Überbleibsel aus der Pionierzeit des PC werden überleben

Integrierte Pakete: Ideal für Einsteiger und Kleinbetriebe

27.11.1992

In der Pionierzeit des PC verhalfen die integrierten Pakete mit einheitlicher Benutzeroberfläche dem neuen Arbeitsgerät zu breiter Akzeptanz. In Großbetrieben wurden sie mittlerweile durch, Windows überflüssig gemacht, für kleine Unternehmen und Einsteiger sind sie aber nach wie vor attraktiv.

*Helga Schmidt ist freie Journalistin in München.

Als der Personal Computer noch nicht in fast jedem Büro und in kaum einem Arbeitszimmer stand, konfrontierte jedes neue Pro- gramm den Anwender mit eigenen Befehlen, die meist auch noch durch nicht einsichtige und kaum zu merkende Kürzel auszuführen waren. Auch die Funktionstasten waren bei je dem Modell anders belegt. Die Programmierer konnten es sich damals noch erlauben, auch die absurdesten Ideen in Software umzusetzen.

Das Nachsehen hatte der Anwender. War es ihm gerade unter großen Mühen gelungen, sich mit seiner Textverarbeitung anzufreunden, so mußte er völlig umlernen, wenn er zusätzlich eine Datenbank oder eine Tabellenkalkulation einsetzen wollte. Frustration, Zeitverschwendung und eine hohe Fehlerrate waren gewissermaßen programmiert.

Die geniale Idee, die dem User das Leben erleichterte und sicher zum gewaltigen Verkaufserfolg der PCs beitrug, war das integrierte Paket. Es besteht aus einzelnen Modulen, die alle wichtigen Arbeitsbereiche im Büro abdecken. In der Regel sind das Textverarbeitung, Datenbank, Tabellenkalkulation, Busineß-Grafik und Kommunikation.

Hauptmerkmale der Softwaregattung sind die einheitliche Benutzeroberfläche und die immer gleichen Befehle - egal, ob der Anwender Briefe schreibt oder seinen Etat kalkuliert.

Neben der immensen Zeitersparnis bei der Einarbeitung gehört auch der Preis zu den Vorteilen einer solchen Komplettlösung. Statt drei, vier oder gar fünf einzelne Programme kaufen zu müssen, genügt die, Anschaffung eines einzigen.

Ob ein integriertes Paket auf lange Sicht tatsächlich hält, was der jeweilige Hersteller verspricht, hängt natürlich von den individuellen Anforderungen ab.

Bei keinem der angebotenen Pakete sind alle Teile gleich stark. Oder anders ausgedrückt: Je nachdem, aus welchem Ansatz heraus die Entwicklung erfolgte, ist eines der Module aus gesprochen leistungsfähig, während die anderen manchmal eher schwach auf der Brust sind.

Pakete wirken oft antiquiert

Symphony beispielsweise glänzt durch sein Spreadsheet, Open Access besticht durch die Datenbank, und bei Framework überzeugt die Textverarbeitung. Works, das es immerhin geschafft hat, auf vielen Rechnern zum Lieferumfang zu gehören, hat zwar ein einheitliches Niveau auf allen Programmteilen, gilt dafür aber als reines Einsteigerpaket.

Wesentliche Neuerscheinungen gibt es in diesem Segment schon seit einiger Zeit nicht mehr, und die existierenden Pakete wurden nicht in dem Maße weiterentwickelt wie die Einzellösungen. Bei den unsicheren Erfolgsprognosen ist es nur logisch, wenn die Anbieter davon die Finger lassen und sich Profitablerem zuwenden. An den meisten Paketen wird zwar immer wieder ein wenig herumgebastelt, sie wirken aber trotz dieser Modernisierungsversuche vielfach etwas antiquiert.

Seit dem durchschlagenden Erfolg von Windows haben nicht wenige das sang- und klanglose Sterben der integrierten Pakete prognostiziert. Mit Windows 3.x steht deren zugkräftigstes Angebot, nämlich die einheitliche Benutzeroberfläche, bereits auf Betriebssystem-Ebene zur Verfügung. Wer nur eine Windows-Applikation beherrscht, kann im Prinzip sofort mit jeder anderen arbeiten. Das vielfältige Angebot läßt kaum mehr Wünsche offen.

Darüber hinaus ist mit DDE und OLE die Verknüpfung und der Austausch von Daten unterschiedlichster Anwendungen quasi zum Kinderspiel geworden. Nach dem Motto "Eines

kaufen, alle nutzen", bieten Hersteller neuerdings ihre Einzelap- plikationen für Windows kurzerhand als Package zum Sensa- tionspreis an. In der Tat eine bestechende Idee, da es sich um voll ausgereifte Produkte handelt, die alle nach dem gleichen Konzept entwickelt wurden.

Warum also noch integrierte Pakete? Zu den Zielgruppen gehören vor allem private Anwender oder kleine Firmen, die ihre Korrespondenz noch überschauen können, ihre Rechnungen schreiben und einige Adressen verwalten wollen. Für sie können die Komplettlösungen immer noch eine interessante Alternative sein: Sie sind, sofern es sich nicht um Windows-Applikationen handelt, auch mit einem 286er PC mit 6400 KB oder I 1 MB RAM und einer kleinen Festplatte zu betreiben, so daß vorhandene Hardware nicht ausgemustert werde muß.

Ferner kann sich ein Einsteiger mit Hilfe integrierter Pakete auf preiswerte Art und Weise mit den Möglichkeiten des Computers vertraut machen. Dabei bleibt er auch von der häufig übertriebenen Funktionsvielfalt verschont, mit der neuere Software teilweise aufgebläht wird. Wächst der Anwender im Laufe der Zeit über die Fähigkeiten des Programms hinaus, weiß er wenigstens, worauf es ankommt und kann sich gezielt auf die Suche nach der für ihn optimalen Lösung machen.

In großen Unternehmen dagegen dürften auch so leistungsfähige Programme wie Smartware bald nur noch ein Nischendasein führen, selbst wenn sie über komfortable Netzfunktionen verfügen. Mit dem Trend zur weltweiten Kommunikation via E-Mail und der Arbeitsteilung mit Hilfe von Groupware entsehen übergreifende Programme, die im wahrsten Sinne des Wortes vor nichts haltmachen. Für sie ist es ziemlich gleichgültig, ob sie mit Unix-, DOS-, OS/2-, Windows- oder Mac-Dateien zu tun haben - sie verarbeiten alles. Ob es sich dabei um Text, Grafik oder Ton handelt, interessiert eigentlich nur noch am Rande. +