Was Mitarbeiter in der Interaktivbranche wirklich motiviert

Führung im Zeitalter der Digitalisierung

23.10.2015
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Uta Fendt schreibt als Expertin zu den Themen HR/Karriere in der Informationstechnologie, speziell E-Business. Sie ist HR Managerin bei Osudio, arbeitet seit über 15 Jahren als Personalexpertin in der Informationstechnologie und hat besonderes Interesse an der praktischen Umsetzung von HR-Konzepten und den Marketingaspekt heutiger Personalarbeit. 
„Ein Beispiel zu geben ist nicht die wichtigste Art, wie man andere beeinflusst. Es ist die einzige.“ - Albert Einstein Das digitale Zeitalter verändert die Arbeitswelt ungebremst. Internationale Fusionen, neue Generationen und das Tempo der Veränderungen führen dazu, dass viele Unternehmen das Thema Führung komplett überdenken müssen. Um Mitarbeiter nicht nur einfach zu binden, sondern sie auf einem hohen Motivationslevel zu halten.

Mitarbeiter nur im Unternehmen zu halten, heißt nicht automatisch Verbesserung. Motivation ist der Schlüssel, Unternehmen erfolgreich zu machen.

Zur Geschichte der Führungsforschung

Als man vor mehr als 100 Jahren im Industrialisierungszeitalter an die Grenzen der Mitarbeiterleistungsfähigkeit geriet, setzten sich Forscher erstmals mit dem Thema Führung auseinander. Erste Führungstheorien wurden in den USA und Deutschland zur gleichen Zeit entwickelt. Es etablierten sich Führungstheorien, die neben der Person der Führungskraft auch die Geführten, die Situation und die Organisation mit einbezogen. Begriffe wie systemische oder transformale Führung tauchten auf.


In den letzten Jahren wurden auch immer mehr die Persönlichkeit und das Wertesystem der Führungsperson einbezogen. Die heutige Führungstheorie ist ein Mix aus klassischen Modellen und neuesten Trends wie der situative Führungsstil. Doch keine Theorie wird den Ansprüchen bis heute hundertprozentig gerecht. Die Reaktionen von Menschen auf bestimmte Ereignisse sind komplex und es wird heute viel häufiger öffentlich darüber diskutiert.

Das digitale Zeitalter braucht eine Führungskraft, die sich selbst als starke Marke präsentiert, empathisch handelt und kommuniziert, Netzwerke strategisch aufbaut und sorgfältig pflegt. Eine Führungskraft, die es schafft, trotz räumlicher Trennung, kulturellen Unterschieden in der Arbeitsweise und digitaler Kommunikation die persönliche Bindung aufrechtzuerhalten und regelmäßig zu motivieren, Impulse zu setzen und zu loben.

Globalisierung, die Generation der Digital Natives und die Kommunikationsformen des digitalen Zeitalters stellen an die Führungskräfte bereits heute ganz andere Anforderungen als noch vor wenigen Jahren. Fehlentscheidungen von Führungskräften werden aufgrund der hohen Kommunikationsgeschwindigkeit und -dichte wahrscheinlicher und höher. Die Chancen der digitalen Kontrolle und damit ein möglicher Verlust an Vertrauen nehmen zu.

Die neuen Fähigkeiten der Führungskräfte

Die Bindung an eine Organisation geschieht über Menschen, große Ziele der Unternehmenslenker, Vertrauen und eine starke Marke. Fehlt die Bindung, ist eine Organisation für den Mitarbeiter austauschbar. Nur Unternehmen, die den Mitarbeitern fokussiertes Vertrauen und Verantwortung übergeben, werden ihren Wachstumskurs halten können.

Hierarchische Systeme in der klassischen Form haben ausgedient. Vernetzungsintelligenz und empathisches Handeln werden immer mehr zu den entscheidenden Fähigkeiten für erfolgreiche Führung. So gehört der sichere Umgang mit den neuen Medien zu den Basiskompetenzen, die den strategischen Aufbau und die sorgfältige Pflege der unabdingbaren Netzwerke überhaupt erst ermöglichen. Der Mensch steht im Mittelpunkt: der Mensch hinter dem Mitarbeiter, dem Kunden und dem Lieferanten. Damit werden persönliche Kontakte zur Pflicht - gerade und vor allem im digitalen Zeitalter.

