Datenbankanbindung an das Web (Teil 6)

Intrabuilder unterstützt User von Borland-Tools

09.01.1998

Borland stützt sich beim Intrabuilder auf die klassische dreistufige Architektur des WWW. Die Hauptrolle dabei spielt der "Intrabuilder Server". Der Applikations-Server bildet das Bindeglied zwischen dem Web-Server und der Datenbank. Er interpretiert und überprüft Anfragen, die von Browsern über den Web-Server an ihn gelangen, und leitet sie an die Datenbank weiter. Die Ergebnisse von SQL-Abfragen bereitet er im HTML-Format auf und schickt sie über den HTTP-Server an die Web-Clients zurück (siehe Grafik). Der Applikations-Server unterstützt sowohl das Common Gateway Interface (CGI) als auch die proprietären Programmier-Schnittstellen von Microsoft (ISAPI) und Netscape (NSAPI). Deren Stärke liegt in ihrer Leistungsfähigkeit und dem im Vergleich zu CGI geringeren Ressourcenbedarf. Unter Windows NT läßt sich der Applikations-Server als Dienst starten.

Der Intrabuilder Server ist aber nicht nur vermittelnde Instanz, er beherbergt vor allem auch die Anwendungslogik. Diese können Entwickler in Javascript schreiben und dort ablegen. Borland erweiterte die von Netscape eingeführte Scriptsprache um eine Reihe von zusätzlichen Objekten und Methoden. Um die Programmausführung von interpretierten Sprachen wie Javascript zu beschleunigen, liefert Borland einen Just-in-time-(JIT-)Compiler mit, der den Quelltext in einen schnelleren, maschinennahen Zwischencode übersetzt.

Viele Entwickler dürften froh darüber sein, daß sich Borland für Javascript entschieden hat. So müssen sie nämlich nicht erst eine neue, proprietäre Programmiersprache erlernen, wie es beispielsweise bei Allaires "Cold Fusion" (siehe CW Nr. 45 vom 7. November 1997, Seite 23) der Fall ist. Intrabuilder setzt keinen Javascript-fähigen Browser voraus, kann aber automatisch Programmcode auf einen solchen auslagern.

Außerdem kümmert sich der Anwendungs-Server um ein effektives Session-Management. Dies ist notwendig, weil das im World Wide Web (WWW) benutzte Hypertext Transfer Protocol (HTTP) keine dauerhaften Verbindungen zum Client zuläßt.

Bei jeder Anfrage an die Datenbank eine Logon- und Logoff-Operation vorzunehmen ist ge- rade unter hoher Arbeitslast zu kostspielig. Der Intrabuilder Server löst diese Schwierigkeit mit globalen Variablen. Indem er für jede neue Session einen eindeutigen Schlüssel vergibt, können Verbindungen auch über mehrere Anfragen hinweg geöffnet bleiben.

Für die Anbindung des Servers an Datenbanken ist die zum Lieferumfang gehörende "Borland Database Engine" (BDE) zuständig. Allerdings verlangt die BDE dem Entwickler bei der Open-Database-Connectivity-(ODBC-) Konfiguration mehr ab als vergleichbare Produkte.

Zur Anwendungsentwicklung beinhaltet Intrabuilder die integrierte Entwicklungsumgebung "Intrabuilder Designer", die Module für das GUI-Design, das Erstellen von Datenbanktabellen und einen Query-Builder umfaßt. Sie ist als Rapid-Application-Development-(RAD-)Tool konzipiert und verschont so den Entwickler weitgehend von manueller Programmierung. Der Designer kommt besonders all denen entgegen, die bereits mit Borland-Produkten vertraut sind. Über sogenannte Experten werden zu Beginn alle Eckdaten einer Applikation festgelegt. Der Programmierer kann diese Experten aber auch später während der Entwicklung konsultieren.

Muß eine Anwendung von Grund auf neu geschrieben werden, so hilft der "Visual Table Builder" (VTB) dabei, Datenbanktabellen direkt aus der Entwicklungsumgebung zu erzeugen. Zwar werden nur die hauseigenen Dbase- und Paradox-Formate unterstützt, aber innerhalb dieses Tools lassen sich so elementare Datenbankoperationen erledigen wie beispielsweise das Anlegen von Primärschlüsseln in einer Tabelle oder das Erzeugen von Indizes über einer Spalte.

Für die anschließende Einrichtung der Benutzer-Schnittstellen steht der "Visual Form Builder" (VFB) zur Verfügung. Mit seiner Hilfe kann der Anwender Suchformulare und die Ergebnisausgabe entsprechend seiner Datenquelle modellieren. Innerhalb dieses GUI-Builders lassen sich mit der Maus beliebige Seitenelemente zusammenstellen, die gleichzeitig im WYSIWYG-Modus und als Javascript-Code vorliegen. Borland nennt diese Anordnung "Two Way Tool", weil sich Änderungen im Code dynamisch auf die grafische Darstellung auswirken und umgekehrt. Über einen Attribute-Inspektor lassen sich die Eigenschaften der Seite nach Belieben verändern.

Störend bemerkbar macht sich das Fehlen eines Debuggers. Das "Script Pad" zum Austesten von Codefragmenten ist nur ein schwacher Ersatz. Defizite hat das Borland-Produkt außerdem bei Workgroup-Funktionen.

Wer mit der Abfragesprache SQL nicht vertraut ist, dem sollte der "Visual Query Builder" (VQB) weiterhelfen. Im Point-and-click Verfahren stellt der Anwender aus den angezeigten Tabellen einer Datenbank die Spalten zusammen, die für seine Anfrage relevant sind. Der entstandene SQL-Code wird in einer separaten Datei abgespeichert und kann in einem Suchformular hinterlegt werden.

Borlands Intrabuilder ist in drei Versionen erhältlich. Mit dem Einsteiger-Paket "Intrabuilder Standard" (259 Mark) lassen sich vor allem im Intranet kleinere Anwendungen schnell realisieren. Es unterstützt nur Desktop-Datenbanken wie Microsofts "Access" oder Borlands "Dbase". Bei der "Professional"-Ausgabe (959 Mark) kommen Netscapes Web-Server "Fast Track" sowie Treiber für Borlands hauseigene Datenbank "Interbase" und Microsofts "SQL Server" hinzu. Für größere Anwendungen empfiehlt sich das "Client-Server"-Paket, das mit 3599 Mark zu Buche schlägt. Diese Variante unterstützt alle gängigen Datenbanksysteme mit nativen Treibern, darunter beispielsweise die von Oracle, Sybase, Informix und IBMs DB2. Außerdem lassen sich damit mehrere Instanzen des Anwendungs-Servers auf entfernte Rechner verteilen. Eine genaue Übersicht der Produktvarianten findet sich unter http://www.borland.com/intrabuilder/intbprev/sku.html.

Intrabuilder läuft nur unter Windows 95 und NT. Borland will zwar vom Image der Win- dows-PC-Company wegkommen, die für Intrabuilder schon lange geplante Unix-Unterstützung ist aber nicht in Sicht. Sie wäre einer über mehrere PCs verteilten NT-Anwendung vorzuziehen, wenn hohe Leistungsanforderungen auftreten.

*Thomas Nitsche arbeitet als freier Autor in München (nitscheqcis.uni-muenchen.de).