaftlicher Software -, lautet die Einschätzung der Investoren. Dabei ständen Aspekte wie Usability, Mobilität und Verfügbarkeit im Vordergrund. WHEB glaubt offenbar, dass der deutsche IT-Anbietermarkt hier eine führende Rolle einnehmen könne.

Doch dafür braucht es Investitionen: Anlässlich der Bilanz für das Geschäftsjahr 2013/14 sprach Kutschenreiter im August 2014 von hohen Aufwendungen für die Weiterentwicklung der eigenen ERP-Lösung. Außerdem machte er keinen Hehl daraus, dass einzelne Geschäftsziele nicht erreicht werden konnten. Beispielsweise hätten sich die Hoffnungen auf zusätzliche Umsätze im Automotive-Umfeld nicht erfüllt. Doch das kann sich in der neuen Konstellation mit dem Investor an Bord ja ändern.

Oxaion

Gegründet: 1978 (2003 als ehemalige Business Unit aus der Command AG hervorgegangen).

Sitz: Ettlingen.

Mitarbeiter: 130.

Produkte: ERP-Software für Mittelständler aus Industrie und Großhandel.

Umsatz 2013/14: 11,1 Millionen Euro (2012/13: 11,1 Millionen Euro).

WHEB Partners

Sitze: London, München.

Kapitalbeteiligungsgesellschaft mit vier Partnern.

Fokus: Gründung einer ­zukunftsfähigen IT-Group.