IBMs Power-PCs werden anfangs nur mit dem Betriebssystem AIX angeboten OS/2 fuer Power-PCs laesst noch acht Monate auf sich warten

16.09.1994

MUENCHEN (CW) - In acht Wochen werden IBMs "Power Personal Systems" mit Power-PC-Prozessor auf den Markt kommen - das Betriebssystem OS/2 wird jedoch fruehestens in acht Monaten zu haben sein. Halbe Sachen macht man nicht gern: Bei IBM wird inzwischen ueber eine Verzoegerung der Power-PC-Rechner nachgedacht.

Die ersten Reaktionen von IBM-Kunden waren zwiespaeltig. Einige sagten, dass sie zwar ungeduldig auf die erste Betaversion von OS/2 fuer Power-PCs warteten, doch sei es immer noch besser auszuharren, als ein schlechtes Betriebssystem zu bekommen. Andere wollen endlich die Hardware testen und interessieren sich nur wenig fuer die Software der Power Personal Systems.

Geht alles so weiter wie geplant, bringt IBM Mitte Oktober die Power-PC-Rechner mit dem Betriebssystem AIX, Version 4.1, heraus. Windows NT 3.5 fuer Power-PCs soll dann im Dezember folgen.

Damit waere fuer OS/2 wieder eine Schlacht verloren: "Wenn Microsoft schneller als IBM ein Betriebssystem fuer die Power Personal Systems anbieten kann, dann muss OS/2 wie bei den Intel-PCs gegen etablierte Konkurrenzprodukte antreten. IBM kann OS/2 nur dann halbwegs retten, wenn man eine funktionstuechtige Betaversion fertigstellt, mit der Softwarehaeuser Applikationen entwickeln koennen", argumentierte John Dunkle, Geschaeftsfuehrer der Softwareschmiede Workgroup Technologies gegenueber der CW- Schwesterpublikation "Computerworld".

Zwei gewaltige technische Probleme muessen noch geloest werden, bevor OS/2 auf Power-PC-Rechnern laeuft:

- IBM hat sich sehr spaet entschieden, OS/2 fuer Power-PCs mit OS/2 fuer Intel-Prozessoren zu kombinieren. Die Vorteile dieses Doppelpacks liegen auf der Hand: Anwender koennen OS/2 fuer Power- PCs auf einem Power Personal System oder auf einem Rechner mit Intel-CPU installieren. Ausserdem muessen Software-Entwickler damit nur eine Version ihrer Programme vermarkten. Statt "Wordperfect OS/2 fuer Power-PCs" und "Wordperfect OS/2 fuer Intel-Rechner" gibt es nur ein Produkt.

- IBM kann noch nicht garantieren, dass sich alte OS/2-Programme, geschrieben mit einem 16-Bit-Datenmodell, auch unter OS/2 fuer Power-PCs nutzen lassen. Doch muss Kompatibilitaet gewaehrleistet sein: Es gibt zu viele OS/2-Anwender der ersten Stunde, die ihre gewohnten Applikationen weiter nutzen wollen.

In IBMs Hauptquartier in Armonk streiten sich derweil die Chefs der Personal-Computer-Abteilung ueber das weitere Vorgehen. Gegenueber der "Financial Times" aeusserte Rick Thomain Zweifel am Erfolg der Power Parallel Systems: "Der Power-PC-Prozessor hat seine Zukunft noch vor sich. Er konnte sich bisher nicht gegen die Konkurrenz durchsetzen, weil die Applikationen fehlten." Trotz der grossen Kampagne fuer die Power Parallel Systems, die schon vor einem Jahr begonnen hat, koenne IBM die Rechner auch jetzt noch nicht mit vollem Einsatz vermarkten.

Unverbindlicher aeusserte sich Richard Guarino, Leiter der

Power-Parallel-Abteilung: "Wir brauchen Software, die speziell fuer den Power-PC-Prozessor entwickelt wurde. Unser Problem dabei ist, dass wir uns nicht auf die Zusagen der Hersteller verlassen koennen.