Nach Kritik des Bundeskartellamts

Fuer Software von Microsoft gibt es keine Preisempfehlungen mehr

05.02.1993

Microsoft hat auf die Ruege des Kartellamts reagiert und beschlossen, auf Preisempfehlungen ganz zu verzichten. Gleichzeitig soll ein neues Lizenzkonzept fuer Grosskunden eingefuehrt werden. Andere Hersteller wie Borland und Wordperfect haben jetzt ihre Richtpreise reduziert. Gleichzeitig mit der Streichung der unverbindlichen Preisempfehlung gab Microsoft die Reduzierung der Abgabepreise an die Haendler um rund 17 Prozent bekannt. Zu den betroffenen Produkten gehoeren Word fuer Windows, Excel, Power Point, Access, Project und Office fuer Windows. "Wir rechnen damit, dass diese Kostenreduktion an den Endkunden weitergereicht wird", erklaert eine Microsoft-Sprecherin. Auch die neue Lizenzpolitik wird sich auf die Softwarepreise auswirken.

Das Programm "Select" zielt dabei besonders auf Grosskunden, die von speziellen Microsoft-Partnern betreut werden. Ueber die Hoehe der Rabatte wollte Microsoft keine Angaben machen, weil sie "Bestandteil von inviduellen Vereinbarungen zwischen Select- Partnern und Anwenderunternehmen sind".

Auch Wordperfect hat auf die Intervention des Kartellamtes reagiert. Das Software-Unternehmen will spaetestens ab Mitte Februar 1993 den empfohlenen Verkaufspreis um 25 Prozent reduzieren. Das wird, so die Einschaetzung von Wordperfect, zu sinkenden Strassenpreisen fuehren. "Zwar ist sowohl beim Haendler als auch beim Hersteller momentan noch Luft fuer Preisreduktionen, aber lange kann diese Entwicklung nicht mehr weitergehen", kommentiert Marco Langer, Pressesprecher von Wordperfect.

Die Einschaetzung des Software-Anbieters Borland, der seine empfohlenen Verkaufspreise um rund 20 Prozent reduziert hat, ist noch pessimistischer: "Wenn die Firma Microsoft, die den Softwaremarkt absolut beherrscht, weiterhin Billigangebote unterbreitet, wie das bei Access geschah, wird der Preiskampf weitergehen. Wir koennen es uns aber nicht mehr leisten, hier aktiv teilzunehmen", klagt Borland-Geschaeftsfuehrer Wolfgang Schroeder.

Einen Ausweg aus der Finanzmisere biete die Entkopplung von Produkt und Dienstleistung an, die Borland fuer Mitte 1993 anstrebt. Ab diesem Zeitpunkt werde der Kunde fuer Programmierunterstuetzung und andere Dienstleistungen zur Kasse gebeten. "Bei der jetzigen Kostenstruktur ist ein Gratisangebot von Serviceleistungen ruinoes", erklaert der Geschaeftsfuehrer der Paradox-Company.

Bei dem DV-Haendler Computerland stoesst der Wegfall der Preisempfehlung auf wenig Verwunderung. "Das zeigt, dass die vorhergegangenen Richtlinien unrealistisch waren", meint der stellvertretende Geschaeftsfuehrer von Computerland, Michael Heinlein. Es bleibe allerdings abzuwarten, welche Margen bei der Microsoft-Software noch uebrigbleiben. "Laengerfristig heisst das, dass die Haendler an Standardsoftware genauso wenig verdienen wie an der Hardware."