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Intel erneuert Plattform für Dual-Prozessor-Server

02.08.2004
Intels "Nocona"-Xeon-DP gibt es jetzt auch mit Chipsets für Zwei-Wege-Server. Eine Alternative zu AMDs Opteron ist das aber weniger - dazu müsste der Chipriese sein Systemdesign grundlegend ändern.

Intel kündigt heute die Server-Varianten der auf 64 Bit erweiterten "Nocona"-Xeon-Prozessoren samt korrespondierenden Chipsets an. Diese hätte der Hersteller vermutlich auch schon vor einem Monat zeitgleich mit der Workstation-Variante präsentieren können. So aber hatten die Server-Hersteller mehr Zeit, ihre neuen Systeme zu zertifizieren - und Intel hat auf der LinuxWorld-Kongressmesse in San Francisco etwas anzukündigen.

Wie schon bei früheren "Xeon-DP"-Varianten sind die CPUs für Workstations und Server vollkommen identisch. Die in 90-Nanometer-Technik gefertigten Nocona-Prozessoren sind mit Taktraten von 2,8 bis 3,6 Gigahertz erhältlich und mit 1 MB On-Chip-Level-3-Cache bestückt. Sie arbeiten mit einem 800 Megahertz schnellen Frontside-Bus und verwenden den auf 64 Bit erweiterten Befehlssatz ("EM64T"), den Intel in den "Prescott"-Prozessorkern integriert hatte, auf dem auch die kommenden "Xeon-MP"-Prozessoren "Cranford" und "Potomac" aufbauen. In den üblichen 1000er-Kontingenten kosten sie zwischen 209 und 455 Dollar.

Die Chipsets aktivieren allerdings je nach Verwendung in Workstation oder Server unterschiedliche Features. Der "Tumwater"-Chipsatz für Workstations brachte unter anderem verbesserte Grafikfunktionen. Die heute präsentierten "Lindenhurst"-Ergänzungchips "E7520" (fünf Peripherie-Steckplätze) und "E7320" ("Lindenhurst VS", drei Peripherie-Slots) bieten als Schlüsselfunktion eine Abart der ursprünglich für Notebook-Prozessoren entwickelten Stromspartechnik "Speedstep". "Demand Based Switching" versetzt einen Server automatisch in einen energiesparenderen Modus, wenn das System nicht voll ausgelastet ist.

Weitere Lindenhurst-Neuerungen sind Unterstützung für PCI-Express-Peripherie (der Umstieg von PCI (X) wird sich nach Einschätzung des Herstellers allerdings über Jahre hinziehen) und DDR2-Arbeitsspeicher mit 400 Megahertz Taktfrequenz. Der integrierte Disk-Controller unterstützt Datenspiegelung über RAID 1. Überdies erlauben die Chipsets die Reservehaltung von Hauptspeichermodulen, Arbeitsspeicher-Datenspiegelung sowie das Failover von Dual-Channel-Speicher-Controllern auf Single-Channel bei einem Ausfall.

Ein typischer Zwei-Wege-Server mit der älteren "Prestonia"-Generation des Xeon-DP mit 3,2 Gigahertz genehmigt sich laut Intel etwa 200 Watt Leistungsaufnahme. Ein Nocona-System mit 3,6 Gigahertz braucht nur rund 140 Watt - der geringere Stromverbrauch und entsprechend weniger Abwärme sind vor allem in High-Density-Umgebungen im Rechenzentrum interessant. Leistungsmäßig soll ein Nocona-Server mit 3,6 Gigahertz etwa 30 Prozent mehr bringen als der Prestonia-Vorgänger mit 3,2 Gigahertz - bei manchen Einsatzfeldern, etwa bei Web-Workloads noch deutlich mehr (54 Prozent laut Webbench-Test). Diese Vergleichswerte beziehen sich auf den 32-Bit-Betrieb.

Die 64-Bit-Erweiterungen bei Adressbus und Registern können vorerst nur die Linux-Distributionen von Red Hat und Novell/Suse ausnutzen. Microsoft hingegen hat sein 64-Bit-Windows gerade auf das kommende Jahr verschoben. Was Intel relativ kalt lässt. "Wir haben mit so etwas gerechnet, das wird sich aber [auf die Verkäufe] nur minimal auswirken", schätzt Adam Martin, Enteprise Marketing Manager EMEA. Die wenigsten Kunden würden schlagartig auf 64-Bit-Technik wechseln - ohnehin muss die meiste Software noch entsprechend erweitert beziehungsweise portiert werden.

Letzten Endes ist der Nocona aber nur ein Xeon-Killer, kein "Opteron"-Killer. Von Feinheiten der Chiparchitektur abgesehen, liegen die gravierenden Unterschiede beim System-Design. An AMDs nahtloseres I/O-System beispielweise kann Intel nicht heranreichen - die Prozessoren in einem Opteron-Server unterhalten sich via "Hypertransport" direkt miteinander und nicht auf dem Umweg über Silizium-Vermittler, die Intels Design erfordert. In gleicher Weise sind die Opteron-Prozessoren auch direkt mit dem Speicher verbunden. Die Memory-Bandbreite skaliert bei AMDs Systemen mit der Anzahl der Prozessoren, bei Nocona bleibt sie statisch. Ein echtes 64-Bit-System - siehe Itanium, AMD und Apple - braucht eine neue Systemarchitektur, nicht einen neuen Prozessor.

Die meisten großen Server-Anbieter werden nichtsdestotrotz heute Nocona-basierende Maschinen vorstellen. Dabei kommt ihnen allerdings gleich wieder ein Problem in die Quere (dies scheint wahrlich nicht Intels technisch bestes Jahr zu sein): Der Speicher-Controller des Lindenhurst (VS) kann Systemhänger verursachen, wenn über PCI Express Multifunktionsgeräte eingesetzt werden, beispielsweise Netzadapter mit mehreren Ports. "Die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, ist sehr gering", erklärte Kevin Krewell, Chefredakteur des Insider-Blatts "Microprocessor Report". "Und der Workaround ist, PCI Express nicht zu verwenden." Der Tumwater-Chipsatz ("E7525") ist von dem Problem gleichfalls betroffen. (tc)