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Hohe Gerichtskosten schmälern Microsofts Profit

18.01.2002
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der US-Softwareriese Microsoft verzeichnete in seinem zweiten Geschäftsquartal aufgrund neuer Produktveröffentlichungen (Windows XP, Xbox, MSN 7) zwar einen Umsatzanstieg von 18 Prozent, musste beim Nettogewinn jedoch Einbußen hinnehmen. Der Profit des Unternehmen fiel gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresquartal um 13 Prozent auf 2,28 Milliarden Dollar oder 41 Cent je Aktie. In dem Ergebnis sind Rückstellungen in Höhe von 660 Millionen Dollar oder acht Cent pro Anteilschein enthalten, die für die Beilegung einer privaten Sammelklage gegen Microsoft bestimmt sind. Zwar hatte ein US-Bundesgericht in diesem Monat einen Einigungsvorschlag zurückgewiesen, wonach die Gates-Company Software und Services im Wert von einer Milliarde Dollar an bedürftige Schulen spenden wollte, Microsoft entschloss sich dennoch aus Buchhaltungsgründen zu der Sonderbelastung.

Der Umsatz des Softwareriesen stieg auf die Rekordsumme von 7,74 Milliarden Dollar. Damit übertraf Microsoft sein entsprechendes Vorjahresergebnis von 6,55 Milliarden Dollar sowie das im Oktober 2001 gesteckte Ziel von 7,1 bis 7,3 Milliarden Dollar. Zu dem Umsatzwachstum trugen vor allem das im Oktober 2001 eingeführte neue Betriebssystem Windows XP sowie die am 15. November herausgebrachte Videospielkonsole "Xbox" bei. Bis dato wurden 17 Millionen Kopien vom Betriebssystem XP über OEMs (Original Equipment Manufacturers) abgesetzt. Die Xbox verkaufte sich 1,5 Millionen Mal. Der Umsatz betrug im Windows-Software-Bereich 2,55 Milliarden Dollar und damit um 24 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Auch mit den Einnahmen im Segment Enterprise-Server-Software zeigte sich Microsoft zufrieden. Sie wuchsen um vier Prozent auf 1,29 Milliarden Dollar. Der Umsatz in der Consumer Software, Services and Devices Group kletterte über 100 Prozent auf 1,2 Milliarden Dollar.

Auf der anderen Seite musste die Gates-Company einen Umsatzrückgang bei ihrer Desktop-Application-Software (Anwendungen, Office) auf 2,45 Milliarden Dollar hinnehmen. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum erwirtschafte das Unternehmen hier noch 2,48 Milliarden Dollar. Der Hauptgrund für den Umsatzknick lag in der schleppenden Nachfrage nach der "Office-XP"-Suite vor allem in Japan.

Als die verkaufsschwächste Region für Microsoft entpuppte sich der asiatische Markt, wo die Einnahmen von 737 Millionen Dollar im zweiten Geschäftsquartal des Vorjahres auf 705 Millionen Dollar fielen. In der Emea-Region (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) blieb der Umsatz mit 1,42 Milliarden Dollar auf Vorjahresniveau. Die Einnahmen in der Region Südpazifik sowie in Nord- und Südamerika hingegen konnten um 39 Prozent auf 3,24 Milliarden Dollar zulegen. Besonders stark entpuppten sich die Umsätze in den USA.

Skeptisch äußerten sich die Analysten unter anderem bezüglich der Xbox-Zahlen. Der Umsatz sei hier zwar zufriedenstellend, dennoch trage die Konsole nicht unbedingt dazu bei, den Gewinn von Microsoft zu vergrößern. Das Gegenteil sei der Fall: Mit jedem Gerät verliere die Gates-Company bis zu 100 Dollar, da die Konsole unter dem Herstellungswert verkauft werde. Zudem habe Microsoft für die begleitenden Werbemaßnahmen 500 Millionen Dollar ausgegeben. Ein Analyst meinte, die Wallstreet hätte es lieber gesehen, wenn der Enterprise-Server-Umsatz besser ausgefallen wäre, da die Gewinnmargen in diesem Sektor höher sind.

Microsoft-Finanzchef John Connors warnte, dass der weltweite Computermarkt weiterhin schwach bleibe. Das Unternehmen erwartet, dass die PC-Verkaufszahlen in den kommenden zwei Quartalen mindestens im mittleren einstelligen Prozentbereich zurückgehen werden. Für das dritte Geschäftsquartal geht Microsoft von Einnahmen in Höhe von 7,3 bis 7,4 Milliarden Dollar aus. Der Gewinn pro Aktie soll sich auf 50 bis 51 Cent belaufen. Im gesamten Geschäftsjahr rechnen die Redmonder mit einem Umsatz von 28,8 bis 29,1 Milliarden Dollar und einem Profit von 1,57 bis 1,60 Dollar pro Anteilschein.

Die Anleger hatten sich offenbar mehr von den nachbörslich veröffentlichten Zahlen erwartet: Das Microsoft-Papier, das im regulären Handel am gestrigen Donnerstag um rund drei Prozent auf 69,86 Dollar gestiegen war, sank anschließend um 3,9 Prozent auf 67,15 Dollar. (ka)