Kolumne

"Hauptsache schön bunt"

08.06.2001
Wolfgang Miedl Redakteur CW

Mit großem Gepolter hat Microsoft wieder einmal ein neues Office-Paket auf den Markt geworfen. Office XP ist für Microsoft wie alle bisherigen Bürosuiten wirtschaftlich von besonderer Bedeutung, da ein großer Teil der Einnahmen aus diesem Segment kommt. Entsprechend groß war das Brimborium, das die Company rund um die Markteinführung veranstaltete.

Tatsächlich bietet das Produkt wenig wirklich Neues, und das ist nicht überraschend. Denn seit Jahren ist das Innovationspotenzial im Office-Markt ausgereizt, die Anwender fühlen sich erschlagen von zu vielen Funktionen. Microsoft entwickelt dennoch immer weiter und kam dabei zu fragwürdigen Ergebnissen: Mittels Eigenintelligenz sollten die Programme dem Anwender das Denken abnehmen. Weil das kaum Nutzen, aber viel Unbehagen brachte, rudert Microsoft nun wieder zurück. Mit Hilfe der viel gepriesenen Smart Tags kann die Eigenintelligenz stufenweise vom Anwender wieder in die Schranken gewiesen werden. Das ist Fortschritt im Jahr 2001.

Das Dilemma der Redmonder ist klar: Das Thema Office ist weit gehend ausgereizt, aber Microsoft muss immer weiterentwickeln, damit seine wichtigste Geldquelle nicht versiegt. Neue Funktionen reichen jedoch nicht aus; mit geänderten Lizenzmodellen wird der Anwender zusätzlich auf Upgrade-Kurs gehalten. Motto: Wenn Innovation keine Kaufanreize mehr bringt, muss man den Kunden halt zu seinem (Update-)Glück zwingen.

Doch es gibt auch noch das Argument der Ästhetik, das auch in anderen Branchen den Verkauf beflügelt: Wenn Windows XP in die Regale kommt, sollte auch Office XP installiert sein - schließlich gehen Benutzeroberfläche und Office-Suite Ton in Ton miteinander. Wenn die Microsoft-Plattform mit dem neuen System endlich eine einheitliche Codebasis erhält und es keine technisch bedingten Inkompatibilitäten mehr geben wird, ist eine neue Form von Unverträglichkeit zwischen Softwarepaketen abzusehen: Inkompatibilität wegen unterschiedlicher Farbschemata.