Pocket PC MDA II: Das telefonierende Büro für unterwegs

Gelungener Smartphone-Konkurrent

05.12.2003
MÜNCHEN (hi) - Handy, E-Mail-Client, mobiles Office, Navigationssystem, Kamera und Pocket PC in einem Gerät? Diese Integrationsarbeit leistet die neue Pocket-PC-Phone-Generation, wie sie etwaT-Mobile unter der Bezeichnung "MDA II" vermarktet. Sieht man einmal vom hohen Preis ab, überzeugt der kleine Tausendsassa in einem ersten Praxistest auf ganzer Linie.

Noch Anfang des Jahres unkten zahlreiche Analysten, dass die Zeiten der Pocket PCs gezählt seien. Die immer intelligenteren Smartphones, so ihre Einschätzung, würden diese Gerätekategorie vom Markt fegen. Angesichts der jüngsten Pocket-PC-Phone-Generation dürfte so mancher Augur sein Urteil revidieren. Die vom asiatischen Auftragsfertiger HTC gebauten Geräte, die hierzulande T-Mobile als MDA II und O2 als "XDA" vermarktet, stehen den Smartphones in Sachen Formfaktor in nichts mehr nach. Dafür offerieren sie mit ihrem Betriebssystem "Windows Mobile Phone Edition" eine größere Flexibilität als die intelligenten Handys. Und, um es vorwegzunehmen, während Microsoft beim Betriebssystem für Smartphones noch um die nötige Zuverlässigkeit kämpft, bereitete die Pocket-PC-Variante mit erweiterten Telefonfunktionen beim COMPUTERWOCHE-Test keine Probleme. So war der MDA II ein zuverlässiger Alltagsbegleiter, egal ob das integrierte Telefon genutzt oder Daten via GPRS übertragen wurden. In Ermangelung geeigneter Bluetooth-Endgeräte wurde diese Schnittstelle nicht auf Herz und Nieren geprüft.

Einfache Inbetriebnahme

Doch der Reihe nach: Die erste Inbetriebnahme des MDA gestaltete sich genauso einfach wie bei einem Handy. Telefon-SIM-Karte einlegen und das Gerät einschalten - voila! Pocket-PC-geübte Nutzer können danach sofort mit dem Arbeiten beginnen, denn die Bedienung unterscheidet sich kaum von der eines normalen Windows-PDA. Wer dennoch Informationen zur Benutzung des Geräts sucht, für den hat T-Mobile zwei Handbücher verfasst, die dem User mit zahlreichen Grafiken auch wirklich weiterhelfen. Zudem gebührt dem Mobilfunk-Carrier Lob dafür, dass das Unternehmen in Zeiten, in denen die Unsitte um sich greift, Bedienungsanleitungen nur noch auf CD oder als herunterladbare PDF-Dateien im Internet abzulegen, an gedruckten Anleitungen festhält.

Dass die MDA-Inbetriebnahme so einfach verläuft und sich der Anwender nicht mit GPRS-Parametern und anderen Systemvariablen herumärgern muss, verdankt er der Vorarbeit von T-Mobile und einer technischen Besonderheit des MDA II im Vergleich zu anderen Pocket PCs. Das Gerät, in dem ein 400 Megahertz schneller Xscale-263-Prozessor von Intel arbeitet, verfügt neben 128 MB RAM (normale PPCs haben in der Regel nur 64 MB) und den üblichen 32 MB ROM für das Betriebssystem nämlich noch über eine "Disk on Chip" mit 32 MB. Davon stehen etwas über 14 MB dem User als nicht flüchtiger Speicher zur Verfügung. Die restlichen 16 MB sind versteckt und beinhalten die ganzen Einstellungsparameter sowie etwaige Treiber. Der Clou an dieser Vorgehensweise ist, dass der Anwender so nach einem Hardreset oder einem totalen Spannungsverlust - weil etwa die Akkus leer sind -, das Gerät nicht neu konfigurieren muss. Ähnlich wie bei einer CD-ROM, die automatisch beim Einlegen in einen Windows-PC startet, ist die "Disk on Chip" aufgebaut. Eine autorun.exe sorgt für den Start, während in der Datei Config.txt analog zu einem Batch-Script die auszuführenden Installationsroutinen definiert sind. Patcht der Anwender nun in der Registry den entsprechenden Storage-Manager-Eintrag, kann er auf diesen Bereich als "Extended Memory" zugreifen. Werden dabei etwa die O2-spezifischen Dateien durch die entsprechenden T-Mobile-Files ersetzt, mutiert ein XDA in einen MDA II und umgekehrt. Ein verstecktes Feature, das beim unternehmensweiten Einsatz von MDAs interessante Möglichkeiten eröffnet. Werden hier etwa Installationsroutinen für unternehmensspezifische Anwendungen und Einstellungsparameter hinterlegt, vereinfacht dies den Support für die IT-Abteilung: Der Anwender kann einen abgestürzten MDA ohne zusätzliche Konfigurationsarbeiten reanimieren.

Nach der erfolgreichen ersten Aktivierung überraschte der rund 190 Gramm schwere Minicomputer angenehm in Sachen Telefonie. Im Mischbetrieb als PDA und Mobiltelefon reichte eine Akkuladung für rund drei Tage. Die Telefontasten auf dem Touchscreen des Displays sind so groß, dass sie sich auch direkt mit den Fingern bedienen lassen. Weniger gut gelöst ist dagegen die Integration von Telefon und Adressdatenbank des PDA. Das Telefon versteht nämlich nicht die hierzulande übliche Trennung von Vorwahl und Rufnummer mit dem "/"-Zeichen und erwartet, dass die Nummern ohne Zwischenzeichen abgespeichert sind.