Um ein Team zum Erfolg zu führen, sind viele Skills erforderlich, die alle zusammen einen guten Führungsstil ergeben.
Um ein Team zum Erfolg zu führen, sind viele Skills erforderlich, die alle zusammen einen guten Führungsstil ergeben.
Foto: Vadim Georgiev - shutterstock.com

Kommunikation ist heute auf vielen Wegen möglich, der Mensch wird gläsern und die Kommunikation beschleunigt sich weiter. Es ist jetzt besonders wichtig, den Menschen und seine Werte zu beachten. Persönliche Kontakte sind und bleiben wichtig.

Zukünftig erfolgreich sind Führungskräfte, die kommunikationsstark, einfühlsam und vertrauensvoll im Umgang mit ihren Mitarbeitern sind. Hierarchie und Autorität sind keine nachhaltigen Werkzeuge zur Mitarbeiterführung.
Wer führen will, muss wahrhaftig und echt auftreten, Visionen haben und kommunizieren und die Belange der Mitarbeiter im Blick behalten. Förderung und Weiterbildung, ein offener Umgang mit "Herrschaftswissen" und Konflikten, aber auch die Achtung der Individualität des Einzelnen stehen dabei im Vordergrund.

Jüngere Mitarbeiter achten beispielsweise nicht mehr so stark auf eine klassische Karriere und stellen Statussymbole wie große Firmenwagen, eine Führungsrolle, ein Einzelbüro oder das Mittagessen mit dem Chef stärker in Frage. Denn bezahlt werden diese Statussymbole häufig mit einer Überbeanspruchung des eigenen Wertesystems. Wertesysteme sind heute häufiger auf Work-Life-Balance, Privatsphäre und das Weiterentwickeln ihrer Ideen ausgerichtet.

Was machen andere Länder in Sachen Motivation anders? Im Vergleich mit Deutschland kann man darauf bezugnehmend beispielsweise einen Vorteil in der niederländischen Führungskultur erkennen.

Führung in Deutschland

In Deutschland wird der Vorgesetzte im Regelfall respektiert, man widerspricht nicht. So erhält der Vorgesetzte aber kein Feedback, was der Führungskraft zwecks Verbesserung der eigenen Fähigkeiten helfen würde. Hierarchische Systeme sind die Regel.
Auch wenn über die Reduktion der Hierarchien in IT-Unternehmen häufig geschrieben wird, lebt dieser alte Grundsatz im Handeln weiter. In IT-Unternehmen wird häufig nach dem Prinzip des "Management by exception" geführt. Wenn nicht kritisiert wird, ist alles in Ordnung. Nur bei auftretenden Problemen erhält der Mitarbeiter Kritik. Gut ist nicht gut genug und kann weiter perfektioniert werden. Stärkere Kontrolle und Misstrauen begegnen häufiger. Aufgrund des einseitig negativen Feedbacks benötigt der Mitarbeiter auf Dauer eine hohe Frustrationstoleranz. Langfristig führt das zu emotionaler Ablösung und damit sinkendem Einsatz für das Unternehmen.

Aufgrund der hohen Sach- und Rationalitätsorientierung deutscher Führungskräfte und dem Perfektionsanspruch gibt es häufig neben einer Wahrnehmungsdifferenz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung keinen positiven Impuls für den Mitarbeiter. So entsteht ein für den Moment vielleicht gutes Ergebnis, aber die Motivation des Einzelnen bleibt auf der Strecke. Damit fehlt der Nährboden für die Weiterentwicklung des Unternehmens, es droht Stillstand.

Führung in den Niederlanden

Niederländische Menschen sind meist direkt und offen. Es wird viel diskutiert, um sich im Sinne einer guten Lösung die Argumente der anderen anzuhören und nicht die beste, sondern die komfortabelste Lösung zu finden, die von allen mitgetragen wird. Der Vorgesetzte lebt die Hierarchie nicht offen aus und erwartet Widerspruch. Der Mitarbeiter erhält einen Rahmen für die Arbeit und kann dann vergleichsweise frei und flexibel arbeiten. Die Führungskraft vertraut auf die Kompetenz und den Willen des Mitarbeiters. Feedback kommuniziert man direkt.

Die Fehlermentalität ist entspannter, gut ist gut genug. Es wird öfter gelobt. In Meetings wird man immer wieder aufgefordert, sich aktiv einzubringen und Führungskräfte nehmen sich bewusst zurück. Eventuell ist das Ergebnis nicht perfekt, aber die Mitarbeiter fühlen sich wohl, konnten sich einbringen und entwickeln mit dieser Begeisterung das Unternehmen weiter. (bw)