Internes Schreiben warnt vor unbedachter Preistreiberei

IAnalysten: Microsoft treibt Softwarepreise in die Höhe

26.02.1999
MÜNCHEN (CW) - Nicht nur das US-Justizministerium nimmt Microsoft derzeit gehörig in die Zange: Branchenexperten geben der Gates-Company mit ihrer dominierenden Stellung im PC-Geschäft die Schuld an den teilweise völlig überzogenen Preisen für Software.

Microsoft wird immer häufiger für die rapide steigenden Softwarepreise verantwortlich gemacht. Die CW-Schwesterpublikation "PC World" glaubt nachweisen zu können, daß Microsofts Dominanz im Geschäft mit Betriebssystemen und PC-Applikationen, in denen die Gates-Company jeweils rund 80 Prozent des Markts beherrscht, zu überhöhten Softwarepreisen führt.

Dieser Vorwurf läßt sich bei den Lizenzkosten für PC-Anbieter festmachen: Eine Umfrage von "PC World" hat ergeben, daß noch 1991 PC-Anbieter zwischen 15 und 25 Dollar für eine Betriebssystem-Kopie bezahlen mußten. Heute verlange Microsoft durchschnittlich zwischen 40 und 70 Dollar für eine Lizenz von den OEMs - abhängig von der Abnehmermenge und vor allem der "Beziehung" des Lizenznehmers zur Gates-Company.

Ein internes Memo mit dem Titel "PC Value Analysis", das in den Microsoft-Etagen 1996 kursierte, bestätigt dies: Demnach hatte der Redmonder Gigant 1990 die Betriebssystem-Kosten pro PC mit 0,5 Prozent vom Hardwarepreis beziffert. Sechs Jahre später habe dieser Wert 2,5 Prozent erreicht. Bis heute seien die Kosten erneut um das Doppelte gestiegen: "Unternehmen, die Festplatten, Monitore und Hauptspeicher herstellen, also diejenigen, die mit Wettbewerbern zu kämpfen hatten, mußten ihre Preise in den vergangenen Jahren drastisch reduzieren, um konkurrenzfähig bleiben zu können. Microsoft hingegen hat seine Wettbewerber ausgeschaltet und die Preise rapide erhöht", faßt Mark Cooper, Consumer Advocate und Autor des Buches "The Consumer Case Agains Microsoft", zusammen. Im Normalfall, so Cooper weiter, hätten die Preise für Microsoft-Betriebssysteme um etwa drei Prozent sinken müssen.

Auch diese Kritik läßt sich belegen: In Märkten, in denen Microsoft keine dominierende Position innehat, halten sich die Softwarepreise seit Jahren im akzeptablen Rahmen. Dazu gehört etwa der Sektor persönliche Finanzsoftware, in dem Intuit mit dem Paket "Quicken" nach wie vor die führende Position einnimmt und sich Microsoft mit dem Konkurrenzprodukt "Money" dem marktüblichen Preis von rund 60 Dollar angleichen muß. Ganz anders sieht es im Segment der Office-Pakete aus: Dort beherrscht Microsoft mit etwa 78 Prozent den Markt. Dementsprechend kostet Microsofts Office 97 etwa 33 Prozent mehr als die Konkurrenzprodukte.

Der Windows-Anbieter weiß das auch selbst. Erst Ende Dezember 1997 hatte Joachim Kempin, Senior Vice-President für die OEM-Division des Redmonder Giganten, Bill Gates in einem Schreiben davor gewarnt, die Preise für Betriebssysteme nach Gutdünken festzusetzen.

Derartige Strategien könnten über kurz oder lang dazu führen, daß sich Großkunden wie Compaq mit anderen Herstellern zusammentun, um ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln. Kempin weißoffensichtlich, wovon er spricht: Der Hardware-Produzent aus Houston zahlt jährlich etwa 750 Millionen Dollar an Lizenzkosten für Microsoft-Betriebssysteme.

In dieser Hinsicht scheinen manche Lizenznehmer jedoch gleicher als gleich zu sein. Während Microsoft kleineren PC-Anbietern in den USA 150 Dollar Lizenzgebühr für Office 97 abverlangt, bezahlen größere Anbieter wie CompUSA, Dell oder Gateway lediglich 100 Dollar und weniger, so die "PC World". Kleinere Anbieter müßten deshalb oftmals Office-Konkurrenzprodukte wie "Lotus Smartsuite" vorinstallieren, um preislich konkurrenzfähige PC-Systeme anbieten zu können. Chris LeTocq, Analyst bei Dataquest, San Jose, Kalifornien, resümiert: "Dort, wo Microsoft mit Wettbewerbern zu kämpfen hat, werden Dumpingpreise festgelegt, in klassischen Microsoft-Domänen jedoch dreht das Unternehmen die Preisspirale immer höher."

Microsoft kontert auf diese Vorwürfe mit teilweise wenig überzeugenden Argumenten: Der Kunde bekomme heute schließlich mehr als früher, verteidigt US-Sprecher Mark Murray die Preispolitik des Softwareriesen aus Redmond.

Registrierungszwang?

Registrierungszwang oder nicht? Diese Frage beschäftigt derzeit die Gemüter mancher Anwender. Ende letzten Jahres hatte Microsoft mit der Betaversion von Office 2000 eine neue Registrierungsmethode vorgestellt, die Raubkopierern das Handwerk legen soll. Dabei handelt es sich um einen Mechanismus, bei dem sich die Bürosuite aus Redmond nach 50maligem Starten nicht mehr ausführen läßt, sofern sich der Anwender nicht zuvor bei Microsoft registrieren läßt. Doch während in den USA Gerüchte über ein derartiges Vorhaben kursieren, beteuert Thomas Jensen, Sprecher der deutschen Dependance: "Die Zwangsregistrierung soll in Deutschland nicht enthalten sein." Für Office-Kunden in Australien, Brasilien, Neuseeland sowie für akademische Einrichtungen in den USA und Kanada wird der Mechanismus dagegen Wirklichkeit. Die meisten Marktbeobachter glauben daher nicht, daß der Softwareriese auf Dauer zwei unterschiedliche Registrierverfahren dulden wird.