Millionen-Klage um ERP-Software

Infor und 3M streiten sich

29.11.2011
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Schritt für Schritt in die Auseinandersetzung

3M, ein milliardenschwerer Technologiekonzern aus den USA, ist in Deutschland durch seine Marke "Post-it" bekannt.
3M, ein milliardenschwerer Technologiekonzern aus den USA, ist in Deutschland durch seine Marke "Post-it" bekannt.
Foto: iQoncept - Fotolia.com

Seit der Vertragsunterzeichnung wurde die Software erheblich modifiziert und den 3M-Anforderungen angepasst, nur noch die Hälfte des Programm-Codes stamme von Infor, heißt es in der Klageschrift. Daher seien die Infor-Mitarbeiter kaum in der Lage, den Support für einen Großteil der Software zu leisten. 3M vereinbarte daher im November 2009 ein Serviceabkommen mit Cognizant. Laut 3M hatte Infor lange Zeit Kenntnis von der Geschäftsbeziehung zwischen 3M und Cognizant, außerdem soll der Softwareanbieter den externen Dienstleister ausdrücklich als Third-Party-Anbieter zugelassen haben. In der Schrift an das Gericht beklagt 3M, man habe sich von Infor bezüglich der Partnerschaft mit Cognizant einlullen und in Sicherheit wiegen lassen.

Später verschickte Infor an 3M ein Vorschlag für ein abgeändertes Nutzungsabkommen, das Cognizant unterzeichnen sollte. Dort verschwand das Dokument allerdings für einige Monate in einer Schublade, unterzeichnet wurde es nie, weil "Infor die Pflichten von Cognizant nie eindeutig definiert habe", begründet 3M die ausbleibenden Reaktion. Später äußerte sich ein Infor-Mitarbeiter laut 3M dahingehend, das Abkommen mit Cognizant sei hinfällig. Er habe auch sonst keine Bedenken oder Beanstandungen vorgetragen.

Im Jahr 2011 kam es schließlich zu einem Audit der 3M-Installation, in deren Verlauf Infor die Frage stellte, ob 3M "den täglichen Betrieb und/oder die Wartung für die Infor-Software outgesourct habe." 3M bejahte und nannte Cognizant als Third-Party-Provider. "Im Audit wurde jedoch nicht die Frage gestellt, ob das Management der Software ausgelagert wurde", schränkte 3M ein. "Tatsächlich hat 3M das Management der Software nicht ausgelagert."

Im Juli erreichte 3M schließlich ein Brief, in dem Infor dem Konzern vorwarf, eine Vertraulichkeitsklausel verletzt zu haben, als er Cognizant als Drittanbieter verpflichtete. Der ERP-Anbieter verlangte eine Zahlung in Höhe von 20,9 Millionen Dollar Entschädigung dafür, dass Cognizant Zugriffsrechte verletzt habe. Infor reduzierte die Summe später auf einen Wert zwischen 17 Millionen und 18 Millionen Dollar.

Anfang November löste 3M den Vertrag mit Cognizant auf, um Infor entgegen zu kommen und die Geschäftsbeziehung zu kitten. 3M tat dies eigenen Angaben zufolge, weil Infor zuvor zugesichert habe, ein solcher Schritt könne die Differenzen ausräumen. Am 10. November legte Infor jedoch eine neue, reduzierte Forderung auf den Tisch. Auf Basis einer nicht näher ausgeführten Analyse verlangte der Software-Anbieter eine Gebühr in Höhe von 7,3 Millionen Dollar für die frühere Nutzung der Software durch Cognizant. Man sei jedoch bereit, die Forderung auf 5,9 Millionen Dollar zu reduzieren.