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Hornbach kämpft mit SAP-Projekt

22.01.2008
Die Baumarktkette weigert sich, Projektkosten von rund 700.000 Euro zu begleichen. Angeblich habe es Mängel bei der Einführung der neuen Warenwirtschaft gegeben.

"Mach es fertig. Bevor es dich fertig macht." Mit diesem Slogan wirbt Hornbach, Heimwerkerprojekte offensiv anzupacken und abzuschließen. Selbst hat die Baumarktkette jedoch kein so glückliches Händchen mit Projekten. Seit etlichen Monaten gibt es Probleme bei der SAP-Einführung. Mittlerweile liegt der Fall vor dem Landgericht Düsseldorf.

Konkret geht es bei dem Streit um einen Betrag von 708 000 Euro, den SAP von Hornbach einfordert. Die Verantwortlichen der Baumarktkette wollen das Geld nicht zahlen und haben deshalb bereits im April 2007 eine Klage gegen SAP eingereicht. Damit wollen sie nachweisen, dass die Forderungen des Softwarekonzerns aufgrund von Projektmängeln zu Unrecht bestehen.

Derzeit ruht das Verfahren allerdings. Beide Seiten bemühen sich um eine außergerichtliche Einigung. Ein SAP-Sprecher bestätigte die Gespräche. Er bekräftigte den Willen des Konzerns, weiter mit der Handelskette zusammenarbeiten zu wollen, wies aber zugleich die Vorwürfe zurück. Hornbach strebe bis Mitte Februar eine gütliche Einigung mit SAP an, ergänzt Hornbach-Sprecherin Ursula Dauth. Zum laufenden Verfahren will sie sich nicht äußern. Die Unzufriedenheit über das SAP-Projekt klingt aber deutlich durch: "Das System muss überarbeitet werden."

Hornbachs SAP-Projekt begann im September 2002. Gemeinsam mit dem zu SAP gehörenden Dienstleister SAP Systems Integration (SAP SI) wurde das Rechnungswesen auf SAP R/3 Enterprise umgestellt. Nach dem Abschluss im Jahr 2004 ging es an die Warenwirtschaft. Zunächst stellte Hornbach das Lagerverwaltungssystem in seinen Logistikzentren auf SAP um. Im Geschäftsjahr 2006/07 sollten die Warenwirtschaft weiter ausgebaut und die Systeme der einzelnen Baumärkte integriert werden. Insbesondere ging es dabei um die Bedienoberflächen der Software in den Hornbach-Filialen.

Allerdings begannen mit dieser Projektstufe die Schwierigkeiten. Die Verantwortlichen stoppten den Rollout nach dem 46. von insgesamt rund 120 Märkten. Diese Filialen hätten im Vergleich zu den Märkten ohne SAP vier Prozent weniger Umsatz erzielt, berichtete der Vorstandsvorsitzende Steffen Hornbach. "Mit diesem Ausgang waren wir alles in allem sehr unzufrieden."

Hornbach spricht im Zusammenhang mit der SAP-Einführung von einem Mammutprojekt. Mit der Einführung der Warenwirtschaft seien fast 200 interne und externe Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Die Kosten bezifferte er auf rund 33 Millionen Euro. Von der Umstellung auf eine integrierte Systemlandschaft habe sich die Baumarktkette entscheidende Wettbewerbsvorteile versprochen.

Doch dies blieb offenbar ein Wunschtraum. Die Probleme begründete Hornbach mit inkonsistenten Daten und fehlenden Reports. Daher hätten die Verantwortlichen die Verbesserung des Marktsystems in die eigenen Hände genommen, hieß es Mitte 2006.

Geplant war nun ein neuer Rollout im letzten Jahr, zu dem es aber, so zeigt der Gerichtsstreit, nicht mehr kam. Zudem kämpft Hornbach mit einem schwierigen Marktumfeld. Für das laufende Geschäftsjahr 2007/08, das im Februar endet, rechnen die Verantwortlichen mit einem Betriebsergebnis deutlich unter Vorjahreswert. Verantwortlich dafür seien Umsatzeinbußen in Deutschland, Anlaufverluste in neuen Märkten und projektbezogene Aufwendungen wie das SAP-Vorhaben, heißt es in einem Zwischenbericht vom Ende vergangenen Jahres.

Insider mutmaßen, dass Hornbach SAP den Schwarzen Peter für die schlechte Geschäftsentwicklung zuschieben will. Zudem habe der Handelskonzern mit seinen Versuchen, das SAP-System stark anzupassen, mit zum Scheitern des Vorhabens beigetragen.

Laut Lynn-Kristin Thorenz, Analystin von Pierre Audoin Consultants (PAC), stellt sich angesichts eines umfangreichen Customizing die Frage nach dem Sinn einer Standardsoftware. Nach wie vor würden viele Handelshäuser auf Eigenentwicklungen setzen, unter anderem aus dem Wunsch heraus, individuelle Anforderungen in der Software abzubilden. Dieser nach wie vor spürbare Trend sei mit ein Grund dafür, dass der Handel ein relativ schwieriger Partner für IT-Unternehmen ist.

Die Analysten von PAC gehen davon aus, dass die IT-Ausgaben des deutschen Handels in den kommenden Jahren kräftig steigen werden.
Die Analysten von PAC gehen davon aus, dass die IT-Ausgaben des deutschen Handels in den kommenden Jahren kräftig steigen werden.

Allerdings müssten auch die IT-Anbieter dazulernen, um auf die Befindlichkeiten der Händler und die Eigenheiten des Marktes besser eingehen zu können. In den vergangenen Jahren hätten die Softwarehersteller dieses Segment vernachlässigt, berichtet die Handelsexpertin. Das habe aber auch daran gelegen, dass die Unternehmen zuletzt nur wenig in ihre IT-Ausstattung investiert hätten.

Thorenz zufolge wird sich das jedoch ändern. Viele Handelshäuser hätten Nachholbedarf, was ihre IT-Infrastruktur betrifft, und würden deshalb in den kommenden Jahren verstärkt investieren. Im Vordergrund ständen dabei die Modernisierung der Filial-IT sowie die Integration verschiedener Systeme. Besonderer Nachholbedarf besteht aus Sicht von PAC beim Thema Warenwirtschaft. Dieses System bilde nach wie vor das Herzstück der Handels-IT. Allerdings täten sich viele Händler schwer, ein neues System einzuführen. Das liege auch daran, dass gerade der gehobene Mittelstand sowie Großunternehmen ihre Lösungen über Jahre hinweg selbst entwickelt und an ihre Bedürfnisse angepasst hätten. Die Frage, auch in Zukunft auf Eigenentwicklungen zu setzen oder auf Standardsoftware umzuschwenken, werde daher den IT-Verantwortlichen der Händler noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. (ba)