Dafür entschädigt, dass der MDA II im Gegensatz zur Palm-basierenden Treo-Konkurrenz für das Telefonieren kein Headset mehr benötigt. Der Benutzer hält das Gerät einfach wie ein herkömmliches Handy zum Telefonieren ans Ohr. Dabei wartet der MDA mit einer guten Sprachqualität auf. Ein Pluspunkt, der das Gerät mit seiner integrierten Recorder-Funktionalität auch zur Verwendung als digitales Diktiergerät prädestiniert. In Kombination mit einer am Arbeitsplatz installierten Version "Dragon Virtual Speaking 7" lassen sich die Diktate dann direkt in Textdokumente umwandeln.

Auch sonst schlägt der mobile Begleiter, der Microsofts "Pocket PC 2003 Premphone GSM" als Betriebssystem verwendet, immer wieder Brücken zur stationären PC-Welt. Hierzu zählen etwa "Pocket Word", "Pocket Excel" oder aber die Terminaldienste mit dem Remote-Desktop-Protokoll (RDP). Sie erlauben beispielsweise die Fernsteuerung eines Windows-XP-Rechners vom PDA aus via GPRS und Internet. Ein Feature, das für Systemadministratoren nützlich ist, wenn sie von unterwegs auf Management-Konsolen zugreifen wollen. Gerade diese Kombination aus Look and Feel eines Windows-PCs auf dem PDA mit den Möglichkeiten der mobilen Datenübertragung machen den Reiz des MDA aus. Per Stiftklick anstelle des Mausklicks am PC lassen sich von unterwegs die frisch mit Pocket Word erstellten Texte per E-Mail an die Kollegen übermitteln. Dabei erfolgt die Bedienung des E-Mail-Clients fast analog zum vom PC bekannten Outlook.

Eher enttäuschend ist im DSL-Zeitalter jedoch die Geschwindigkeit der GPRS-Datenübertagung. Nur allzu oft tröpfelten die Daten im Test mit bescheidenen 1 bis 10 Kbit/s durch den Äther. Dieses Manko ist aber weniger dem MDA als den heutigen Mobilfunknetzen anzurechnen. Hier dürften künftige MDA-Generationen mit UMTS-Unterstützung eine deutliche Verbesserung bringen.

Schlicht zur Qual wird das Surfen im Internet in der Kombination aus langsamer GPRS-Übertragung und dem katastrophal schlechten serienmäßigen Microsoft "Internet Explorer" von Microsoft. Wer öfter per PDA im globalen Netz surft, sollte eventuell Browser-Alternativen wie "Netfront", "Opera", "Thunderhawk" oder "ftxBrowse" verwenden.

Ein anderes Problemkind ist auf Hardwareseite die integrierte Kamera, die mit einer Auflösung von 480 mal 640 Bildpunkten arbeitet. Sie liefert nämlich bei schlechten Lichtverhältnissen nur bescheidene Bilder. Ausreichend Licht vorausgesetzt, stellt sie im professionellen Umfeld mehr als nur eine nette Spielerei dar, wenn etwa Unfallsachverständige Schadensbilder direkt an die Versicherung mailen oder Monteure und Servicetechniker einfach Aufnahmen von suspekten Bauteilen an die Zentrale zur genauen Analyse übermitteln.

Noch weniger als die Kamera überzeugt die integrierte Videofunktion. Die Option, Tonfilme mit dem PPC aufnehmen zu können, klingt auf den ersten Blick vielversprechend. Weil aber das Mikrofon genau entgegensetzt zum Objektiv angeordnet ist, hört der Benutzer auf der fertigen Aufnahme meist nur einen leisen Ton.

Einige Schwachpunkte

Der gravierendste Schwachpunkt des MDA II ist jedoch, dass er nur einen Einschub für SD-Karten besitzt. Dieser ist zwar I/O-fähig, so dass sich hier etwa WLAN-Karten einschieben lassen, doch entsprechende I/O-Karten im SD-Format sind noch rar und deutlich teurer als Zubehör im weiter verbreiteten CF-Formfaktor. Wer Karten dieser Bauart verwenden will, benötigt das noch nicht lieferbare "Daten Backpack", das neben CF-Einschub noch mit einem VGA-Adapter aufwartet. Angeschlossen an einen Beamer mutiert der PPC so zur Präsentationsmaschine für Powerpoint-Dateien. Angesichts des allgemeinen Preisniveaus für das MDA-Zubehör dürfte jedoch auch diese Erweiterung kein Schnäppchen sein. Vergisst man einmal das leidige Thema Geld, offeriert T-Mobile fast alles, um den telefonierenden Pocket PC universell einzusetzen. So reicht die Palette von der externen Tastatur (zirka 120 Euro) über eine Bluetooth-Freisprecheinrichtung (zirka 200 Euro) mit Sprachsteuerung für Autofahrer bis hin zum "T-Mobile Navigate Car Kit" (Preis stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest). Mit Letzterem übernimmt der MDA die Aufgaben eines Navigationssystems und weist per GPS den Weg zum angegebenen Ziel.

Teure Datenübertragung

Unter dem Strich überzeugte der MDA II trotz einiger Schwächen im Test. Selbst der hohe Einstandspreis von rund 770 Euro (in Verbindung mit einem neuen Mobilfunkvertag ist er ab zirka 500 Euro erhältlich) hätte vom Kauf nicht abgeschreckt. Die Tarifierung der GPRS-Datenübertragung in 10- oder 20-KB Datenblöcken katapultiert dann jedoch den Traum vom mobilen Office in der Jackett-Tasche in das Reich der Science Fiction. Die Technik ist, wie der MDA II beweist, vorhanden - nur das Preismodell der Mobilfunk-Provider für die mobile Datenübertragung stimmt nicht.