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US-Medien

Geschäftsmodell verzweifelt gesucht

11.08.2009

Hintergrund: Die US-Zeitungskrise

Die Zeitungen in den USA befinden sich seit mehreren Jahren in einer schweren Krise. Die Rezession hat sie noch verschärft. Im Folgenden die wichtigsten Fakten und Zahlen dazu:

Zeitungssterben: Zwölf US-Zeitungen sind laut dem Blog "Newspaper Death Watch" seit März 2007 vom Markt verschwunden, unter ihnen die "Rocky Mountain News" und "Kentucky Post". Sieben weitere Zeitungen gibt es ausschließlich oder bis auf eine Wochenausgabe im Internet, darunter befindet sich der "Christian Science Monitor". Allerdings existieren in den USA laut Zeitungsverlegerverband NAA noch über 1400 Zeitungen. 1990 gab es noch etwa 1600. Laut NAA lesen täglich 104 Millionen Amerikaner, also jeder dritte US-Bürger, eine Zeitung.

Auflagen: In den USA befinden sich die Auflagen zum Teil im freien Fall. Viele Jahre lang galt die Faustregel, dass die Gesamtauflage der Zeitungen jährlich um etwa ein Prozent sinkt. Inzwischen hat sich der Trend dramatisch beschleunigt. Allein zwischen Oktober 2008 bis März 2009 sank die Auflage der Zeitungen um 7,1 Prozent auf rund 42 Millionen. 1984 gab es mit über 63 Millionen Zeitungen pro Tag den US-Rekord. Die auflagenstärksten US-Blätter sind die "USA Today" (2,2 Millionen), das "Wall Street Journal" (2,1 Millionen) und die "New York Times" (1,1 Millionen).

Internet: Zwar ist die Zahl der Nutzer von Zeitungs-Webportalen stetig gewachsen - für den Juni meldete der NAA mehr als 70 Millionen Besucher der Zeitungen im Internet. Allerdings sind die ohnehin spärlichen Werbeeinnahmen angesichts der Rezession auch hier gefallen (fünf Prozent im zweiten Quartal).

Anzeigen: Seit zwei Jahren gehen die Werbeeinnahmen zurück. Im ersten Quartal 2009 sanken sie sogar um 29,7 Prozent. 2006 hatten die Zeitungen noch 49,3 Milliarden Dollar an Anzeigenerlösen, 2008 waren es bloß 38 Milliarden. Die Investmentbank Goldman Sachs schätzte 2008, dass diese Einnahmen weiter sinken werden.

Profit: Die US-Zeitungsverleger haben über Jahrzehnte hinweg meist blendend verdient. Noch bis vor zwei Jahren lagen die Gewinnmargen bei 20 Prozent des eingesetzten Kapitals - und immer noch werfen viele US-Zeitungen Gewinne ab, wenn auch nicht mehr so viel wie früher.

Redaktionen: Eine der wichtigsten Sparmaßnahmen in den Zeitungsverlagen waren Entlassungen und Lohnkürzungen. Überall wurden Redaktionen verkleinert, Verwaltung, Produktion und Vertrieb rationalisiert. Seit 2007 wurden (geschätzt) insgesamt über 9000 Journalisten entlassen. Medienexperte Ken Doctor hat ausgerechnet, dass 2009 in den US-Blättern rund 800.000 weniger journalistische Beiträge veröffentlicht werden würden als 2008.

Perspektiven: Nur wenige sagen den Tod der Zeitungen voraus. Noch nie haben neue Medien alte verdrängt: Zeitungen verschwanden nicht, als das Radio aufkam, das Radio blieb erhalten, nachdem das Fernsehen die Wohnzimmer eroberte. Offen bleibt die künftige Rolle der Zeitung: Wird sie, wenn auch mit geschrumpfter Auflage, als Massenmedium bleiben oder nur noch eine Nischenrolle - etwa für eine "Informationselite" - spielen? Das Medien-Institut Borrell Associates (Williamsburg, Virginia) sieht in den USA schon 2010 das Ende der Zeitungskrise kommen. Analyst Peter Conti meinte, die Zeitungskrise sei überschätzt worden.
(dpa/tc)