Gates und die Banken Dieter Eckbauer

02.06.1995

Das Foto eines schuechtern laechelnden Microsoft-Gruenders ueber einer anbiedernden Werbezeile, die viel verspricht und wenig aussagt: "Thanks Bill, together we're opening a new window." Softwareguru Gates ist auch bei dem Noch-Monopolisten Deutsche Telekom, von dem die ganzseitige Zeitungsannonce stammt, dick im Geschaeft. Die amerikanischen Banken wuerden momentan nicht so werben. Es spricht einiges dafuer, dass sie sich bei der Clinton-Administration nicht gerade fuer Gates verwendet haben, als es um die Genehmigung der Intuit-Uebernahme durch Microsoft ging. Der ueberraschende Ausgang ist bekannt (siehe Thema der Woche, Seite 7).

Gates hat die Intuit-Brocken hingeschmissen. Niemand wird es ihm veruebeln, aber auch keiner ihn bedauern. So ist das Geschaeftsleben. Der Microsoft-Mogul zeigte sich erstmals nicht mehr bereit, Bedeutungsschweres von sich zu geben, um von den eigentlichen Problemen abzulenken. Das Ergebnis der gerichtlichen Untersuchung in der Intuit-Sache koenne er nicht abwarten, er habe wahrlich Wichtigeres zu tun - basta! D'accord, Mr. Gates, uns waere dazu auch nichts Neues eingefallen. Dafuer gibt die diskrete Intervention der US-Banken um so mehr her. Aber haben die Geldinstitute an elektronischen Dienstleistungen bisher ueberhaupt etwas verdient? Nicht, dass wir wuessten. Also haetten sie doch eigentlich froh sein muessen, dass ihnen Microsoft das Verlustschreiben abnehmen wollte.

So einfach haben es sich die Finanzleute mit ihrer Analyse der Marktsituation offensichtlich nicht gemacht. Eintraeglich, das wissen sie, ist Telebanking noch nicht. Die Tendenz in Richtung "Bank online" wird jedoch durch Firmen wie Microsoft mit ihren entsprechenden Software-Angeboten weiter gefoerdert - nach dem Motto: Mit Windows und Money, Microsofts Finanzpaket, kann jeder PC-Benutzer sein eigener Geldberater sein. Der Schlussfolgerung, die Substanz der bisher ueblichen Bankdienstleistungen koennte sich durch Online-Services via Windows im Netz aus der Sicht der Kunden vermindern - mit den angedeuteten Konsequenzen -, weichen zwar viele Banker noch aus. Aber ihre Aussagen lassen immerhin erkennen, dass sich die Vorstellung vom Computer und seinen Moeglichkeiten zu wandeln beginnt.

Mittel zur Rationalisierung, etwas anderes war die Datenverarbeitung bei Geldinstituten bisher nicht - die Planung und Durchfuehrung betraf Organisatoren und DV-Spezialisten, fuer die vor allem Sicherheits- und Kostenargumente wichtig waren. So wurde die DV-Landschaft im Bankbereich von Rechenzentren gepraegt, fuer die offensichtlich Fort Knox Pate gestanden hatte. Diese RZ- Dinosaurier erweisen sich heute als enorme Belastung, wenn es um den Aufbruch in eine neue Bankenaera geht. Ja, es gibt Kritiker, die die Situation fuer vollkommen verfahren halten - rien ne va plus. Es waere leichtfertig, die Gefahr zu verharmlosen, die von der Zeitbombe RZ-Altlasten ausgeht. Die nach Marktanteilen schnappenden Banken sind sich der Problematik, wie die CW erfahren konnte, durchaus bewusst. Gates sei Dank.