IDS Scheer fährt die Ernte ein

24.03.2004
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Den Erfolg der Company auf die Person Scheers reduzieren zu wollen, griffe allerdings zu kurz. Einer der tragenden Pfeiler ist das 1992 erstmals eingeführte Toolset "Aris", das außerhalb und auch in der Company gerne als "Malwerkzeug" bezeichnet wird, obwohl niemand wirklich die Qualität des Konzepts anzweifelt. Die Software dient dazu, Unternehmensabläufe zu designen, zu implementieren und zu kontrollieren. "Sie haben die Prozessmodellierung zur Kunst erhoben", urteilt ein Wettbewerber. Heute bildet die Aris-Familie die Grundlage für das Beratungsgeschäft der Saarländer: "Die Kunden brauchen jemanden, der damit umgehen kann", begründet Meta-Group-Analyst Spies die steigende Nachfrage nach Consulting-Diensten aus dem Hause IDS Scheer.

Im vergangenen Geschäftsjahr belief sich der Anteil der IT-Beratung am Gesamtumsatz auf 74 Prozent. Allerdings war diese Zahl durch Zukäufe stark angestiegen. "Aris allein macht nichts Schlechtes, aber auch nichts sonderlich Gutes", umschrieb ein Vorstandsmitglied das Geschäftsmodell der Firma. Die Tools lohnen sich vor allem, wenn der Anwender Beratungsleistungen dazunimmt: "Wir verkaufen keine Technologie, wir verkaufen Ergebnisse." Vergangenes Geschäftsjahr wurden Ergebnisse im Gegenwert von 221 Millionen Euro abgesetzt.

Die Alma mater zahlt sich aus

August-Wilhelm Scheer, Gründer von IDS Scheer, bläst zum Angriff auf den Wettbewerb. Foto: IDS Scheer
August-Wilhelm Scheer, Gründer von IDS Scheer, bläst zum Angriff auf den Wettbewerb. Foto: IDS Scheer

Neben dem Kernprodukt spielt der Standort Saarbrücken eine wichtige Rolle, der angesichts des vergleichsweise niedrigen Lohnniveaus schon mal inoffiziell als "Nearshore"-Region bezeichnet wird. Die Nähe und der gute Zugang zur dortigen Hochschule - IDS Scheer war ein Spinoff der Universität - bilden einen wichtigen Erfolgsfaktor. Die Studenten arbeiten für wenig Geld, zudem lernen sie den Umgang mit Aris-Programmen und Geschäftsprozessen: "Das hat einen Multiplikationseffekt", sagt Meta-Analyst Spies, "wenn die Absolventen später in die Wirtschaft wechseln."

Im Gegensatz zu vielen deutschen Mittelständlern wird IDS Scheer schon länger nicht mehr von den Gründern, sondern von einem unabhängigen Management geführt. Bereits 1999 gab der Hochschullehrer die operative Verantwortung ab und zog sich in den Aufsichtrat zurück. Im Folgejahr wurde Helmut Kruppke zum Vorstandssprecher ernannt, ihm wurde Anfang 2001 Ferri Abolhassan für das Auslandsgeschäft an die Seite gestellt, der zuvor Geschäftsführer bei SAP Retail im nahen St. Ingbert war. Das Experiment der Doppelspitze hat sich inzwischen bewährt, was nicht selbstverständlich war, denn beide Manager sind grundverschieden: Kruppke blickt in das Unternehmen hinein, Abolhassan zieht es aus Saarbrücken hinaus.