Anwendungen im Vordergrund

Internet-Technik für Microsoft-Produkte

21.06.1996

Die strategische Ausrichtung von Microsoft läßt sich in einem Satz zusammenfassen: In alle Produkte des Hauses sollen Internet- Techniken integriert und dabei die Arbeit mit dem Netz der Netze vereinfacht werden. Nach dem verschlafenen Start hat Bill Gates sichtlich einen großen Teil der personellen Kapazitäten seiner Firma auf das aktuelle Thema Nummer eins der Branche konzentriert.

"Intranets werden in den nächsten Jahren eine unmittelbare und dramatische Auswirkung auf das Geschäft haben", erklärte Gates. Damit meinte er wohl auch das eigene Business. Professionelle Anwender, die Internet-Technik für unternehmensweite Intranet-DV nutzen wollen, sollen auch in Zukunft entsprechend erweiterte Microsoft-Produkte verwenden.

"Das Beste vom Web plus das Beste vom PC"

Microsoft wolle, so der aus Redmond nach München angereiste Senior Vice-President Brad Silverberg, für die Anwender "das Beste vom Web plus das Beste vom PC" zusammenfassen. Dieses bedeute einerseits, neue Techniken wie das Web-Seitenformat Hypertext Markup Language (HTML) und Microsofts Variante "Jakarta" von Suns Internet-Programmiersprache Java verfügbar zu machen. Andererseits möchte Microsoft Investitionen im PC-Bereich gesichert sehen. Das Ergebnis solle der "Simple Interactive PC", kurz SIPC, sein.

Die Betriebssysteme NT Server und NT Workstation sowie Windows 95 werden noch in diesem Jahr Internet-Add-ons erhalten. Eine völlige Integration solcher auf einfache Nutzung von Internet-Technik zielender Erweiterungen in die Basissysteme soll dann ab 1997 mit ihren umfassenden Neufassungen "Cairo" beziehungsweise "Memphis" erfolgen.

Die nächste Version von Windows NT Server wird - angekündigt für das dritte Quartal 1996 - folglich einen "content indexing and search server" enthalten, der unter dem Codenamen "Tripoli" derzeit in der Betaphase ist. Er soll es ermöglichen, Informationen im Web deutlich leichter zu finden. Zugleich wird NT Server mit "Frontpage" ein Tool für die Gestaltung und Pflege von Web-Seiten aufweisen.

Im Netz möchte Microsoft eine Erweiterung des Protokolls "Network File Service" aus den Windows-Systemen zum Standard machen. Das Protokoll "Common Internet File System" (CIFS) gestattet direkten Schreib- und Lesezugriff auf Dateien in entfernten Computern, also ohne Downloads der Dateien. Data General, Digital, Intel, Intergraph und natürlich der Mitentwickler Network Appliance haben Microsoft für diese Initiative ihre Unterstützung zugesagt.

Internet-Orientierung will Microsoft auch bei seinem erfolgreichen Büropaket von Standardapplikationen bieten. Zu "Office 97" wird ab Ende dieses Jahres "Outlook" gehören. Dies ist ein "Desktop Information Manager", so Christoph Bischoff, Manager für Office- Produkte bei der Microsoft GmbH, der "ein einziges Fester zu Ihrer Welt von Informationen" öffnen soll. Auch beim Zusatz "Outlook" geht es darum, Internet-Informationen unabhängig von ihrem Format einfach abrufen und verknüpfen zu können.

Um auch für das Shopping im Internet eigene Produkte zu haben, hat Microsoft selbst eingekauft, nämlich die Firma E-Shop Inc. Deren Software "Plaza" wird Unternehmensangaben zufolge in eine geplante Microsoft-Applikation "Merchant" einfließen. Dies soll nicht nur ein HTML-basierter elektronischer Einkaufskorb sein, sondern auch ein Mittel, um Internet-Märkte aufzubauen und einen sicheren Zahlungsverkehr zu ermöglichen.