Interview

Interview "SGI ist kein Consumer-Unternehmen"

20.03.1998

CW: SGI hat sich in den letzten Jahren nicht gerade durch eine klare Fokussierung auf bestimmte Märkte hervorgetan.

Belluzzo: Lassen Sie mich unsere Linie deutlich machen: Wir besitzen immer da einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil, wo Anwender Systeme benötigen, die auf die Verarbeitung eines extrem hohen Datenaufkommens zugeschnitten sind; die einen hohen Datendurchsatz und große Bandbreiten garantieren.Computersysteme, die also beispielsweise in der Lage sind, im Media-Geschäft zu bestehen, in dem bekanntlich extrem große Datenmengen anfallen.Visualisierungsaufgaben sind ergo genauso unsere Spezialität.

CW: Stimmt es, daß Sie nun weniger Gewicht auf Server für technisch-wissenschaftliche Anwendungen legen und statt dessen Server für den kommerziellen Bereich anbieten wollen?

Belluzzo: Wir sind führend bei technisch-wissenschaftlichen Anwendungen.Das wird auch so bleiben.Um aber zu wachsen, müssen wir herausfinden, wo unsere Lösungen auch im kommerziellen Bereich eingesetzt werden können.Nach unserem Dafürhalten dürften das etwa Anwendungen sein, die zeitkritisch sind oder deren Inhalte sich aus einem Medienmix zusammensetzen.Das können auch Systeme zur Entscheidungsunterstützung oder Web-Anwendungen sein.

CW: Sie sind ein ehemaliger Hewlett-Packard-Manager.Wie HP versucht nun auch SGI, auf den NT-Zug aufzuspringen.

Belluzzo: Als sich HP auch für NT stark machte, dachte jeder, das Unternehmen wende sich von Unix ab.Das war nicht der Fall.Unglücklicherweise hatten wir bei HP just zu dem Zeitpunkt auch noch Probleme mit einigen unserer Unix-Produkte.SGIs Position zu NT und Unix ist einfach: In den Bereichen, die NT bedient, werden auch wir Angebote machen.Wir werden also für Desktop-Lösungen etwas vorzuweisen haben.Wir können aber beispielsweise unser Visualisierungs-Know-how aus dem Unix- auch im NT-Umfeld anbringen.

CW: Seit Anfang 1998 arbeitet SGI mit Microsoft zusammen in dem "Fahrenheit"-Projekt.Kern der Kooperation ist, daß SGI sein Visualisierungs-Know-how einem breiteren Markt öffnet.Ist das nicht ein Risiko?

Belluzzo: Sicher ist das auch ein Risiko.Aber um zu überleben, müssen wir uns breitere Käuferschichten erarbeiten.Darauf zielt unsere Zusammenarbeit mit Microsoft: Visualisierungs-Werkzeuge mit Schnittstellen auszustatten, um diese auch in der Windows-Welt zu nutzen.

CW: Die Geschichte zeigt, daß Firmen die Zusammenarbeit mit Microsoft oft nicht besonders gut bekommen ist...

Belluzzo: Ein Risiko besteht immer.Man muß eben aus einer Position der Stärke verhandeln.Außerdem ist es nicht besonders sinnvoll, wenn man seine proprietäre Technologie abzuschotten versucht.

CW: Hartnäckig hält sich das Gerücht, SGI wolle sich von seiner Prozessorschmiede, der Mips Technology Inc., trennen.Stimmt das?

Belluzzo: Zweierlei hierzu: Mips entwickelt einerseits Prozessoren.Es engagiert sich aber auch im Consumer-Bereich, also bei Embedded-Anwendungen. Wie ich vorhin sagte, wollen wir uns auf bestimmte Marktsegmente aus dem Hochleistungs-Computing konzentrieren.Und wir fragen uns diesbezüglich eben, ob da die Entwicklung von Chips für den Nintendo-Markt hineinpaßt.Deshalb überlegen wir, ob wir diesen Teil des Mips-Geschäfts nicht auslagern, ein Spin-off lancieren sollen.Wir sind keine Consumer-Company.

CW: Stimmt es, daß SGI aufgrund schlechter Geschäftsergebnisse zum Verkauf steht?Der Name Eastman Kodak fiel in diesem Zusammenhang...

Belluzzo: Seien Sie beruhigt: Wir haben soviel Cash, daß wir gar nicht wissen, wohin damit.Gut, wir sind natürlich mit unseren Zahlen nicht glücklich.Wir müssen wachsen, und wir müssen wieder profitabel werden.Wenn wir Teile von SGI verkaufen, dann deshalb, weil wir uns wieder auf unsere Kernkompetenzen besinnen wollen.Wir haben in der Vergangenheit einige Zukäufe gemacht, die uns von unseren Stärken abgelenkt haben.Wenn wir also etwas verkaufen sollten, dann nicht deshalb, um Geld in die Kasse zu bekommen, sondern nur, um uns mehr zu fokussieren.Im Moment arbeiten wir jedenfalls nicht an Verkäufen.Wir werden SGI nicht verkaufen.Woher die Gerüchte zu Eastman Kodak kommen, weiß ich nicht.Ich kann da auch nichts zu sagen.