Haendlergruppe wendet sich an Justizministerium Bill Gates verpflichtet wichtige Firmen auf seinen Online-Dienst

17.02.1995

MUENCHEN (CW) - Microsoft scheint einmal mehr gewillt, seine Monopolstellung bei PC-Betriebssystemen dazu zu benutzen, sich auch in angrenzenden Segmenten eine dominierende Position zu erarbeiten. 50 ueberwiegend bekannte DV-Hersteller haben angekuendigt, sich des Online-Dienstes "Microsoft Network" als Vertriebskanal ihrer Produkte zu bedienen.

Zu den Unternehmen, die Microsofts Online-Dienst als direkten Weg zum Anwender sehen, gehoeren Hewlett-Packard (HP) oder Direktanbieter Dell und Gateway 2000. Sogar Microsoft-Konkurrenten wie Borland und Lotus wollen den Online-Zugang zum Kaeufer nutzen.

Microsofts Dienstleistungsangebot soll im August ans Netz gehen und tritt gegen in den USA so etablierte Wettbewerber wie America Online Inc. oder die Prodigy Services Company an. Auch Compuserve, das sich in Deutschland schon recht gut als elektronischer Kurierdienst durchgesetzt hat, gehoert zu den Konkurrenten von Microsoft Network.

Nicht ganz ueberraschend haben IBM, Apple und Motorola Bill Gates die kalte Schulter gezeigt. IBM bietet in seinem Betriebssystem OS/2 Warp zudem ein Modul fuer den Zugang zum Internet.

Die Ankuendigung der 50 Hard- und Software-Unternehmen hat prompt fuer Unruhe gesorgt. Die Ascii Group Inc., ein US- Dienstleistungsunternehmen, das knapp 1100 Computerhaendlern gegen Bezahlung Unterstuetzung in Verkaufs-, Lizenzierungs- und anderen Servicefragen bietet, wandte sich deshalb schon an das amerikanische Justizministerium.

Ascii-Chef Alan Weinberger drueckte fuer die von ihm vertretenen Haendler die Befuerchtung aus, Microsoft biete mit seinem Online- Dienst Soft- und Hardwareherstellern die Moeglichkeit, ihre Produkte unter Umgehung des Vertriebskanals direkt an die Endkunden zu verkaufen. Die Beamten sollen deshalb gegen Microsoft taetig werden.

Inwieweit die Microsoft-Konkurrenz gute Miene zum boesen Spiel macht, ist nicht klar. Das "Wall Street Journal" zitiert den fuer Online-Verkaufsaktivitaeten zustaendigen HP-Manager Randall Whiting mit der Bemerkung, Microsoft Network sei vergleichbar mit dem Internet - allerdings mit einer Menge Geld im Ruecken.

Fuer die US-Wettbewerbshueter duerfte auch der Aspekt interessant sein, dass Anwender sich in Microsofts Online-Dienst - aehnlich wie beim Internet-Zugang aus OS/2 Warp heraus - ueber Windows 95 werden einwaehlen koennen. Auch dies beanstanden Kritiker der Gates-Company als unbilligen Vorteil fuer den Betriebssystem-Monopolisten. Man koenne schliesslich davon ausgehen, dass Windows 95 eine Marktdominanz erreichen werde wie jetzt Windows 3.1x. Damit aber bestehe die Gefahr, dass sich Gates durch das Monopol auf einem Marktsektor auch eine dominierende Stellung in einem anderen Industriesegment verschaffe - ein Vorgehen, das nach dem Praezedenzfall des Sherman-Act in den USA verboten ist.